Tochter des Drachen
gab sechs Laserstöße auf die heransausenden Raketen ab. Im selben Augenblick krachte eine Salve aus acht Raketen an seiner Kanzel vorbei, gefolgt von einer Serie dumpfer Explosionen, die er nicht sah, sondern nur hörte. Der Panther-Pilot hatte die anfliegenden Raketen abgeschossen. Nicht, um Crawford zu helfen, sondern um seinen eigenen Arsch zu retten.
Das Ganze hatte keine zehn Sekunden gedauert, und Crawford war bereits wieder in Bewegung und stürmte mit dem Schwarzen Ritter weiter auf den Panther zu. Seine Gegner hatten den Vorteil des Überraschungsmoments, aber sein BattleMech war größer und stärker, und selbst ohne Chinn verfügte er über mehr Feuerkraft, als der Panther einstecken konnte. Erst der gemeinsame Angriff durch den Panther und den Balac veränderte das Kampfgleichgewicht zu deren Gunsten. Möglicherweise konnte er den Hubschrauber aus dieser Rechnung herausnehmen, wenn es ihm gelang, noch dichter an den Panther aufzuschließen, sodass der Balac-Pilot seine Raketen nicht mehr abfeuern konnte, ohne seinen Kameraden zu treffen. Außerdem hoffte Crawford darauf, dass die Raketen den republikanischen Mechkrieger ablenkten. Obwohl dessen Mech leichter und schneller war, musste der Feind erwarten, dass er jetzt die Flucht ergriff und nicht mit voller Fahrt auf ihn zugerannt kam.
Hätte Crawford noch fünf Sekunden Zeit gehabt, er hätte es schaffen können. Doch die bekam er nicht, und er sah das Unglück kommen, unmittelbar bevor es zuschlug. Der Panther riss den rechten Mecharm so schnell hoch, dass er verschwamm - aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Die Erschöpfung, die Hitze und die plötzliche Konfrontation mit dem sicheren Tod wirkten sich auf seine Sinne aus. Die Zeit verlangsamte sich, dehnte sich wie Kaugummi. Wieder flammte die Partikelprojektorkanone des Panther auf. Crawford wurde von einem gewaltigen Schlag tief in die Sitzpolster getrieben. Die Schadensanzeige der Sichtprojektion blinkte auf: Treffer an Phantoms l ink em Bein, genau an der Verbindung zwischen den Ober- und Unterschenkelaktivatoren.
»Chinn!«, brüllte er, als er sich nach rechts lehnte, um das linke Mechbein zu entlasten, und den rechten mittelschweren Laser einsetzte. Aber sein Gegner hatte den Zug vorausgesehen, und der Schuss ging vorbei. »Verdammt, Chinn, wo bleiben Sie? Ich brauche Hilfe!«
Die Zeit stand jetzt fast still. Der nächste Augenblick schien Jahre zu dauern. Der Panther duckte und wand sich, gab einen weiteren PPK-Stoß ab, der dem Phantom in die Brustpartie schlug, geradewegs ins Herz, und den linken Torsolaser zerschmetterte. Der Schwarze Ritter wankte und schwankte, dann schlug eine neue Erschütterung durch die Myomer-bündel und Titanknochen. Vor Crawfords innerem Auge donnerte der Kampfhubschrauber zum Todesstoß heran.
Aber es kam anders. Chinns Thor sprang ins Geschehen, landete mit der Wucht einer Dampframme auf dem harten Salzwüstenboden links von Crawford und feuerte alle Laser gleichzeitig ab. Der Panther sprang auf tosenden Sprungdüsen davon und löste im Absprung eine Raketenbreitseite aus: beide Lafetten in direkter Linie auf den Schwarzen Ritter.
Als die Raketen heransausten, blieb Crawford noch Zeit für einen Gedanken: Oh, Scheiße.
Die Raketen donnerten gegen das Panzerglaskanzeldach, eine nach der anderen, mit einem Geräusch, das Crawford an seine Kinderzeit erinnerte, als er es für unheimlich cool gehalten hatte, Wasserballons aus dem ersten Stock auf die Straße fallen zu lassen.
Leuchtend gelbe Farbkleckse breiteten sich über ihm aus, und der Bordcomputer teilte ihm den Rest mit.
Eine Stimme ertönte aus dem Helmlautsprecher. Es war nicht Chinn. »Sie sind tot.«
»Ja. Danke für die Information, Measho.« Angewidert ließ Crawford sich zurück in die Befehlsliege sinken und spürte, wie sich die Erschöpfung wie eine schwere nasse Decke über seinen Körper legte.
Dann hörte er Chinns Stimme. »Tut mir leid, André.« Pause. »Das war meine Schuld.«
»Ja, das war es allerdings«, erwiderte er. Er drehte den Schwarzen Ritter zu ihrem Mech um, auch wenn er diesen dadurch nicht mehr sah, weil die Mitte des Sichtschirms durch herabtropfende Farbe verschmiert war. »Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen in der Nähe bleiben.«
»Mein Fehler. Und dann dachte ich, ich hätte eine Zielerfassung, aber das war ein Irrtum. Die Breitseite ging daneben.«
»Und mich hat es erwischt. Auch wenn es diesmal nur Farbe und gedrosselte Waffen waren, keine
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