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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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herabblickte. Offensichtlich war er gewaschen worden und lag nun mit fremden Kleidern unter strahlend weißen Laken. Gegenüber an der Wand hing ein übergroßes hölzernes Kruzifix. Ansonsten war die Kammer leer.
    Albert hustete rau und spürte dabei, wie trocken sein Mund war. Er konnte sich nicht entsinnen, je in seinem Leben so durstig gewesen zu sein wie in diesem Moment. Sein Blick schweifte zur Tür. Sie war geschlossen. Albert fragte sich, ob sie wohl verriegelt war. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
    Mühsam stellte er seine Füße auf den kalten Boden. Er fühlte sich schwach, dennoch zwang er sich aufzustehen. Er hatte sich noch nicht ganz aufgerichtet, da erfasste ihn ein nie gekannter Schwindel. Gleich darauf versagten ihm seine Beine den Dienst. Albert sackte auf dem Boden zusammen und stieß sich schmerzhaft die wunden Knie. Einen gottlosen Fluch auf den Lippen versuchte er sich hochzurappeln, als plötzlich die Tür geöffnet wurde.
    »Um Himmels willen, was tut Ihr da?« Herein kam eine dicke Frau mit fleischigen Armen und Händen. Ihr Gesicht war rund wie eine Fastenbrezel, ihre Augen klein wie die eines Ferkels. Dennoch wusste Albert sofort, dass sie eine gute Seele war. »Nur ein Narr versucht allein aufzustehen, wenn er über zwei Wochen darniedergelegen hat«, schimpfte sie halbherzig und griff ihm energisch unter die Arme.
    Albert bekam kaum genug Luft, um zu sprechen. »Ich … danke Euch.«
    »Nicht doch«, winkte die dicke Frau ab. »Wenn ich gewusst hätte, dass Ihr dort unten im Verlies darbt, hätte ich Euch doch schon längst eigenhändig herausgeholt. Gott sei’s gedankt, dass Ihr noch am Leben seid.« In ihrem Redefluss entging der Frau die Verwirrung ihres Schützlings, der nicht recht zu wissen schien, was er mit ihren Worten anfangen sollte. Doch bevor dieser nachhaken konnte, plapperte sie schon weiter: »Eure Kleider habe ich verbrannt, auch wenn sie einst teuer gewesen sein mögen. Jetzt waren sie nicht viel mehr als bloße Lumpen, und ich wollte das Ungeziefer nicht in der Burg haben.«
    Albert nickte.
    »Nun, da Ihr endlich wach seid, werde ich Euch ein Süppchen bereiten. Und wenn Ihr Euch gestärkt habt, wird Euch sicher Ritter Eccard empfangen wollen. Bis ich wiederkomme, solltet Ihr allerdings noch ein wenig schlafen.« Mit diesen Worten trat sie an Alberts Bett, deckte ihn bis zum Kinn zu und stopfte die Enden des Lakens so fest unter seinen Körper, dass er sich kaum noch rühren konnte. Einen Wimpernschlag später war sie wieder verschwunden, und Albert fielen die Augen zu.
    Wider Erwarten erwachte er nicht von der Stimme der drallen Frau, die ihm etwas zu essen bringen wollte, sondern von einem gleichmäßigen Dreitakt, welcher der Tür seiner Kammer immer näher zu kommen schien. Alberts Muskeln spannten sich an. Die Zeit im Verlies war nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Was konnte das sein? Hastig sah er sich nach etwas um, das er als Waffe verwenden konnte, als es plötzlich eindringlich an der Tür pochte. Albert schwieg. Die Tür öffnete sich dennoch, und herein kam zu Alberts Erstaunen der Ritter Eccard Ribe. Er stützte sich auf eine Art Krückstock, um das linke Bein zu entlasten, welches er auffällig steif hinter sich herzog. Das hatte es also mit dem seltsamen Geräusch auf sich!
    »Ah, ich sehe, Alusch hat Euch bereits eingepackt, als wäret Ihr aus Glas. Das ist ein gutes Zeichen – sie mag Euch.« Der Ritter trat an Alberts Bett und schaute ihn offen an.
    Albert erwiderte seinen Blick. Er erkannte, dass die Wangen des Ritters blass wirkten, auch seine Kleidung schien lockerer zu sitzen. In diesem Moment wurde er sich seines eigenen Anblicks gewahr. Unter den unzählichen Laken kam er sich äußerst lächerlich vor. Umständlich befreite er sich davon und setzte sich auf. Sofort bildeten sich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn. Trotz der freundlichen Worte des Ritters wusste Albert nicht recht, ob er ihm trauen konnte. Schließlich hatte Eccard Ribe ihn im Verlies fast elendig verhungern und verdursten lassen. Ein solcher Mann konnte kein Ehrenmann sein, weshalb er beschloss, ihm gegenüber vorsichtig zu bleiben. »Ja, die Behandlung, die Alusch mir in dieser Kammer hat zuteil werden lassen, war in der Tat um einiges angenehmer als die Eure im Verlies.«
    Der Ritter nickte zerknirscht. »Ihr seid zu recht gram, Kaufmann, doch ich bin mir sicher, Ihr werdet es verstehen, wenn ich erst einmal …«
    »Was soll ich verstehen? Zuerst tut Ihr

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