Tod am Laacher See
Grenzen.«
»Na klar«, sagte Wärmland verständnisvoll. »Hier soll niemand mehr
zu Schaden kommen. Wir haben schon vier Opfer. Das reicht.« Er ließ sich am
Ufer absetzen, um wie Zimmer den Rückweg zu Fuß zu nehmen.
Ganz in der Nähe stand ein junger Kommissar von der
Bereitschaftspolizei; die Kollegen von der Spurensicherung waren noch im
Gelände aktiv. Hier war der tote Dackel entdeckt worden, was darauf hindeutete,
dass sich der Täter möglicherweise an Land aufgehalten hatte. Rugowski, den
Wärmland kurz beiseitenahm, musste jedoch bedauernd feststellen, dass sie noch
keine nennenswerten Spuren gefunden hatten. Nirgends war Blut oder etwas
anderes, was auf eine Auseinandersetzung hingedeutet hätte. Nur ältere
Müllreste, die vermutlich von wenig umweltbewussten Seebesuchern herrührten.
Auch Spuren eines Kampfes, wie sie bei erwachsenen Männern zumindest
ansatzweise zu erwarten gewesen wären, hatten sie bisher nirgends feststellen
können. Aber die Beamten des Suchtrupps und der Hundeführer waren weiter in den
seenahen Waldabschnitten unterwegs. Wärmland konnte nur hoffen, dass sie
weitere Spuren oder vielleicht sogar die beiden anderen Vermissten finden
würden.
Wärmland erreichte den Campingplatz nach einer Viertelstunde.
Unterwegs hatte er seine Haare einigermaßen mit Papiertaschentüchern
getrocknet, die er in seiner Tasche gefunden hatte. Regine Nau stand noch immer
am Steg, nun allerdings in Begleitung von Trobisch. Beide schauten ihm
erwartungsvoll entgegen.
»Ich dachte, ich guck mal vorbei, wenn du hier am See angeln gehst.
Schon was gefangen?«, frotzelte Trobisch.
Wärmland nickte. »Zwei von den vier Männern sind da draußen im
Wasser«, antwortete er ernst. Er setzte sich auf eine Bank in der Nähe des
Stegs. »Die beiden anderen werden auch da sein.«
Er hatte kaum Platz genommen, da läutete sein Handy. Es war der
Bootsführer, mit dem er vorhin gesprochen hatte. Er teilte Wärmland mit, dass
seine Männer zwei weitere Leichen im See gefunden hatten. Auf die gleiche Weise
unter Wasser befestigt wie die ersten beiden.
»Okay, unser Gerichtsmediziner langweilt sich hier schon eine ganze
Weile. Vielleicht können Sie ihm etwas Arbeit mitbringen.«
»Keine Sorge, die wird er bald haben.«
Nach einer weiteren halben Stunde waren alle Leichen geborgen und an
Land gebracht worden. Dass die vier Männer einem Gewaltverbrechen zum Opfer
gefallen waren, war klarer als das glasklare Seewasser. Obwohl die
entscheidende Detailarbeit nur in der Gerichtsmedizin in Bonn geleistet werden
konnte, nahm Dr. Leyendecker eine erste Leichenschau vor und gab gegenüber
Wärmland, Trobisch und Regine Nau seine ersten Eindrücke wieder.
»Hier kann ich vorläufig nur Folgendes sagen: Der alte Mann hat
anscheinend ein gebrochenes Genick. Bei einem der anderen habe ich auf Anhieb
nur leichte Abschürfungen und Prellungen an den Unterarmen gefunden. Vielleicht
wurde er ertränkt. Einer hat eine schwere Durchschusswunde im Bauchbereich, die
aber nicht zwingend tödlich war. Das Loch im Schädel des Vierten hingegen war
in jedem Fall sofort tödlich. Details dann später, wenn ich die vier näher
kennengelernt habe.«
***
Die eilig einberufene Sechzehn-Uhr-Besprechung im Koblenzer
Polizeipräsidium machte deutlich, welch große Aufmerksamkeit der Fall erhielt.
Sechs Morde innerhalb von wenigen Stunden waren ein Ereignis, das es in dieser
Form auch für die Kriminalisten des Koblenzer Polizeipräsidiums nicht alle Tage
gab. Im Besprechungsraum in der ersten Etage des Hochhauses am Moselring waren
bereits zwölf Koblenzer Beamte anwesend, als die Mayener Abteilung eintraf, mit
Wärmland und seiner Vorgesetzten, Kriminaloberrätin Ruth Melchior, an der
Spitze. Sie hatten Felix Reuter, Regine Nau und den Kommissar Kai Wiesmann
dabei.
Auf Präsidiumsseite waren außerdem der Chef der Koblenzer
Kriminaldirektion Wolfram Burbach und die Leiterin der Zentralen
Kriminalinspektion Andrea Schumacher anwesend. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft
war durch die Oberstaatsanwältin Anke Dewald vertreten, die die Anklage führen
würde, wenn es zu einer Festnahme kam, eine ausreichende Beweislage
vorausgesetzt.
Wärmland und seine Kollegen begrüßten alle Anwesenden in der
hierarchischen Reihenfolge, wobei die Staatsanwältin quasi einen Sonderstatus
innehatte.
Direktorin Schumacher überraschte Wärmland mit der Frage, wie es
denn seinem Sohn ginge. Wärmland war ihr schon länger nicht mehr begegnet und
fand
Weitere Kostenlose Bücher