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Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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würde.
    Als Kind hatte sie einmal gesehen, wie ein Sklave von einem Stier aufgespießt worden war. Dem Unglückseligen wurde nicht die Gnade eines schnellen Todes zuteil; ganze drei Tage hatte er noch leben - und leiden - müssen. Am zweiten Tag hatte ein Arzt ihn untersucht, Löknir genannt, der wie viele seiner Zunft von jenseits der Berge kam, wo das Volk der Samen lebte. Man trieb mit ihnen Handel, denn sie besaßen prächtige Pelze, Daunenfedern oder Schiffstaue aus Seehund- und Walrosshäuten, und man fragte sie um Rat bei Krankheit, denn sie wussten viel über den menschlichen Körper und wie man ihn heilen konnte. Für den Sklaven kam die Hilfe zu spät.
    Der Löknir befahl, dem Verletzten einen Brei aus Zwiebeln und Kräutern zu bereiten und ihm langsam einzuflößen. Das meiste erbrach er, ein paar Bissen jedoch schluckte er, und einige Zeit später roch der Same an seiner Bauchwunde. Er roch Blut, aber er roch auch Zwiebeln - und damit war erwiesen, dass seine Gedärme durchbohrt waren und der Verletzte bald sterben würde.
    Nun, Runa hatte keine Zwiebel, um sie Gisla zu essen zu geben, und selbst wenn sie solche gehabt hätte, würde die Wunde am Bein nicht danach riechen - und sie wohl trotzdem daran sterben. Runa gab sich geschlagen. Sie lud den Tod ein, wenn, dann schnell zu kommen, doch als sie ihre Hände von der Wunde nahm, stellte sie fest, dass der Blutfluss fast zum Erliegen gekommen war. Auch wenn sie nicht so viel wusste wie der Löknir der Samen, hatte sie instinktiv das Richtige getan. Jetzt musste sie Gisla schnell an einen Ort schaffen, an dem es warm war - wenn es denn in dieser grauen Welt überhaupt einen warmen Ort gab. Nebel war aufgezogen, es begann zu regnen, und jenseits des Wassers lauerten die Angreifer und suchten sicher eine Möglichkeit, ihnen zu folgen.
    Runa überlegte eine Weile, dann schnitt sie ein Stück von ihrem Wolfspelz ab und band es mit einem Fetzen Leder um das verletzte Bein. Gisla stöhnte - das erste Zeichen, dass ihr Leib, so geschunden und kraftlos er auch war, um das Leben kämpfte.
    »Du wirst es schaffen ...«, murmelte Runa.
    Sie war erstaunt, dass Gislas Herz so stark schlug, und noch erstaunter, dass sie so sehr hoffte, es würde weiterschlagen. Am meisten erstaunte sie jedoch, warum sie es hoffte: nicht nur, weil ihre Zukunft von Gisla abhing, sondern weil sie diesem Taurin trotzen wollte. Seine Pfeile würden sie nicht töten. Er würde sie nicht kriegen. Was immer seine leeren, traurigen Augen bekundeten - das Leben war manchmal stärker als der Tod.
    Begga vermisste es, an Gislas Bettende zu schlafen. Noch mehr vermisste sie das Gleichmaß der Tage, an denen zu jeder Stunde festgestanden hatte, was in der nächsten geschehen würde. Nun geschah so viel, nichts davon konnte man kommen sehen, und es ging einher mit Tränen und Geschrei.
    Ja, Fredegard hatte geschrien und geweint, als sie Aegidias Brief bekommen hatte, und auch wenn die Schreie unterdessen verstummt und ihre Tränen versiegt waren, blieb Begga voller Sorge. Sorge um Gisla. Sorge um sich selbst. Sorge, dass Fredegard den Verstand verlor, nun, da sie anstelle des ersehnten Lebenszeichens ihrer Tochter dieses Schreiben erhielt.
    »Was ... was steht darin?«, fragte Begga angstvoll.
    Und sie dachte zugleich: Werde ich jemals wieder an Gislas Bettende schlafen? Wenn Gisla künftig in einem Kloster lebte, wie Fredegards Plan vorsah, war darauf kaum zu hoffen. Wenn Gisla weiterhin in Rouen blieb, noch weniger.
    Fredegard begann stockend zu berichten: »Aegidia ... sie schreibt, dass sie es dem Bischof nicht erklären kann, warum sie Gisla in die Heimat zurückschicken will. Dass es im Moment einfach keine Möglichkeit dazu gibt. Ich soll bis zum Frühling warten ... bis nach Rollos Taufe ... und der Hochzeit. Vielleicht findet sie dann einen Weg, damit Gisla nach Laon heimkehren kann.«
    Fredegard ließ das Schreiben sinken und starrte Begga an. »Warum sollte es im Frühling leichter sein?«, fragte sie verzweifelt. »Und wie soll ich es ertragen, so lange zu warten ... hier in Laon ... in der Nähe des Königs ... und der Königin?«
    In der Nähe der rechtmäßigen Gattin, dachte sie wohl. In der Nähe von deren Töchtern, die nicht der Politik geopfert worden waren.
    Begga unterdrückte ein Seufzen. »Aber Gisla ergeht es in Rouen doch gut. Die Täuschung ist nicht missglückt - auch das besagt dieser Brief! Und somit bringt er trotz allem gute Nachrichten.«
    Begga fiel es schwer, sich

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