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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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dabei. Es war kein Geheimnis, dass Johannes vom Berge und Albert von Holdenstede erbitterte Feinde waren. Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass das Verhalten des Kaufmanns etwas damit zu tun hatte. Schon als Thiderich Schifkneht plötzlich nach Plön verschwunden und kurz darauf der Brief aufgetaucht war, welcher das Ziel seiner Reise verriet, hatte Albert einen Verdacht gegen Johannes vom Berge gehegt, und nun ging es um Alberts Tochter. Der Fall roch Willekin verdächtig nach alter Feindschaft, doch er hatte keinerlei Beweise dafür.
    Plötzlich ertönte die Stimme von Folpert Krempe. »Ich stimme zu, dass die Grafen dieser Tage, da sie auf die Münzen der reichen Bürger angewiesen sind, die Stimme der Hamburger nicht verwerfen können. Vielleicht sollten wir tatsächlich tun, was Johannes vom Berge vorschlägt.«
    »Dieses Vorgehen wäre absolut unüblich«, gab Willekin Aios zu bedenken. Alles in ihm sträubte sich dagegen, die Tochter Alberts von Holdenstede dem Feuer zu übergeben, nur um die Macht des Rates aufzuzeigen.
    »Unübliche Umstände verlangen mitunter nach unüblichen Mitteln«, warf Hartwic von Erteneborg ein. »Ich gebe zu, dass eine sofortige Verbrennung zwar überaus gewagt, in diesem Falle jedoch durchaus gerechtfertigt wäre.«
    Einen kurzen Moment schienen alle Herren gleichzeitig zu reden. Noch war nicht auszumachen, wie viele Gegner und wie viele Befürworter der Vorschlag von Johannes vom Berge hatte, als Henric Longhe die Arme hob, um sich Gehör zu verschaffen. »Was wäre, wenn wir diesen Fall bei einer außerordentlichen Bursprake besprechen würden?«, schlug er vor. »Wir könnten am Tage vor dem St. Veitsmarkt eine einberufen, so bekämen die Hamburger die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob die Hexe dann dort verbrannt werden soll oder nicht.«
    »Eine gute Idee«, stimmte Folpert Krempe zu, womit er manch einem der Versammelten aus dem Herzen sprach.
    Die Bürgerversammlung! Das schien für die meisten der Männer ein geeigneter Mittelweg zu sein. Immer mehr zustimmende Rufe ertönten, dann begannen die ersten Ratsherren, ihre Billigung durch das übliche Klopfen auf den Tisch kundzutun.
    Der Bürgermeister brauchte nicht mal eine Abstimmung vorzuschlagen, zu seinem Entsetzen waren fast alle Ratsmänner dafür, Runa von Sandstedt dem Urteil der zornigen unteren Stände zu überlassen. Gebieterisch hob er kurz die Hand, um die Männer zur Ruhe zu bringen, und sagte: »Meine Herren, ich sehe, dieser Vorschlag trifft auf allgemeine Zustimmung – drum sei er beschlossene Sache. Doch ganz gleich, was der Tag der Bursprake bringen wird, wir werden mit der Vollstreckung der Strafe warten, bis die Dame Runa ihr Kind geboren hat. Ich sage außerdem deutlich, dass ich ein Gerichtsurteil vorgezogen hätte.« Dann richtete er das Wort an Johannes vom Berge. Wie gerne hätte er dem eitlen Kerl seinen Hochmut mit passenden Worten ausgetrieben! »Wenn Ihr auch diesen Vorgang beschleunigen wollt, vom Berge, dann müsst Ihr wohl ins Verlies gehen und die Dame bitten, sich mit ihrer Geburt etwas zu beeilen.«
    Das Gespräch mit Graf Johann II. war anders verlaufen, als er es geplant hatte. Freundlich wurde er auf der Burg empfangen und übermäßig gut bewirtet, doch als er in die Halle vor den Grafen geführt wurde, sagte schon dessen Blick, was er zu erwarten hatte. Johann Schinkel war sich von Anfang an darüber bewusst gewesen, wie gering seine Erfolgsaussichten waren, doch mit einer derart entschiedenen Ablehnung seiner Bitte hatte er nicht gerechnet.
    Johann II. war ganz anders als sein blinder, jähzorniger Bruder Gerhard II. Er blieb stets höflich und beherrscht, doch seine Freundlichkeit täuschte nicht darüber hinweg, dass er jeden Versuch des Ratsnotars, ihn von einer Versöhnung zu überzeugen, strikt ablehnte.
    Es war zwecklos, und darum hatte sich Johann Schinkel nach einem letzten Gruß an Walther auf den Weg zurück nach Hamburg gemacht. Er kam ungewöhnlich schnell voran – zu schnell in Anbetracht dessen, was ihn in seiner Heimat erwartete. Johann wünschte fast, er würde sein Ziel niemals erreichen, wohl auch deshalb, weil er Runa in Sicherheit wähnte, solange er auf Reisen weilte.
    Von diesem Gedanken beherrscht legte er eine Rast in der Stadt Segeberg ein. Schon von Weitem sah er die mächtige Siegesburg, die hoch oben auf dem Kalkberg thronte. Sie war die Heimat von Graf Adolf V. und seiner Gemahlin Euphemia von Pommern.
    Johann selbst fand Obhut bei den

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