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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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gab Runa ohne Umschweife zu, froh, die Last ihres Geheimnisses endlich mit jemandem teilen zu können. Es war ohnehin zu spät für jede Zurückhaltung.
    »Du bist nicht als Jungfrau in die Ehe gegangen?« Nun war es um Ragnhilds Fassung geschehen. Abrupt sprang sie auf und schlug sich die Hände vor den Mund. Es war bloß zu erahnen, welche Flüche sie vor sich hin murmelte. Schließlich sackte sie aschfahl auf ihren Stuhl zurück, krallte die Hände in die Rockfalten und forderte Runa mit bebender Stimme auf weiterzuerzählen.
    »Wir waren ineinander verliebt, verzehrten uns vor Sehnsucht, wenn wir nicht beieinander waren«, fuhr Runa fort. »Viele Male haben wir versucht unsere Liebschaft zu beenden, doch es ist uns nicht gelungen. Eines Abends teilte er mir mit, er müsse nach Lübeck aufbrechen und für eine gewisse Zeit dort bleiben. Dann kam das Feuer.« Runa verstummte. Die furchtbaren Erinnerungen an die heiße Augustnacht vor sieben Jahren übermannten sie einen Moment. »Das nächste Mal sahen wir uns am Tage des Gerichts nach dem Brand. Das war der Tag, an dem Walther um meine Hand anhielt.«
    Ragnhild nickte. So unglaublich und empörend diese Geschichte auch war, nun, nachdem sie sie aus dem Munde ihrer Tochter gehört hatte, fühlte sie sich seltsamerweise innerlich ganz ruhig. Doch Ragnhild spürte, dass dies noch nicht alles war. »Weshalb weiß Walther davon? Bei eurem Streit hat er behauptet, eure Blicke hätten euch verraten, und auch er hat den Gerichtstag vor sieben Jahren erwähnt.«
    »Nun, er ist selbst dahintergekommen. Nachdem er sein Herz bereits jahrelang an mich verloren hatte, traf ihn die Wahrheit über meine und Johanns Liebe zwar hart, aber offensichtlich nicht hart genug, um mich deswegen nicht zur Frau nehmen zu wollen, auch wenn er genau wusste, dass ich keine Jungfrau mehr war. Das ist alles, Mutter.« Runa hoffte inständig, dass Ragnhild sich damit zufrieden geben würde. Sie wollte sie nicht noch mehr belasten, vor allem aber wollte sie ihr letztes Geheimnis für sich bewahren. Doch sie hatte ihre Mutter unterschätzt.
    »Mehr gibt es in dieser Sache tatsächlich nicht zu erzählen?«, drängte Ragnhild skeptisch. »Ich frage mich nämlich, warum er um deine Hand angehalten hat, wenn er doch wusste, dass du einen anderen liebst. Warum hegte er Hoffnung, dass du einwilligst? Du hättest doch auch einfach bei den Beginen bleiben können. Mir scheint, du verheimlichst noch etwas.«
    Runa hob die Arme und ließ sie wieder fallen. »Mag sein, Mutter. Vielleicht habe ich noch nicht alles erzählt. Aber ist es mir denn nicht vergönnt, wenigstens ein Geheimnis für mich zu behalten?«
    »Oh, gewiss doch, mein Kind«, spottete Ragnhild. »Mit diesem Wunsch scheinst du mir in diesem Haus in guter Gesellschaft zu sein. Ein jeder hier verbirgt etwas, wenngleich die Vergangenheit bewiesen hat, dass Geheimnisse nicht immer von Vorteil sind.«
    Runa wusste genau, wovon ihre Mutter sprach. Es war nicht nur ihr Vater, der allen im Hause vorenthalten hatte, dass er des Rates verwiesen wurde, sondern auch Thiderich, der heimlich und ohne sich einer Gruppe Reisender anzuschließen nach Plön aufgebrochen war. Auch um Walther und seinen Ziehvater Everard, der ihm bis heute nichts Genaueres über seine Herkunft verraten hatte, rankten sich Geheimnisse. Ihre Mutter hatte recht, und Runa wusste das. Es gab bereits zu viele Geheimnisse in diesem Haus, und niemals hatten sie ihren Trägern gute Dienste erwiesen.
    Runa gab sich einen Ruck. Sie spürte, wie sehr es sie eigentlich danach verlangte, ihr Herz zu erleichtern, und so wappnete sie sich gegen eine mögliche Ohnmacht ihrer Mutter und gestand: »Walther wusste, dass ich einwilligen würde, denn er hat mich mit der Heirat vor dem sicheren Tod bewahrt. Zum Zeitpunkt unserer Verlobung war ich schwanger, Mutter. Thymmo ist nicht der Sohn meines Ehemannes, sondern der des Ratsnotars Johann Schinkel.«

3
    »Schickt nach Marquardus Scarpenbergh«, forderte Gerhard II. seine Bediensteten mit dröhnender Stimme auf. Sofort verschwanden drei junge Pagen in den Gängen der Burg, von der Hoffnung getrieben, den gewünschten Ritter möglichst bald zu finden, um nicht den Zorn ihres Herrn auf sich zu ziehen.
    Tatsächlich trat Marquardus nur wenig später in die Halle zu seinem Grafen. »Ihr habt nach mir schicken lassen, mein Fürst?«
    Gerhard II. hob seinen toten Blick in die Richtung, aus der die Stimme erklang. »Ja. Lest mir das vor, Marquardus«,

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