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Tochter des Glücks - Roman

Tochter des Glücks - Roman

Titel: Tochter des Glücks - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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einladend. Neben ihm zu stehen, ist wie neben der Geschichte zu stehen, und ich bin vor Verwunderung und Erstaunen ganz sprachlos.
    »Dieses Bild gefällt mir sehr gut«, sagt er. »Das Mädchen ist hübsch, aber auch gesund. Ich nehme an, dieses Mädchen bist du.«
    »Sie ist meine Tochter«, sagt Z. G. und verbeugt sich leicht.
    »Ah, Li Zhi-ge, es ist lange her«, sagt Mao bedächtig. »Vor all den Jahren hatten viele von uns Frauen auf dem Lande. Ich wusste nicht, dass du auch dazugehörtest.« Er lächelt breiter. »Wie viele hübsche Töchter hast du denn noch in ganz China verteilt?«
    Ich bin keiner solchen Liaison entsprungen, aber das scheint Mao egal zu sein, der seine Aufmerksamkeit nun wieder mir zuwendet. »Hat dir dein Vater viel von mir erzählt? Wir waren zusammen in Yen’an, in den Höhlen. Erinnerst du dich noch, Genosse Li?« Z. G. nickt, und der Vorsitzende fährt fort. »Dein Vater war ein guter Kämpfer – für einen Hasen –, aber ich hatte das Gefühl, mit seinem Pinsel könnte er mehr Gutes tun und mehr Herzen erobern als mit dem Bajonett.«
    Es wird behauptet, sobald der Vorsitzende Mao einmal angefangen hat zu reden, kann er nicht mehr aufhören. Andere Meinungen mag er nicht hören. Er möchte nicht einmal ein Gespräch führen wie die meisten anderen Menschen. Man muss einfach nur zuhören und versuchen zu verstehen, was er sagen will.
    »Als Held der Befreiung hat dein Vater einen besonderen Platz in unserer Gesellschaft«, fährt Mao fort. »Nach der Befreiung wollte ich, dass er nach Peking kommt. Ich hatte Verwendung für seine besonderen Fähigkeiten. Er hätte mit mir und anderen vom Zentralkomitee leben können. Hier wäre er behandelt worden wie ein Fürst – ein roter Fürst, aber der Mann hat seine Heimat vermisst. Er wollte zurück nach Shanghai. Also habe ich ihn zum Vorstandsmitglied der Künstlervereinigung und zum Berater der Niederlassung in Shanghai gemacht. Bei nationalen Wettbewerben hat er Preise gewonnen, doch jeder hat schwache Momente. Jeder überschreitet gelegentlich eine Grenze.«
    Z. G. räuspert sich. »Ich gebe zu, dass ich gelegentlich den falschen Weg eingeschlagen habe, aber ich bin kein Rechtsabweichler. Ich habe versucht, mich reinzuwaschen und meine Fehler zu korrigieren. Ich bin aufs Land gegangen …«
    »Ja, ja«, sagt Mao und winkt ab. Er wirft mir einen kurzen Blick zu, das Gesicht erfüllt von Heiterkeit. »Wir mussten uns sogar in Yen’an mit dem Hasencharakter deines Vaters herumschlagen. So vorsichtig, so diskret, aber er hat uns nie zum Narren gehalten. Unter der weichen Decke der Hasenfreundlichkeit stecken ein fester Wille und ein fast individualistisches Selbstbewusstsein.« Er wendet sich wieder Z. G. zu. »Mach dir keine Sorgen mehr wegen dieser anderen Dinge. Wie heißt es noch? Der Hase springt immer über Hindernisse und Katastrophen und landet auf den Pfoten. Tja … Dein Porträt von mir gefällt mir. Es ist eine gute Entschuldigung. Ich glaube, wir können mit diesem und ähnlichen durchaus etwas anfangen. Doch lass mich das nächste Mal als Mann des Volkes auftreten – mit einfacher Hose, einfachem Hemd und Strohhut, und …«
    »Einem simplen Hintergrund«, beendet Z. G. den Satz für ihn. »Damit die Leute nur dich sehen.«
    Doch Mao hat das Interesse an diesem Gespräch verloren. Jetzt richtet er sich direkt an mich. »Du sagst nicht viel.«
    »Ich habe noch gar nichts gesagt.«
    Der Vorsitzende schmunzelt. Dann wird seine Miene zum Schein ernst. »Ich kenne die Akzente jeder Provinz, aber deinen kann ich nicht so recht einordnen. Woher kommst du? Ich frage nur, weil ich in ein paar Tagen ein neues und strengeres Gesetz vom Zentralkomitee verabschieden lasse – um die Abwanderung aus den Dörfern in die Städte aufzuhalten –, damit alle Bauern daran gehindert werden, in die Städte zu kommen. Wir werden die Eisenbahnlinien überprüfen, die Schnellstraßen, die Flusshäfen und alle Verbindungen zwischen den Provinzen. Also, Kleine, verrate mir doch, wo du aufgewachsen bist. Müssen wir dich jetzt dorthin zurückschicken?«
    In meinen Augen ist er ein alter Mann – auf jeden Fall älter als meine Mutter und mein Vater –, aber versucht er nun, mit mir zu flirten, oder will er mir eine Heidenangst einjagen? Wie kann ich so antworten, dass er mich nicht wieder zurück nach Kalifornien, sondern aufs Land schickt?
    »Ihre Mutter kommt aus Shanghai«, antwortet Z. G. für mich, »aber meine Tochter wurde in Amerika geboren.

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