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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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blöde Art mischen. Obwohl ich ziemlich nervös war, nahm ich bedächtig einen Schluck Kaffee.
    Â»Ja. Das Haus wurde von Leuten konzipiert, die ständig in einer Defensive lebten. Es ist ein Haus voller Verstecke und Fluchtwege.«
    Sie nickte höflich und hielt die Bemerkung, dass sie es ja war, die mir alles gezeigt und erklärt hatte, taktvoll zurück. Es war ihr ein bisschen peinlich. Mir auch. Ich gab mir einen Ruck.
    Â»In dieser Wohnung hier hast du nur wenige. Oder überhaupt keine.«
    Sie machte ein erstauntes Gesicht.
    Â»Was willst du damit sagen?«
    Â»Nur, dass du bei Gefahr hier nicht so schnell rauskommen würdest, wie du reingekommen bist. Was, wenn der Fahrstuhl stecken bleibt? Stell dir mal vor, achtundzwanzig Etagen zu Fuß! Und irgendwo brennt es oder es ist stockdunkel.«
    Sie fand mein Argument etwas seltsam, aber nicht weiter schlimm.
    Â»Warum sollte der Fahrstuhl stecken bleiben?«, fragte sie sachlich.
    Â»Wegen eines Stromausfalls.«
    Â»Und warum sollte Feuer ausbrechen?«
    Ich kam mir zunehmend idiotischer vor.
    Â»Ein Kurzschluss oder Ähnliches.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Â»Wir haben einen Generator. Das ganze Gebäude wird elektronisch gesteuert. Unser Computer wurde programmiert, die kleinste Störung wahrzunehmen und in Gedankenschnelle auf jede Veränderung zu reagieren. Du solltest dich mal im Computercenter im fünften Stock umsehen.
Wenn du willst, zeige ich es dir mal. Ich habe einen Schlüssel. Du würdest fasziniert sein und dir überhaupt keine Sorgen mehr machen.«
    Â»Je komplexer ein System ist, desto näher steht es dem Chaos«, dozierte ich, um meine Scharte auszuwetzen.
    Sie lachte und nahm es als Witz.
    Â»Du, das klingt sehr nach Aldous Huxley! Mach dir keine Gedanken. Der elektronische Standard ist so hoch, dass eigentlich nichts passieren kann. Darum reden wir ja auch von ›intelligenten Gebäuden‹. Ich glaube, mittlerweile sind sie sogar intelligenter als wir.«
    Â»Das mag schon sein«, erwiderte ich kleinlaut.
    Ihr Glaube an die Errungenschaften unserer neuen, schönen Welt war durch nichts zu erschüttern. Weil ich ihr nicht als wurmstichiger Kleinbürger auf die Nerven gehen wollte, schuldete ich ihr eine Erklärung.
    Â»Hör mal, ich habe kein Elfter-September-Syndrom. Es ist nur wegen dem, was du mir über die ›Windmenschen‹ erzählt hast.«
    Â»Ach so.«
    Sie sah mich perplex an; der Zusammenhang war ihr nicht klar. Hier kam sie mit ihrer pragmatischen Vernunft nicht weiter.
    Â»Sie waren immer auf dem Quivive, hast du gesagt. Aber die Zeiten ändern sich. Die Menschen werden plötzlich unachtsam. Gegner könnten das ausnutzen.«
    Jetzt verstand sie mich überhaupt nicht mehr.
    Â»Von welchen Gegnern redest du?«
    Ich erwiderte schnell, dass ich das alles nur symbolisch meinte. Weil man doch tendenziell dazu neigte, die Erfahrungen der Alten nicht mehr zu beachten. Und weil das ja auch irgendwie normal war. Die Jungen wollten ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen, und die Alten waren gekränkt,
weil die Jungen ganz radikal das Gegenteil des Überkommenen machten.
    Â»Redest du jetzt von Tante Azai?«, fragte Mia.
    Ein kleines Lächeln stand in ihrem Gesicht. Zum Glück glaubte sie nicht, dass ich eine Meise hatte. Aber ich war noch nicht fertig und sagte mit Nachdruck: »Ganz besonders von Tante Azai.«
    In mir entwickelten sich verschiedene Gedankenstränge, in denen die unverwüstliche Tante ihre Rätsel vernagelt hielt. Das war das Großartige an ihr, dass sie einfach nur im Raum saß und die Zeit an sich vorbeiziehen ließ.
    Â»Ich sehe schon«, sagte Mia.
    Ich seufzte innerlich auf. Nein, sie sah gar nichts. Trotz ihrem Scharfsinn deutete sie das, was ich ihr zu sagen versuchte, permanent falsch. Kein Wunder, war ich ja selbst kaum in der Lage, das, was ich empfand, in Worte zu fassen. Das Haus war doch wirklich schick und völlig in Ordnung. Wie formuliert man ein Gefühl jenseits eines Gefühls? Lieber Rainer, das wird gar nicht so einfach sein, würde es Mutter überspitzt formulieren.
    Ich blickte Mia zärtlich an. Das sinkende Licht beleuchtete ihr Gesicht, zeigte die edel geformten Knochen, die hohe Stirn. Ein energisches Gesicht, sehr erotisch und von scharfer Intelligenz geprägt. Und trotzdem gab es diese Dinge, die sie übersah. Das wusste ich so sicher wie sonst

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