Tochter des Glücks - Roman
Gleichgewicht und richtet sich dann an mich. »Beim nächsten Mal begleiten wir dich zur Lunghua-Pagode, um Blätter zu sammeln, wenn du möchtest.«
»Sehr gerne.« (Nur werde ich dann schon weg sein.)
Dun und meine Mutter verlassen als Erste die Küche und nehmen Ta-ming mit. Die Tänzerin reicht mir das Baby. Beim Hinausgehen tätscheln die anderen Samantha am Kinn oder zwicken sie zärtlich. Alle lassen mir ihr Geschirr zum Abspülen da. Ich gieße Koch noch eine Tasse Tee ein.
»Du solltest dich ein bisschen hinlegen«, rate ich ihm. »Das kleine Fräulein möchte nicht, dass du für deine Pflichten später am Tag zu müde bist.«
Er nickt, nimmt seine Tasse und schlurft zur Treppe. Ich laufe rasch an ihm vorbei in das Zimmer, das ich mit meiner Mutter teile. Sie steht vor dem Spiegel und mustert sich kritisch. Sie trägt ihre Arbeitshose und eine gebügelte weiße Bluse. Die Haare hat sie sich gebürstet und hinter die Ohren gesteckt.
»Schön siehst du aus«, sage ich. »Eine perfekte Braut.«
»In meinem Leben lief nur wenig so, wie ich es mir vorgestellt habe«, sagt sie, als sie sich zu mir umwendet. Das sind jedoch keine Worte des Bedauerns, die ein beständiger Teil der Persönlichkeit meiner Mutter waren. Sie hat sich zwar immer eine große Hochzeit mit Brautkleid und Festmahl gewünscht – zuerst für sich selbst und dann für mich. Das bekommt sie nun zwar auch diesmal nicht, aber sie lächelt und ist glücklich. Das Leben ist, wie es ist, und sie lebt es, wie ein Drache es leben sollte – Niederlagen akzeptiert sie nie.
Während sie ihre Papiersammlerjacke anzieht, gehe ich zum Fenster, öffne es und hole die Schachtel herein, die wir aufs Fensterbrett gestellt haben, um den Inhalt zu kühlen und sicher aufzubewahren. Ich setze mich auf Mays Bett und hebe vorsichtig den Deckel. Die Schachtel enthält zwölf Eier, die uns Z. G. geschenkt hat. Heute wird meine Mutter zu ihrer Arbeitseinheit gehen und ihrem Vorsteher mitteilen, dass sie einen Professor heiraten will. Sie wird ihm ein Dutzend frische Eier versprechen, wenn er sie um ein Uhr zum Regierungsbüro begleitet, wo sie Dun treffen wollen, der von seinem Vormittagsunterricht kommt. Ihr Vorsteher muss die Heirat bewilligen: Er muss bestätigen, dass sie an keiner Krankheit leidet, ein nützliches Mitglied des Proletariats und mit Dun bis zum dritten Grad nicht blutsverwandt ist. Der Beamte wird meine Mutter und Dun Papiere unterzeichnen lassen, und dann erhalten sie eine Heiratsurkunde. Meine Mutter wird die Eier aber erst herausrücken, wenn ihr der Vorsteher den Nachmittag freigibt. Wir sind sicher, dass er diese Bestechung annimmt, denn wir haben alle seit Monaten keine Eier mehr gesehen, und das Eiweiß ist ein guter Schutz gegen die Schwellkrankheit.
Ich drehe die Eier so, dass sie perfekt aussehen, setze den Deckel wieder darauf und reiche die Schachtel meiner Mutter. Ich gebe ihr einen Kuss und umarme sie. »Ich wäre gerne bei dir.«
»Das wäre schön, aber alles muss so normal und nüchtern wie möglich ablaufen. Das habe ich von Tante Hu gelernt«, erzählt sie mir.
Dann geht sie mit ihrem Dutzend Eiern davon.
Es ist wichtig, dass wir an unserem üblichen Zeitplan festhalten. Um neun mache ich Ta-ming und das Baby fertig, und wir fahren mit dem Bus zu Z. G., so wie jeden Tag in den vergangenen zwei Monaten. Tao wohnt immer noch bei Z. G. Ich wünsche mir mehr als alles andere, Tao nicht sehen zu müssen, denn ich hasse ihn, und nichts ist gefährlicher als ein ungebildeter Bauer – jemand, der behaupten kann, rot zu denken, während er die Leute, die ihm geholfen haben, anschwärzt. Aber ich muss zu ihm, damit unser Verhalten normal wirkt. »Du musst ihn einfach noch eine Weile ertragen«, ermahnt mich meine Mutter immer wieder. Das tue ich, aber es fällt mir nicht leicht.
Eines der Dienstmädchen lässt mich ein, und ich gehe direkt nach oben in das Zimmer, das Z. G. vor Kurzem in ein Atelier umgewandelt hat. Durch die Fenster fällt Licht. Im ganzen Zimmer verteilt stehen Staffeleien mit Leinwänden oder unfertigen Aquarellen von Tao, Z. G. und mir, denn wir wollen das natürliche Licht ausnutzen. Tao ist schon hier. Er sieht immer noch gut aus, kein Zweifel, aber er lächelt nicht, um mir seine schönen Zähne zu zeigen, und er wendet sich nicht einmal zu mir um. Er wartet, bis ich Samantha in eine Holzkiste gesetzt habe, in der sie sich bewegen, aus der sie aber nicht herauskrabbeln kann, dann geht er zu seiner Ah Fu
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