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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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Hexe ist?«
    Johann sah die Magd an. Er wusste, dass er damit Gefahr lief, seine wahren Gefühle für Runa zu verraten, doch auf eine merkwürdige Art und Weise vertraute er dem Mädchen. »Nein. Das glaube ich nicht. Doch es wird schwer sein, ihre Unschuld zu beweisen.«
    »Ich werde für Euch beten.«
    »Hab Dank, Mädchen.«
    »Agnes«, sagte die Magd. »Mein Name ist Agnes.«
    Johann nickte ihr zu und wandte sich zum Gehen, doch als er schon fast aus der Nische getreten war, drehte er sich noch einmal um und fragte: »Was genau hat die Magd Johanna zu dir gesagt?«
    Agnes errötete schlagartig und senkte den Blick. Sie hatte so sehr gehofft, der Ratsnotar würde ihr diese Frage ersparen. Kurz erwog sie ihn anzulügen, doch sie brachte es nicht übers Herz – schließlich war er ein Mann der Kirche. Darum gestand sie mit leiser Stimme: »Sie sagte: Verzeih mir, Agnes, aber ich konnte nicht anders. Ich liebe dich. «
    Johann kniff die Augen zusammen. Dawischen bildete sich eine tiefe Falte. Er hatte mit vielem gerechnet, doch nicht damit.
    »Bitte verlangt jetzt nicht von mir, dass ich das erkläre, Herr. Ich kann es nämlich nicht. Ihr müsst mir glauben, es beschämt mich bereits genug, Euch davon zu erzählen.«
    Johann sah ihr an, dass sie die Wahrheit sprach, darum sagte er nur: »Ich danke dir, Agnes. Leb wohl.«
    »Hast du ihn auch gut gefesselt?«, fragte Johannes seine Stiefmutter mit einem misstrauischen Unterton.
    »Herrgott noch mal, ja, ich habe Godeke gefesselt. Willst du das jetzt Tag für Tag bis in alle Ewigkeit fragen? Er ist doch noch immer bewusstlos«, gab Luburgis ungehalten zurück und warf einen letzten Blick auf ihren zweiten Stiefsohn, um den sie sich sichtlich sorgte. Godeke war bereits seit Tagen ohnmächtig. Er hatte weder getrunken noch gegessen, doch wenigstens blutete seine Kopfwunde nicht mehr. Obwohl sich Luburgis wünschte, dass er endlich die Augen aufschlug, fürchtete sie sich gleichzeitig davor. Was würde er sagen, wenn er erkannte, dass es seine Stiefmutter und sein Bruder waren, die ihn gefangen hielten? Sie wollte nicht, dass er sie dafür hasste, deshalb hatte sie die Knoten um seine Gelenke auch nicht allzu fest zugezogen.
    Johannes wiederum hatte weit weniger Mitleid mit Godeke. Er machte kein Hehl daraus, wie sehr er seinen Bruder verachtete. »Wenn es nach mir ginge, dann könnte dieser Verräter gerne für immer bewusstlos bleiben, Mutter«, sagte er boshaft und eifersüchtig zugleich.
    »Los jetzt«, drängte Bodo ungeduldig, bevor Luburgis etwas erwidern konnte. »Wir haben heute viel zu tun.«
    Nachdem die Tür der Holzhütte hinter ihnen zugefallen war, sah Thiderich zu Godeke hinüber. Seit über drei Tagen hatte er nun auf eine solche Gelegenheit gewartet, jetzt konnte er kaum glauben, dass dieser Moment gekommen war. Alle drei waren weg, und er war mit Godeke allein. Diesen Augenblick durfte er nicht ungenutzt verstreichen lassen.
    Anders als Godeke waren Thiderich nicht nur die Hände gefesselt worden, sondern auch die Füße, und das so eng, dass er sich kaum rühren konnte. Er versuchte daher gar nicht erst, sich selbst zu befreien, sondern rief stattdessen: »Godeke, Godeke, wach auf. Ich bin’s, Thiderich.«
    Der Angesprochene reagierte nicht. Mit geschlossenen Augen lag er still auf der Seite, die Arme nach hinten gefesselt.
    »Godeke, nun beweg dich schon«, drängte Thiderich. »Wach auf! Sie sind alle fort, aber wir haben sicher nicht viel Zeit.« Er hielt inne und starrte gebannt auf seinen Freund. Hatte er sich etwa doch geirrt? War es möglicherweise reines Wunschdenken gewesen, dass er vor zwei Tagen das erste Mal ein Flackern von Godekes Augenlidern bemerkt hatte? Er hoffte inbrünstig, dass sein Verstand ihm keinen Streich gespielt hatte. Gerade überlegte er, ob er es schaffen konnte, sich zu Godeke hinüberzurollen, als sein Freund endlich die Augen aufschlug und ihn mit klarem Blick anschaute.
    »Sind sie tatsächlich alle weg?«, fragte er mit rauer Stimme.
    »Bei allen Heiligen, du lebst tatsächlich! Ich habe mich also doch nicht getäuscht, als ich dachte, dass du deine Ohnmacht nur vorspielst.«
    »Tut mir leid, dass du länger als nötig um mich bangen musstest, Thiderich. Doch ich wollte nicht Gefahr laufen, dass sie bemerken, dass ich längst wieder bei Bewusstsein bin. So habe ich uns einen nützlichen Vorteil verschafft.«
    »Was meinst du damit?«
    »Das wirst du gleich sehen!« Godeke begann an seinen Fesseln zu zerren. Wie

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