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Tod am Zollhaus

Tod am Zollhaus

Titel: Tod am Zollhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Unglücke, Unfälle oder Attentate. Es fand sich kein neues Bindeglied, keine logische Erklärung für diese mörderische Wut, die jemand auf ihn haben musste.
    Und immer noch verstand er am allerwenigsten den Mord an Behrmann.
    Wenn er bis zum späten Vormittag nichts von Martin erfuhr, musste er Joachim mit seinem Verdacht konfrontieren. Zumindest wollte er ihn nach seinen Schulden fragen. Es war unmöglich, Joachim wie jeden Mittag an der Börse zu treffen und so zu tun, als wäre nichts geschehen.
    Streitende Stimmen drangen von der Straße herauf. Eine raue, tiefe, das war ohne Zweifel Berthold, einer der beiden Wächter. Und eine hohe, aufgeregte Frauenstimme.
    Claes sprang auf. Es war eine englische Stimme, das konnte nur Anne sein.
    Immer zwei Stufen auf einmal sprang er die Treppe hinunter, rannte durch die Diele, wuchtete den Balken zur Seite und öffnete die Tür.
    Es war nicht Anne, die da mit den Wächtern stritt, es waren Françoise, ihre Zofe, und Matthews’ Kontorbote.
    «Verzeiht, Herr», Brooks hielt die strampelnde Françoise mit beiden Armen fest. «Die verrückte Frauensperson will unbedingt rein. Ist wichtig, sagt sie. Kann ich aber nich glauben, mitten in der Nacht. Wir verstehn sie auch nich richtig, spricht was Fremdes. Englisch, glaub ich, oder Französisch. Oder beides durcheinander.»
    «Monsieur! Mademoiselle Anne …»
    «Ganz ruhig, Françoise.» Er befreite sie aus Bertholds Umklammerung und schob sie und den Kontorboten in die Diele. «Ist schon in Ordnung, Berthold. Das Mädchen hat eine Botschaft für mich. Ihr habt es trotzdem gut gemacht, an euch beiden kommt keiner vorbei. Blohm, was tust du hier?»
    Der Diener stand, in einen dicken Schlafrock gewickelt, das Holzbeil in der Faust, mit grimmigem Gesicht in der Diele. «Geh wieder ins Bett, mein Alter. Es ist alles in Ordnung. Aber sieh mal in der Küche nach, ob du für unsere beiden Ritter vor der Tür noch was Wärmendes zu trinken findest.» Schnell schob er das Mädchen und seinen Begleiter die Treppe hinauf in sein Kontor.
    Ihre Botschaft war schrecklich. Anne war verschwunden.
     
    Es war schon spät, bestimmt nach zehn, und Anne wollte gerade zu Bett gehen, als ein Bote kam.
    Claes Herrmanns erwarte Anne in seinem Speicher am Cremon. Es sei eine ungewöhnliche Zeit, aber sehr dringlich. Sie möge gleich kommen, der Bote werde ihr den Weg zeigen.
    Sie war gleich mit ihm gegangen. An der Tür hatte sie sich noch einmal umgedreht und ihr, Françoise, leise aufgetragen, zu Monsieur Herrmanns zu gehen, falls sie bis Mitternacht nicht zurück sei. Die Messieurs Braniff und Matthews seien nämlich in Lübeck. Aber sie habe nun nicht mehr länger warten können.
    Nein, Françoise wusste nicht, ob Anne nach seinem Namen gefragt habe. Warum auch? Er war irgendein Bote. Allerdings, wenn sie es recht bedenke, ein düsterer Kerl in schmutzigen Stiefeln.
    Herrmanns nickte. Es war egal. Er hatte keine Boten geschickt, aber er ahnte, bei wem Anne jetzt war.
    Wenn ihr irgendetwas geschah, nur irgendetwas, sollte die Welt ihn kennenlernen. Und vor allem dieser eine. Was für ein teuflischer Einfall. Warum Anne? Sie war doch am wenigsten mit seinem Haus verbunden.
    Und wenn das alles nur eine List war, ein Hinterhalt? Wenn er sich in ihr täuschte, wie er sich in Agnes getäuscht hatte? Wenn sie gemeinsam mit Matthews und Braniff ein böses, ein mörderisches Spiel mit ihm trieb?
    Wieso waren die gerade heute nach Lübeck gefahren? Waren sie überhaupt in Lübeck?
    Er atmete tief und spürte eine kalte Ruhe. Er würde sich von diesem Irrsinnigen nicht in blinde Panik drängen lassen, sondern klug und überlegt handeln. Er fühlte, dass Anne lebte. Er wusste es. Aber wenn er jetzt nicht das Richtige tat, und zwar sehr schnell … Weiter wagte er nicht zu denken.
    «Augusta!»
    Der Lärm auf der Treppe hatte sie heruntergelockt, nun stand sie mit angstvoll geweiteten Augen in der Tür. «Was ist geschehn, ist wieder jemand …»
    «Anne ist verschwunden. Aber mach dir keine Sorgen, ich weiß, wo sie ist.»
    Er werde später alles erklären. Hastig gab er ihr ein paar Anweisungen, vor allem sollte Piet die Stadtwache alarmieren, warf seinen Mantel über und griff nach dem Stock.
    Zum ersten Mal bedauerte er, dass er keine Pistole besaß. Er würde Brooks mitnehmen. Die beiden Arbeiter, die in der Kammer im hinteren Speicher schliefen, sollten helfen, das Haus zu bewachen.
    Der Regen peitschte ihm ins Gesicht, sein Hut flog davon, und das

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