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Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lise Marstrand-Jørgensen
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die Worte wider, die Gott zu ihr sprach. Besonders ausführlich schildert sie den Chor der Jungfrauen und deren Kleidung: die bis zum Boden reichenden, hauchdünnen Seidenschleier über dem offenen Haar der Mädchen, die Goldkronen, die mit drei Edelsteinen als Symbol der heiligen Dreieinigkeit verziert waren, die bodenlangen Kleider mit den weiten Ärmeln und den mit Gold bestickten Ärmellöchern.
    »So sollen meine Schwestern beim feierlichen Hochamt und an Festtagen gekleidet sein«, schließt sie überraschend, und der Prior richtet sich auf.
    »Was sagst du?«, ruft er aus, und Hildegard wiederholt ohne Zögern ihre letzten Worte.
    »Davon kann nicht die Rede sein, Hildegard«, sagt der Abt und schlägt die Handflächen auf den Tisch. »Das ist gegen die Benediktusregel.«
    »Das ist gegen die Heilige Schrift«, übertrumpft der Prior ihn und steht auf. Zuerst sprach sie schön und lebendig von ihrer Schau, er war ergriffen, sogar entzückt, und jetzt überrumpelt sie sie mit ihrer ungeheuerlichen Forderung.
    Hildegard sagt nichts. Volmar rutscht unruhig auf seinem Stuhl herum und breitet stumm und zweideutig die Hände aus, als der Prior ihn fragend ansieht.
    »Das ist völlig unerhört«, faucht der Prior, und der Abt muss eine Hand auf seinen Arm legen, um ihn dazu zu bringen, sich wieder zu setzen.
    »Der Prior hat recht«, sagt der Abt, »und ich höre, dass du krank warst, als du deine Schau hattest.«
    Hildegard schüttelt den Kopf. Es ist keine Gefühlsregung in ihrem ausdruckslosen Gesicht zu erkennen. »Ich hatte in der Nacht Fieber gehabt, das ist wahr. Ich fühlte mich immer noch schwach, aber ich war nicht mehr krank. Das kann Volmar bezeugen, er hat mich aufgesucht, unmittelbar nachdem Gott sich mir gezeigt hatte.«
    Der Prior und der Abt sehen Volmar an, der nichts anderes tun kann, als zu nicken. Sie war bleich und müde, aber weder krank noch durcheinander.
    »Als ich hier herüber ging, lagen dicke weiße Wolken wie ein Band über dem Kirchturm. Es glich den Kronen, die Gottmir in der Schau zeigte«, sagt sie, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Was stellst du dir vor?«, schnaubt der Prior. »›Desgleichen, daß die Frauen in schicklicher Kleidung sich schmücken mit Anstand und Zucht, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarem Gewand, sondern, wie sich's ziemt für Frauen, die ihre Frömmigkeit bekunden wollen, mit guten Werken.‹ So steht es in der Heiligen Schrift, sollte dir Benedikts Regel nicht genug sein«, tobt er.
    »›Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet. Und es wurde ihr gegeben, sich anzutun mit schönem reinem Leinen‹«, antwortet Hildegard ruhig mit den Worten der Bibel.
    »›Lieblich und schön sein ist nichts; ein Weib, das den Herrn fürchtet, soll man loben‹«, gibt der Prior rasend zurück. »Wie kannst du es wagen …«
    Der Abt macht eine gebieterische Handbewegung und unterbricht ihn. »Lass Hildegard sich erklären«, sagt er, ohne den Prior anzusehen.
    »Ich möchte an anderer Stelle beginnen«, sagt Hildegard. »Wie oft habe ich mich geirrt?«, fragt sie und lächelt ihr unseliges Lächeln.
    »Nicht oft, aber …«, setzt der Abt an.
    »Du hast dich geirrt, als du angenommen hast, dass ihr das neue Altartuch bis zur Segnung der Wachskerzen bei der Marienmesse fertig haben würdet«, unterbricht Volmar, »als du deine Wut Elisabeth gegenüber nicht zügeln konntest, als sie das Fastenbrot vergessen hatte. Du hast einem Lungenkranken Baldrian verordnet, woraufhin es dem Patienten schlechterging, weil er stattdessen Brustalant hätte bekommen sollen«, fährt er fort und sieht weg. Er zählt Hildegards Irrtümernur ungern auf, spürt aber, dass die Frage aufrichtig gemeint war.
    Sie nickt und sieht ihn erleichtert an. »Es ist genau so, wie Volmar berichtet, ehrwürdiger Vater. Ich begehe oft Fehler, und ich sündige öfter, als ich sollte. Wut und Ungeduld stellen meine Sinne auf die Probe, und es fällt mir schwer, mein Mundwerk zu zügeln, wenn ich gebeten werde zu schweigen. Keiner weiß das besser als du«, sagt sie direkt zu dem Abt, der nickt, während der Prior wie auf glühenden Kohlen dasitzt. »Aber gestattet mir zu fragen, wie oft ich mich irrte, wenn Gott sich mir offenbarte oder ich Zutritt zur Gabe der Seherinnen erhielt, mit dem sich meine Seele zu den Höhen des Firmaments aufschwingt, so wie Gott es will. Wie viele Male waren meine Prophezeiungen und Warnungen falsch? Wie viele Male habe ich

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