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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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wir Dr. Matsuo Koga finden konnten. Er sei ihr Onkel, erklärte sie. Die Frau kannte ihn natürlich. Er wohnte bei seiner Schwägerin, ganz in der Nähe. Wir bedankten uns und gingen in die Richtung, die sie uns zeigte. Überall, an jeder Straße und jedem Feldweg, liefen die Katzen unruhig herum, maunzten oder kratzten den Boden auf, wobei es schien, dass sie sich sogar vor den Menschen zurückzogen. Ihre Unruhe schuf eine seltsame,
beunruhigende Stimmung, die nicht zu den Strahlen dieser Landschaft passte. Das alles verwirrte mich, vermittelte mir ein ungutes Gefühl. Aber ich hatte diesen Tag ja schon fast von Anfang an seltsam gefunden. Und was meine Kopfschmerzen betraf, würde ich Dr. Koga zunächst mal fragen, was er davon hielt, und gleich morgen einen Termin bei einem Arzt abmachen. Bei meiner Hysterie und dem ganzen Drum und Dran wäre ein MRT wahrscheinlich angemessen.

31. Kapitel
    D as wohlgepflegte Haus lag am Ende eines kleinen Feldweges und schien zu den größten auf der Insel zu gehören. Es war von einer entlaubten Hecke umgeben, unter der wir  – wenig überrascht  – mehrere Katzen antrafen. Hinter dem Haus floss mit leisem Gurgeln ein kleiner, ruhiger Bach. Alles sah sehr idyllisch aus. Wir stießen ein niedriges Bambustor auf und gingen über einen schmalen steinernen Weg durch den Garten, in dem die Sträucher und Bäume noch ihre winterlichen Strohhüllen trugen. Man hatte uns kommen gehört. Die Tür ging auf, eine Frau kam uns lachend und sich verbeugend entgegen. Sie trug Jeans, dazu eine weiße Bluse und eine dicke Strickjacke mit Zopfmuster. Sie hatte ein faltenloses Gesicht und blitzende schwarze Augen. Ihr Haar war kurz geschnitten, zeigte nur wenige graue Strähnen und war mit zwei Spangen aus Schildpatt geschmückt. So seltsam es mir vorkam, sie hatte etwas an sich, das mich an Mia erinnerte, etwas Unbefangenes und Fröhliches. Ich dachte, dass Mia in dreißig Jahren ihr wohl ähnlich sein würde  – eine Vorstellung, die mir sehr gefiel.
    Sie begrüßte uns mit fröhlicher, klangvoller Stimme.
    Â»Ich bin Hatsue Ando. Sagt ruhig Hatsue zu mir. Onkel Matsues Frau Keiko war ja meine ältere Schwester. Und woher kommen Sie, junger Mann?«
    In meinem Alter hörte ich es gerne, wenn eine Frau, die selbst nicht mehr jung, aber doch noch recht anmutig war,
mich als junger Mann bezeichnete. Hatsue gewann sofort mein Herz.
    Mia stellte mich vor, und ich erklärte in  – zugegeben  – bemüht korrektem Japanisch, dass ich Deutscher war.
    Â»Oh, aus welcher Stadt denn?«, fragte sie interessiert. Und als ich sagte, dass ich aus Hamburg kam, klatschte sie begeistert in die Hände. Doch, Hamburg kannte sie. Und Buxtehude und Mannheim, und Berlin natürlich auch.
    Â»Als mein Mann noch lebte, sind wir mehrmals in Europa gewesen. Er ging immer gerne nach Deutschland, weil er Beethovens Musik so liebte. Die Pastorale, nicht wahr? Hörte er die Pastorale, dachte er immer an die Landschaften Deutschlands. Empfinden Sie das nicht auch so?«
    Ich auch, ach ja, ach ja! Ich wurde sofort sentimental, brachte außer einem Kopfnicken kein vernünftiges Wort zustande und dachte, dass die Japaner mich wohl mein Leben lang in Erstaunen versetzen würden.
    Hatsue führte uns ins Haus. Zunächst zogen wir im Eingang unsere Schuhe aus. Zwei schöne braune Katzen kauerten neben einem Blumentopf, blickten uns mit Augen an, so unergründlich grün wie das Eismeer. Ich wurde sofort von Melancholie befallen. Ach, Mafalda! Doch als wir die Katzen streicheln wollten, entzogen sie sich lautlos der Berührung. Sie legten die Ohren flach, duckten sich und bewegten langsam den Schwanz hin und her, was bei Katzen, Leoparden und Konsorten »Ich habe nicht nur Samtpfötchen, sondern auch Krallen« bedeuten kann.
    Â»Sie sind drei Jahre alt. Geschwister«, erklärte Hatsue. »Für gewöhnlich sind sie sehr zutraulich und zärtlich. Ich glaube, das Erdbeben sitzt ihnen noch in den Knochen. Mein Mann spürte Erdbeben auch. Kam ein Erdbeben, hatte er Kopfweh.«
    Â»Ich habe auch Kopfweh«, sagte ich.

    Hatsue nahm schwungvoll zwei Paar altmodische Filzpantoffel aus einem Regal und stellte sie uns vor die Füße.
    Â»Nun, dann werde ich Ihnen sofort einen starken Kaffee machen.«
    Â»Wie heißen die Katzen?«, erkundigte sich

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