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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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dem Fenster und reckte den Hals, um zu erkennen, was so interessant war.
    Johann Schinkel schalt sich einen Narren. Wie konnte er nur so unvorsichtig sein! Auch wenn der Bürgermeister wohl kaum in der Lage war, seine Gedanken zu lesen, war sein Verhalten doch unnötig gewesen.
    »Ah, nun weiß ich, was Ihr seht.«
    Der Ratsnotar zuckte zusammen und starrte den Bürgermeister an, der unverwandt nach draußen blickte.
    Die Augen zu kleinen Schlitzen verengt bemerkte dieser: »Ein ziemlich großes Gefolge, mit dem Johannes vom Berge zu reisen beliebt, nicht wahr?«
    Da erst fiel Johann auf, dass neben den Beginen eine Gruppe Berittener zu sehen war, in deren Mitte sich Johannes vom Berge befand.
    »Muss entweder eine weite Handelsreise sein, auf die er sich da begibt, oder aber er hat eine kostbare Fracht dabei, für die er so viele Wachen benötigt«, schlussfolgerte Willekin Aios.
    »So wird es sein«, bejahte der Ratsnotar, dankbar darüber, dass Johannes vom Berge ihm eine passende Erklärung geliefert hatte.
    Die Männer begaben sich zurück zu ihren Sesseln und dem Wein, den Jacob ihnen gerade gebracht hatte, und setzten ihre Unterhaltung fort.
    »Ihr sagtet eben, Eure Reise sei in keiner Weise von Erfolg gekrönt gewesen. Darf ich daraus folgern, dass auch unser zweites Anliegen kein Gehör gefunden hat?«, fragte der Bürgermeister bedrückt.
    »Leider ja. Wie es scheint, sind die Grafen alle drei nach wie vor gewillt, jeder einen Vogt einzusetzen. Um ganz offen zu sprechen: Ich denke nicht, dass Graf Gerhard II. mit guten Worten allein von diesem Vorhaben abzubringen ist«, gestand Johann Schinkel.
    »Das ist schlecht. Was schlagt Ihr vor?«, fragte der Bürgermeister unverblümt.
    Johann war wieder ganz da mit seinen Gedanken. Wenn es darum ging, die städtische Macht zu stärken, war er nie um eine kämpferische Antwort verlegen. Er stützte sich mit der einen Hand auf den schweren Holztisch und ballte mit der anderen die Faust, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Die Schauenburger Grafen sind schon lange von den Einkünften Hamburgs abhängig. Wir müssen sie mehr unter Druck setzen und somit dazu zwingen, den jetzigen Vogt durch einen Vertrag dem städtischen Ratsgericht zu unterstellen. Schon lange hat der Rat das Recht des Marktgerichts inne, und mindestens ebenso lange gibt es die ratsherrlichen Beisitzer im Vogtgericht. Wir können noch mehr erreichen. Die Beisitzer müssen mehr Macht bekommen, auf dass sie auch befugt sind, Urteile zu fällen. Wenn wir das erreichen, wären nicht nur zwei weitere Vögte überflüssig, sondern auch der letzte Verbliebene. Wir sollten besser versuchen, sie gleich alle drei loszuwerden!«
    Willekin Aios war einen Moment lang zu überrascht, um etwas zu erwidern. Es war immer wieder beeindruckend: Im einen Moment hörte Johann Schinkel kaum zu, und nur wenig später sprühte er nur so vor Tatendrang. Der Bürgermeister machte ein anerkennendes Gesicht und sagte: »Ihr erstaunt mich, Schinkel. Anstatt mit einem bestehenden Problem umzugehen, wollt Ihr es gleich gänzlich aus der Welt schaffen. Das nenne ich Tatkraft. Ich denke, wir sollten keine Zeit verlieren und sofort ein entsprechendes Schreiben verfassen, welches wir den Ratsherren bei der nächsten Sitzung verlesen werden.«
    Johann nickte zufrieden. Genau darum mochte er Willekin Aios, dessen Eifer genauso groß war wie sein eigener. Mit hörbarer Ungeduld in der Stimme befahl er seinem Diener: »Jacob, geh und benachrichtige den Schreiber, dass ich ihn brauche.« Wie immer konnte Johann Schinkel die Antwort des Jungen nicht hören, doch da er sofort losflitzte, wie er es immer tat, sobald er ihn aus seiner Kammer entließ, ging der Ratsnotar davon aus, dass er wohl ausführen würde, was er verlangt hatte.

10
    Ava wurde von einer Ohnmacht übermannt, als sie hörte, dass ihr Gemahl verschwunden sei. Ihr ohnehin zierlicher Körper konnte der Aufregung nicht standhalten. Thiderichs Frau leistete keinerlei Widerstand, als Runa kam, um sie aus ihrem Haus auf der Grimm-Insel zu sich und Walther zu holen. Ihre beiden Kinder blieben derweil bei der Amme.
    »Ich danke dir, Kethe«, sprach Runa im Flüsterton, während sie besorgt auf ihre schlafende Freundin schaute.
    »Bitte, Runa, keinen Dank. Die arme Ava ist ja völlig außer sich vor Sorge. Die Kräuter aus dem Klostergarten werden ihr sicher helfen.«
    »Psst! Sprich besser nicht so laut, meine Liebe«, warnte Runa die Begine. »Ich möchte nicht, dass Vater

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