Tod am Kanal
»Welchen Harms meinst du? Das ist
hier bei uns kein Name, sondern fast ein Sammelbegriff.«
»Fiete Harms, den ehemaligen Discountkönig.«
»Sicher. Den kennt hier jeder. Der hat
ordentlich Kies an den Hacken. Dabei ist er aber bodenständig geblieben. Netter
Kerl. Ist immer für ‘n Schnack zu haben.«
»Gibt es irgendetwas über den alten Harms, seinen Sohn
oder die Familie von der Hardt, was für uns von Interesse sein könnte?«
»Schwer zu sagen. Die Frau von der Hardt ist ein
besonderes Kaliber. Schickes Mädchen. Erfolgreich. Eloquent. Abgesehen davon,
dass sie das auch selbst weiß, gibt es nichts über sie zu sagen. Die spielt in
einer anderen Liga als wir Beamte.«
»Und Nico?«
»Das ist ein Sorgenkind. Mit dem haben wir schon öfter
zu tun gehabt. Der nimmt jedes Fettnäpfchen mit, das er findet.« Der
uniformierte Beamte zählte das auf, was sie schon aus den eigenen Ermittlungen
wussten. »Der junge Harms ist mit Nico befreundet. Jan ist allerdings nur ein
Mitläufer. Ich glaube, der stößt sich die Hörner ab. Sein Vater hält ihn an der langen Leine. Dafür kommen die beiden offenbar auch ohne Frau im Haus gut
miteinander aus.«
»Sonst gibt es nichts?«
Stefan Dettinger zögerte einen Moment. »Schwer zu
sagen. Wir hatten heute Nacht eine Merkwürdigkeit. Nichts für euch von der
Kripo. Kurgäste haben uns gegen elf angerufen, dass an der Seebrücke …«
»Die zur Arche Noah führt?«, unterbrach in Christoph.
»Wir haben nur die eine. Da haben sich ein paar
Jugendliche aufgehalten und Lärm veranstaltet. Sie haben allerdings niemanden
belästigt. Das wundert mich nicht. Das war so gegen elf. Zu der Zeit ist keiner
mehr draußen. Ich bin jedenfalls noch mal hin.«
»Und?«
»Da war nur noch einer. Der war aber nicht mehr
ansprechbar. Ich habe den Rettungsdienst alarmiert. Die haben den Burschen nach
Tönning ins Krankenhaus gebracht.«
»Das war nicht zufällig Jan Harms?«
»Nee. Den habe ich da nicht gesehen. Der Junge heißt
Patrick Wittenbrink und ist erst dreizehn. Der war voll wie eine Strandhaubitze.
Das müssen aber mehrere gewesen sein. Jedenfalls lagen da lauter leere Flaschen
herum.«
»Wer waren die anderen?«
Stefan Dettinger zuckte die Schultern. »Sorry. Keine
Ahnung. Patrick ist noch nicht ansprechbar. Und es gibt niemanden, der die
anderen identifiziert hat.«
»Wo sind die leeren Flaschen geblieben?«, mischte sich
Christoph ein.
Der Leiter der örtlichen Polizei sah Christoph
verdutzt an. »Die habe ich weggeräumt. In den nächsten Papierkorb, damit sich
niemand verletzt.« Dann zögerte Dettinger kurz. »Ich habe da noch eine Idee.
Ein Stück weiter längs – auf dem Parkplatz bei der Dünen-Therme, das ist unser
Freizeit- und Erlebnisbad – stand heute Morgen der rote Suzuki von Nico von der
Hardt. Daraus könnte man schließen, dass Nico einer der Beteiligten an diesem
Komasaufen gewesen sein könnte.«
»Binge-Drinking – interessant. Das gibt es jetzt sogar
schon bei euch in St. Peter?«
»Leider ja. Wir sind ja nicht aus der Welt.«
»Und Jan Harms? War der beteiligt?«
»Ich weiß es nicht, aber wo der junge von der Hardt
ist, ist Jan gewöhnlich nicht weit. Als der Dreizehnjährige im Vollrausch
zusammengebrochen ist, sind die anderen stiften gegangen.«
»Wie geht es Patrick?«
»Ich habe vorhin mit dem Krankenhaus telefoniert. Er
wird noch ein paar Tage dort bleiben müssen, weil er noch Probleme mit dem
Kreislauf hat. Lebensgefahr besteht aber nicht. Der Junge hatte eins Komma vier
Promille. Das ist eine ganze Menge für ein Kind in dem Alter.«
»Was sagen die Eltern dazu?«
»Die waren geschockt. Sie haben angeblich nicht
mitbekommen, dass ihr Sohn nicht im Hause war, und Stein und Bein geschworen,
dass so etwas noch nie vorgekommen ist. Trotzdem kommt Ungemach auf sie zu,
weil das Krankenhaus das Jugendamt in Husum benachrichtigt hat.«
»Wir haben noch eine weitere Frage.« Christoph hatte
es bisher weitgehend Große Jäger überlassen, mit Stefan Dettinger zu sprechen.
»Es geht um den Einbruch bei Harms.«
»Das muss in der Nacht auf Montag gewesen sein. Ich
bin allerdings erst mit einem Tag Verspätung informiert worden. Wilken Harms
sagte, er hätte den Vorfall nicht früher bemerkt.«
»Woher will er dann wissen, dass der Einbruch bereits
am Vortag stattgefunden hat?«
Dettinger zuckte mit einer Geste des Bedauerns die
Schultern. »Das habe ich ihn auch gefragt. Er bestand auf dieser Vermutung,
konnte es aber nicht
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