Tod am Laacher See
nur, dass da draußen jemand war, der dringend zu mir
hereinwollte.«
»Und wer hätte es sein können, vor dem Sie solche Furcht hatten,
dass Sie fliehen wollten?«
Petry waren auch diese Fragen sichtlich unangenehm. Er versuchte es mit
einem Ausweichmanöver.
»Sie haben mich wegen des Sees gefragt, weil dort am Montag diese
schrecklichen Dinge geschehen sind. Das kann ich gut verstehen. Aber das hier
hat nichts mit meiner Arbeit am Laacher See zu tun. Oder nur indirekt. Ich weiß
nicht, ob Sie mich so einfach nach allem fragen können, was mein Leben
ausmacht.«
»Wir können Sie grundsätzlich nach allem fragen«, erwiderte
Wärmland. »Egal ob nach dem Wetter oder nach den Gründen für Ihr
Fluchtverhalten. Sie können natürlich einen Anwalt bemühen. Aber bisher werfen
wir Ihnen nichts vor. Sie sind nur ein Mitbürger, der sich ein klein wenig
auffällig verhalten hat. Und das macht Ermittler, oder Mordermittler, wie wir
es sind, naturgemäß etwas misstrauisch. Wollen Sie sich anwaltliche Hilfe nehmen
für unsere Fragen?«
»Nein, äh, also ich denke, ich sage Ihnen einfach, wie es ist. Es
ist nichts Illegales. Es ist vielleicht etwas ungeschickt. Aber völlig
rechtens.«
»Lassen Sie mich raten«, sagte Trobisch. »Sie haben sich Geld
geliehen und können es nicht im vereinbarten Zeitrahmen zurückzahlen.«
Petry war sichtlich überrascht von der direkten Ansage. Sein
erstauntes Nicken kam seiner Antwort zuvor. »Sie haben richtig vermutet. Das
Dumme dabei ist, dass ich mich an die falschen Leute gewandt habe. Die
verstehen bei diesen Dingen keinen Spaß. Ich dachte, Sie wären ein
Schlägerkommando, das mich einschüchtern soll. Aber dann hab ich Sie im
Rückspiegel gesehen. Sie sehen ja nicht gerade nach einer Schlägertruppe aus.
Na ja, und der platte Reifen hat das Übrige getan. Ich habe angehalten, meine
Panik bekämpft und bin zu Ihnen gekommen.«
»Das war die richtige Entscheidung«, meinte Wärmland. »Gut, dass wir
uns unterhalten konnten. Sie hätten sich sonst in ein ziemlich schlechtes Licht
gerückt und alles nur komplizierter gemacht. Jetzt haben wir ein Bild von
Ihnen, und Sie haben uns gesagt, dass Sie an dem fraglichen Morgen nicht am
See, sondern hier waren. Gibt es übrigens Zeugen dafür?«
Petry zuckte mit den Schultern. »Ich arbeite in der Regel allein.
Nur in der Hauptsaison, wenn es hier von Touristen wimmelt, stelle ich eine
Hilfskraft ein. Aber nur bis Ende Oktober. Bis dahin ist es hier unten an der
Mosel ja sehr lebhaft wegen des Weins.«
»Haben Sie da immer denselben Menschen, oder wechseln Ihre
Hilfskräfte?«, wollte Wärmland wissen.
»Es ist besser, wenn man jemanden hat, der sich etwas auskennt mit
der Materie. Ich habe eine ältere Frau aus dem Dorf, die früher einmal
Fleischereifachverkäuferin war. Die ist noch kräftig trotz ihrer sechzig Jahre
und kann auch noch Kisten mit Fisch stemmen. Das funktioniert schon seit sechs
Jahren sehr gut.«
»War diese Dame am vergangenen Montag auch hier im Betrieb?«
»Nein, montags hab ich keinen Verkauf. Nach einem langen Samstag und
Sonntag bleibt der Verkaufsraum dann mal geschlossen, und ich erledige andere
Arbeiten.«
»Würden Sie uns bitte trotzdem Name und Adresse dieser Dame
aufschreiben?«
»Äh, muss das denn sein? Sie können sich doch vorstellen, wie
schnell hier Gerüchte die Runde machen, wenn sich die Polizei bei einem meldet.
Dann heißt es gleich, der Petry muss was ausgefressen haben.«
»Tut uns leid, Herr Petry«, erwiderte Trobisch mitfühlend, »aber wir
haben sechs Morde vor der Brust. Da müssen wir einsammeln, was wir kriegen
können. Und glauben Sie mir: Wenn wir selbst im Dorf rumfragen müssen, wer bei
Ihnen arbeitet, wird es noch auffälliger. Meinen Sie nicht auch?«
Petry seufzte, nahm einen Bierdeckel und schrieb mit einem
Bleistift, den er aus einer der Taschen seiner Latzhose zog, einen Namen und
eine Adresse auf die runde Pappe. Nach kurzem Zögern fügte er auch noch eine
Telefonnummer hinzu.
Wärmland war zufrieden. »Na gut. Hier haben Sie meine Karte. Sollte
Ihnen noch irgendetwas einfallen, dann melden Sie sich bitte.« Er bemerkte
deutlich die Erleichterung, die den Fischer in diesem Moment durchströmte. Der
Mann atmete auf und straffte seinen Rücken, als seien seine Lebensgeister
zurückgekehrt, die ihn im Angesicht einer Bedrohung verlassen hatten.
Wärmland war sich nicht sicher, ob sie schon alles aus diesem Mann
herausgeholt hatten. Die Geschichte mit den
Weitere Kostenlose Bücher