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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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es. Wir sind jetzt voller Energie, wir haben uns an Eurem Angriff gelabt. Ihr habt uns stark gemacht.«
    »Dann will ich Eure Stärke prüfen. Ihr habt nichts zu verlieren. Lasst mich herein und wir kämpfen auf dem Hauptplatz, wo alle zusehen können.«
    »Kämpfe sind in Tanelorn verboten.« Ich sagte ihm nur, was er ohnehin schon wusste.
    Seine Antwort war reiner Spott. »Welche Mächte versagen Euch das Recht zum Zweikampf?« Sein Tonfall war jetzt eine offene Herausforderung. »Welche Macht behandelt eine ganze Stadt wie ein kleines Kind? Ihr wollt Euch doch nicht diesem sinnlosen Brauch unterordnen? Keinem freien Mann darf das Recht genommen werden, sein Leben zu verteidigen. Er soll seine Waffen voller Stolz tragen und sie benutzen können, wenn er sie benutzen muss. So denken wir, die wir der Ordnung angehören. Wir haben die erdrückenden Rituale abgestreift und freuen uns auf eine saubere, frische, lebendige Zukunft. Eure Rituale und Gebräuche sind Regeln, die ihre Bedeutung verloren haben. Sie passen nicht mehr zur grausamen Wirklichkeit des Überlebens. Heute sind es die Starken und die Klugen, die in Schlachten siegen. Diejenigen, die sich dem Chaos nicht widersetzen, werden von ihm vernichtet werden.«
    »Aber was wird geschehen, wenn Ihr das Chaos vernichtet?«, fragte ich ihn.
    »Dann kann die Ordnung alles beherrschen. Das Unvorhersehbare wird verbannt sein. Das Numinose wird nicht länger existieren. Wir werden eine geordnete Welt aufbauen, in der alles und jedes den ihm gemäßen Platz findet. Wir werden endlich wissen, was die Zukunft uns bringt. Es ist dem Menschen bestimmt, das Werk der Götter zu vollenden und in der göttlichen Symphonie mitzuwirken, in der jeder sein Instrument spielen muss.«
    Bei mir dachte ich, dass ich höchst selten einen so frommen Irrsinn so wortgewandt vorgetragen gehört hatte. Vielleicht war ich dank meiner Vorliebe für das Lesen in der Kindheit so vertraut mit all den alten Argumenten, die benutzt wurden, um die Machtgier der Sterblichen zu rechtfertigen. In dem Augenblick, in dem die moralische Autorität des Übernatürlichen beschworen wurde, hatte man mit einer monumentalen Selbsttäuschung zu rechnen und höchstes Misstrauen war vonnöten.
    »Die Bestimmung der Menschen! Ihr sprecht von dem, was Ihr für Eure eigene Bestimmung haltet.« Ich lehnte mich an die Brustwehr wie ein Hausbesitzer, der über den Gartenzaun mit einem Nachbarn schwatzt. »Ihr habt eine klare Vorstellung von dem, was rechtschaffen sei, nicht wahr? Ihr wisst genau, dass es nur einen Weg zur Tugend gibt, nicht wahr? Einen sauberen, geraden Weg, der in die Unendlichkeit führt. Wir dagegen, die dem Chaos angehören, vertreten eine eher schmutzige Vision der Existenz.«
    »Ihr verhöhnt mich, Sir. Doch ich habe die Mittel, meine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Ihr dagegen besitzt sie nicht.«
    »Weder die Mittel noch den Wunsch, es zu tun, Sir. Ich lasse mich treiben, wohin die Welt mich treibt. Wir haben keine andere Wahl. Ich zweifle nicht an Eurer Macht, Sir. Die Ordnung hat meine Verbündeten aus diesem Reich vertrieben. Alles, was noch zwischen Euch und der endgültigen Eroberung dieses Reichs steht, ist mein Schwert und diese Stadt. Doch irgendwie, das weiß ich, irgendwie können wir Euch besiegen. Es liegt in der Natur derer, die dem Chaos dienen, dem Schicksal ein wenig mehr zu vertrauen, als Ihr es tut. Das Glück äußert sich oft in einfachen Dingen wie der Laune einer Meute, die sich unversehens auf Eure Seite schlägt. Was auch immer es ist, wir vertrauen darauf. Und indem wir auf unser Glück vertrauen, vertrauen wir auf uns selbst.«
    »Ich bin nicht bereit, mich mit diesen melnibon&schen Spitzfindigkeiten herumzuschlagen«, sagte der silberne Ritter, indem er abermals an Halstüchern und Wimpeln herumzupfte. »Die Gelüste Eures Schutzherrn, des Fürsten Arioch, sind uns gut bekannt. Wenn er könnte, dann würde er die Welten lieber heute als morgen verschlingen.« Eine kühle Morgenbrise regte sich in der Wüste. Unser Besucher sah beinahe aus, als wäre er mit den langen Tüchern gefesselt worden. Sie behinderten ihn sichtlich, doch er war nicht bereit, darauf zu verzichten. Als sei ihm die Vorstellung, ungeschmückten Stahl zu tragen, unangenehm. Als sehnte er sich nach den Farben. Als wären sie ihm seit Ewigkeiten vorenthalten worden. Als müsste er sich an sie klammern, weil sein Leben davon abhing. Manchmal, wenn die Sonne sich auf der Rüstung spiegelte und

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