Tochter des Drachen
halten, bevor er dem Kerl einen Orden umhängt.«
Vorausgesetzt, er hat zu diesem Zeitpunkt noch einen Hals, um den sich irgendetwas hängen lässt. Katanas Blick wanderte über die Gesichter der übrigen Anwesenden: Sho-sa Thaddeus Hiwari von Ronel und Abeda Measho. Hiwari wirkten unentschlossen, Measho runzelte die Stirn. Und der Alte Meister hält sich sehr bedeckt. Sie warf einen kurzen Blick zu dem alten Mann hinüber, der an der Shoji Wache hielt, doch dieser bewegte keine Miene. Sie drehte sich wieder zu Measho um. »Ja?«
Measho zögerte. Seine dunklen Augen musterten Fusilli einen Moment lang, bevor er Katana anblickte. »Ich bin kein Kommandeur, und auch kein Politiker«, stellte er in der für ihn typischen getragenen Weise vor, »aber ist das Schweigen des Koordinators nicht der Grund, warum Sie sich und uns so hart antreiben? Als wir unseren Feldzug begonnen haben, haben wir nichts für das Kombinat beansprucht, keine einzige Welt, nicht ein System. Jetzt beanspruchen wir sie für Haus Kurita. Möglicherweise schweigt der Koordinator, weil zwar Entscheidungen anstehen, das aber allesamt Entscheidungen sind, die Sie treffen müssen. Und Sie sollen sie aus freiem Willen treffen, unbeeinflusst. Es tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass wir Ihnen dabei helfen können.«
Measho hatte recht. Katana wusste es. Mehrere Sekunden sagte niemand etwas, dann schaute Crawford Measho an. »Übersetzt heißt das: Keine Ahnung?«
Erleichtertes Gelächter stieg um den Tisch auf. Aber Katana wurde schnell wieder ernst. »Measho hat recht, wie üblich. Aber eine direkte Konfrontation mit Sakamoto kommt nicht infrage.«
»Allerdings nicht, er würde nur ein paar fettige Flecken von uns übrig lassen.« Parks zupfte an seinem grau melierten Bart. »Warum schließen wir uns nicht zusammen?«
Rusch verzog das Gesicht, als wäre ihm ein ekli-ger Geruch in die Nase gestiegen. »Oh, ich bin sicher, Sakamoto würde uns begeistert aufnehmen, wo er doch gerade Truppen an unserer Grenze aufmarschieren lässt.«
»Stimmt schon, so toll sieht es nicht aus«, bestätigte Parks. »Aber er muss sich genau wie wir Gedanken um seine möglichen Verluste machen, und was haben wir schon zu verlieren? Wenn wir uns heraushalten, macht Sakamoto aus den RepublikEinheiten Sushi, und seine Truppen stehen weiter an unserer Grenze. Aber falls er andererseits wirklich vorhätte, uns hier anzugreifen, möchte ich wetten, er würde es nicht mit minimalen Kräften tun, nicht, wenn er es ernst meint.«
Rusch wirkte nicht überzeugt, aber Magruder nickte zögernd. »Okay, das ist nachvollziehbar.« Sie fuhr sich mit gespreizten Fingern durch das kurze Haar, dann schaute sie hinüber zu Fusilli. »Also, wie steht es damit? Sind diese Einheiten ein Köder oder eine Warnung?«
Fusilli erwiderte ihren Blick durch einen blauen Dunstschleier. »Weder noch. Sie werden angreifen ...«
»Augenblick«, unterbrach Katana. »Magruder hat recht. Ich hätte es selbst sehen müssen. Denken Sie einen Augenblick darüber nach. Versetzen Sie sich in deren Lage. Ihr Kommandeur hat Ihnen gerade erzählt, dass ein prachtvoller Auftrag auf Sie wartet, und wie wichtig Sie für die gute Sache sind ... und bla-bla-bla. Aber dann finden Sie sich am Arsch des
Universums wieder, so weit weg, dass Sie nicht nur von der Hauptstreitmacht abgeschnitten sind, und falls wirklich etwas passiert, haben Sie null Aussicht auf Verstärkung. Falls sie unter Sollstärke sind, sind wir ihnen mehr als ebenbürtig.«
Fusilli zog an seiner Zigarette, dann drückte er sie in der zum Aschenbecher umfunktionierten Reisschale aus. »Daran hatte ich nicht gedacht. Aber jetzt, wo ich es mir überlege, könnte das noch etwas anderes erklären.«
»Nämlich?«
»Die Einheiten an unserer Grenze sind unter Sollstärke, richtig. Aber sie sind auch voller YakuzaRekruten.«
»Verbrecher?«, fragte Crawford und trommelte mit den Stäbchen.
»Das sind nicht irgendwelche Yakuza. Das sind die Nachkommen der alten Geisterregimenter, die der erste Theodore vor hundert Jahren ausgehoben hat. Die Geisterregimenter wurden natürlich aufgelöst, genau wie eine beachtliche Zahl der regulären draconischen Streitkräfte. Aber der Punkt, um den es hier geht, ist ein ganz anderer: Wenn Sakamoto gezwungen ist, sich seine Soldaten unter irgendwelchen Steinen zusammenzusuchen, muss er ohne Zustimmung des Koordinators handeln, vielleicht sogar ohne dessen Wissen. Sonst würde ihm Kurita einfach die nötigen
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