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Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lise Marstrand-Jørgensen
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schnurgeraden Reihen liegen.
    »Alle Edelsteine enthalten Energie und Feuchtigkeit, denn sie sind aus Feuer und Wasser geschaffen«, sagt Hildegard. »Sie besitzen starke Eigenschaften und lassen den Teufel entsetzt zurückschrecken. Er hasst und verachtet sie, weil sie ihn daran erinnern, dass die gleiche Schönheit, die sie besitzen, auch einmal in ihm wohnte, bevor er von dem Platz stürzte, den Gottihm zugeteilt hatte.« Sie zögert einen Augenblick, berührt Rubine und Granate. »Der Teufel hasst diese Steine auch, weil einige von ihnen aus dem Feuer geschaffen sind, mit dem er selbst gestraft wurde. Durch Gottes Willen stürzte der Satan in das Feuer hinein, und auf die gleiche Weise wird er von der Flamme des Heiligen Geistes überwunden, jedes einzelne Mal, wenn ein Mensch durch den lebenspendenden Atem des Heiligen Geistes aus seinen Klauen errettet wird.« Hildegard hebt den Kopf und sieht die drei Männer streng an.
    Bruder Heine schweigt wie immer, das Halbdunkel legt einen milden Zug über sein Gesicht. Der blonde Mönch fällt auf die Knie.
    »Das Gerücht über dich spricht die Wahrheit, Mutter Hildegard«, flüstert er in seine gefalteten Hände. »Du sprichst nichts anderes als Frömmigkeit, und ich wünschte, ich könnte immer in deiner Nähe leben.«
    Hildegard weicht zurück, erschrocken über die Heftigkeit, die in seinen Worten liegt.
    »Ein Gerücht ist kein Zeugnis meiner Frömmigkeit«, erwidert sie scharf. »Du sollst niederknien, um den Herrn anzuflehen, nicht um die Frömmigkeit einer unbedeutenden Schwester zu preisen.«
    Der Mönch kommt auf die Beine, verwirrt und beschämt.
    »Ich, ich …« Er weicht ihrem Blick aus. Verstummt und bürstet nervös mit der Hand über seine Kutte.
    Hildegard nickt. Sie hebt die Hand vor sein Gesicht, als wolle sie ihn segnen. Dann wendet sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Schrein des Goldschmieds zu, der nervös den Goldring an seinem kleinen Finger dreht.
    Er räuspert sich, doch fällt ihm nichts ein, das er sagen könnte, und so breitet er nur die Arme aus.
    »Was ist mit euch?«, fragt Hildegard. »Habt ihr die Stimme nun voll und ganz verloren?«
    Der Goldschmied späht unruhig zu den beiden Ordensbrüdern. Bruder Heine sieht aus, als habe er das Gespräch nicht gehört. Der Blonde verschränkt die Hände und löst sie wieder voneinander, zieht sich ängstlich an den Ohrläppchen. Hildegard schüttelt den Kopf. Sie legt die Hand über ihren Mund und reißt kindisch die Augen auf.
    »Sag mir also, ob du von der Kraft der Steine weißt?«, sagt sie ungeduldig zu dem Goldschmied.
    Er nestelt an dem Schrein herum, räuspert sich wieder.
    »Etwas habe ich von den Brüdern gelernt«, sagt er endlich, »über Saphire, die von denen als Amulette getragen werden, die in das Heilige Land reisen, um für das Kreuz zu kämpfen. Über den Bergkristall, der dem Träger etwas von der Kraft des Berges gibt, über …«, er zuckt mit den Schultern.
    Hildegard nickt nachdenklich. »Gott hinterlässt seinen Stempel auf allen Dingen«, sagt sie. »Der Edelstein stammt aus dem Osten, wo die Sonne besonders stark brennt. Die Berge in diesen Gegenden sind heiß und trocken wie Feuer. Die Flüsse sind kochend warm, und wenn sie von Zeit zu Zeit über ihre Ufer treten, steigen sie zu den Bergen hinauf, die Schaum ausspeien, wenn das Wasser auf ihre Hänge trifft. Gerade so, wie wenn Wasser auf glühendes Eisen trifft und es dampft und zischt. Der Schaum ist wie ein Leim, der trocknet und sich im Laufe weniger Tage zu Edelsteinen verwandelt, die wie Schuppen in den Sand fallen. Wenn der Fluss wieder steigt, trägt er die Edelsteine mit sich fort und hinterlässt sie an verschiedenen Stellen, wo Menschen sie finden und sich an ihnen erfreuen.« Sie deutet nickend auf den Schrein. »Ich habe gewählt.«
    Die Kronen werden aus einer Reihe flacher Glieder bestehen, verbunden mit Scharnieren. Auf diese Weise können die Schwestern sie selbst anpassen, wenn mit der Zeit neue Nonnen zum Disibodenberg kommen. Jedes Glied wird mit einer Goldrose verziert. In der Mitte soll ein kleiner weißer Opal ihre Reinheit symbolisieren. Das Glied, das an der Stirn liegen soll, wird mit drei Steinen versehen, genau so, wie Hildegard es in ihrer Schau gesehen hat. Die Novizenkronen sollen mit einem Saphir und zwei weißen Perlen geschmückt werden, die der Schwestern mit Saphir und Opal, Hildegards eigene mit Saphir und Smaragd. Die Einzige, die keine Krone tragen wird, ist Margreth, die keine

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