Tochter Des Krieges
hatte?
»Thomas«, sagte Katherine in diesem Moment. »Meine Worte waren gedankenlos, und ich muss dich um Verzeihung bitten. Ich war eine unachtsame Gastgeberin und eine schlechte Freundin.«
»Meine Entscheidung, dem Orden beizutreten, ist sicher von vielen… «
»Thomas, lass uns nicht mehr darüber sprechen. Nicht jetzt, nicht heute.« Katherines Gesicht hellte sich auf. »Schließlich ist heute mein Gebieter zu mir zurückgekehrt, und Hal und du! Es ist eine Zeit der Freude, denn meine Familie wird zu Weihnachten wieder beisammen sein. Ach«, sie wandte sich zur Seite, als ein Diener ihr etwas ins Ohr flüsterte, »ich muss gehen, es gibt so viel zu tun. Tom, wirst du dich uns heute Abend in den Privatgemächern meines Herrn anschließen? Einen offiziellen Empfang für Seine Hoheit, den König, wird es erst morgen geben, und so können wir heute Abend ganz unter uns sein und zusammen scherzen wie alte Freunde. Komm, sag, dass du uns Gesellschaft leisten wirst.«
Sie nahm seine Hände und lachte fröhlich. »Ja? Ach, Tom, damit machst du mich sehr glücklich! «
Damit ging sie durch die Menschenmenge zurück zu Lancaster, um König Johann in die Gemächer zu führen, die für ihn vorbereitet waren.
Thomas blickte zu der beeindruckenden Festungsanlage hoch, die den Savoy Palace umgab. Es war kein Wunder, dass der französische König während seiner Gefangenschaft hier untergebracht werden würde. Die Palastanlage von Westminster, wo König Eduard wohnte, war nicht so sicher und der Tower nicht geräumig genug.
König Johann wurde wie ein Gast behandelt, nicht wie ein Gefangener.
Lancasters Kammerherr, ein Mann namens Simon Kebell, stand plötzlich vor Thomas.
»Bruder Thomas, es tut meinen alten Augen gut, Euch wiederzusehen. Ich grüße Euch recht herzlich. Lord Lancaster sagte mir, dass Ihr im Hauptgebäude untergebracht seid.« Kebell streckte die Hand aus und griff nach einem vorbeieilenden Diener. »Robert hier wird Euch zu Eurem Gemach führen.«
Der Savoy Palace war eines der Wunder von London und ganz sicher das luxuriöseste Privathaus der ganzen Stadt. Obwohl sein Herz der traditionelle Saal war, ein riesiger, prachtvoller Raum, in dem alle offiziellen Dinner, Audienzen und Vergnügungen stattfanden, verfügte er auch über eine große Anzahl von Privatgemächern und kleineren Räumen, sodass Lancaster und seine Familie, sowie besondere Gäste, sich in eine ungezwungenere und behaglichere Umgebung zurückziehen konnten. Nicht einmal König Eduard verfügte über solche Bequemlichkeiten in seinem Palast in Westminster. Die Painted Chamber, einer der drei Hauptsäle der Palastanlage von Westminster, war der Ort, an dem Eduard nicht nur all seine Audienzen und Bankette veranstaltete, sondern er schlief auch dort – sein Bett war mit einem Vorhang vom Rest des Saals abgeteilt. Privatsphäre war ein Luxus, der den Königen von England nicht vergönnt war.
Lancaster dagegen verfügte nicht nur über luxuriöse Privatgemächer und einen großen Saal, der seinen Glanz und seinen Reichtum zur Schau stellte, er genoss auch alle anderen Annehmlichkeiten der Macht, wie sie sonst nur ein Monarch besaß. Aber schließlich war Lancaster aufgrund seiner Heirat mit Konstanze selbst ein König – wenn auch nur vom Titel her, nun, da Konstanze tot war… es hieß, sie sei an einer Erkältung gestorben, die sie sich durch ihren eigenen frostigen Charakter zugezogen hatte. Die Ländereien und Besitztümer, die er nicht nur in seinem Heimatland, sondern auch auf dem Kontinent besaß, machten ihn zum reichsten – und somit auch mächtigsten – Privatmann von ganz England. Er verfügte sogar über mehr Reichtümer und Soldaten als sein Vater, der König.
Es war höchst bezeichnend, dass König Johann im Savoy Palace von Lancaster eingekerkert werden – wenn man einen so luxuriösen Aufenthaltsort überhaupt als Kerker bezeichnen konnte – und unter dessen Schutz stehen sollte. Denn bis weit in den Norden Englands, wo Thomas in seinem Heimatkonvent in Durham gewohnt hatte, bevor er nach Rom gegangen war, waren die Gerüchte vorgedrungen, dass König Eduards Verstand mit den Jahren nachgelassen hatte, und da der schwarze Prinz so oft unterwegs war – und seine Gesundheit immer mehr nachließ, fügte Thomas in Gedanken hinzu –, war Johann von Gent, der Herzog von Lancaster, der eigentliche König von England.
Thomas wandte sich vom Fenster ab, von wo aus er das geschäftige Treiben auf dem Hof
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