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Tod am Zollhaus

Tod am Zollhaus

Titel: Tod am Zollhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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um manches Geschäft zu bringen. Ihr vertrautet mir einfach zu sehr. Es war auch einfach, ab und zu falsche Gebühren und Summen zu berechnen, um Eurem guten Namen zu schaden. Das fiel mir jedoch immer am schwersten. Ich ließ manchen Eurer Briefe verlorengehen oder zögerte sie zu lange hinaus. Wenn Ihr dies gelesen habt, will ich Euch peinlich Rede und Antwort stehen.
    Er sagte mir, er wolle Euch ärgern, nicht ruinieren oder sonst ernstlich schaden, aber doch zu schweren Einbußen verhelfen. Er versuchte immer wieder, mich dafür zu bezahlen, aber ich wollte kein Gold. Später, wenn er etliche Eurer Handelsverträge übernommen hatte, sollte ich sein erster Schreiber werden. Es erschien mir gerecht, nun nicht mehr Euch zu dienen, sondern mit meinen Fähigkeiten Euren heimlichen Konkurrenten zum Erfolg zu verhelfen.
    Glaubt mir, ich war nicht glücklich in dieser Zeit, aber die schwärende Wunde in meiner Seele trieb mich, weiterzumachen. Jeden Tag sagte ich mir, hör auf, aber eine böse Stimme in meinem Kopf schalt mich als kleinmütig und dumm, und so machte ich weiter.
    Euer Unglück auf Jersey erschütterte mich tief. Ich dachte nie daran, dass es van Stettens Werk sein könnte. Aber dann explodierte die Bark. Van Stetten wusste von mir genau über Eure Schiffe, die Ladungen, Häfen und Routen Bescheid. Mein Argwohn war erwacht und ließ sich nicht mehr besänftigen.
    Nun, nach quälenden Wochen, wollte ich Gewissheit und forderte von ihm die ganze Wahrheit. Ich drohte, Euch sonst alles zu offenbaren. Van Stetten, der Euer bester Freund zu sein vorgibt, bewies mir seine ganze Ruchlosigkeit. Der Unfall auf Jersey und die Explosion der
Katharina
in Lissabon waren sein Werk. Er hat es nur vage angedeutet, aber es scheint, als habe er in St. Aubin einen Verbündeten im Haus Eures Freundes St. Roberts.
    Ich weiß nicht, warum, aber van Stetten will Euch vernichten. Und er glaubt immer noch, ich helfe ihm dabei bis zum Ende.
    Ich schreibe diesen Brief, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich stark genug sein werde, Euch dies alles zu berichten, ohne die Fassung zu verlieren. Es ist zugleich das schriftliche Geständnis, das Ihr sicher von mir fordern werdet. Ihr denkt, ich bin nichts als ein trockener Rechner, frei von allen menschlichen Leidenschaften. Es ist mir nicht gegeben, zu zeigen, was meine Seele fühlt, aber ich versichere Euch: Sie vermag tief, brennend und ehrlich zu fühlen.
    Ich will Euch diesen Brief geben und bei Euch sitzen, wenn Ihr ihn lest. Ich will meine Verbrechen gestehen und Zeugnis gegen van Stetten ablegen. Dann lege ich mein Schicksal in Eure Hände.»
     
    Sebastian ließ den Bogen sinken.
    «Das war’s. Unterschrieben hat er mit …, wartet, es ist kaum zu entziffern, mit
Johannes Behrmann, Sohn von Hanna Behrmann und Claes Herrmanns, d. Älteren

    «Was für ein Melodram», seufzte Helena.
    Dann schwiegen alle. Der Brief bewies Joachim van Stettens Schuld. Aber er bewies immer noch nicht Jeans Unschuld. Die Richter würden nur glauben, dass Jean in van Stettens Auftrag getötet hatte.
    «Wir müssen van Stetten dazu kriegen, dass er gesteht.»
    «Eine wunderbare Idee, Rosina», spottete Titus. «Wir bitten den Richter ganz freundlich, er möge uns in van Stettens Haus begleiten. Das wird er mit dem größten Vergnügen tun, er mag uns ja so gut leiden. Und van Stetten wird sofort sein Haupt mit Asche bestreuen und gestehen, dass er Behrmann höchstpersönlich erstochen hat.»
    «So kommen wir nicht weiter, Titus.» Sebastian faltete den Brief zusammen und steckte ihn wieder in sein Wams. «Ich weiß auch nicht, wie wir es anstellen sollen. Aber Rosina hat recht. Uns muss etwas einfallen. Helena, ihr solltet morgen mit Frau Augusta sprechen. Glaubst du, dass sie euch empfängt?»
    Helena nickte. «Wir werden es versuchen.»
    «Gut.» Sebastian stand auf und streckte seine von der Kälte und dem krummen Sitzen steifgewordenen Glieder.
    «Komm, Titus, der Brief muss wieder in Behrmanns Schublade. Wir müssen uns beeilen.»
    «Bist du verrückt? Du hast dir wegen diesem blöden Stück Papier fast den Hals gebrochen, und jetzt willst du es zurückbringen?»
    «Ja, und zwar schnell. Sieh dir diese schreckliche Schrift an. Ich denke, da ist ihm das Laudanum ausgegangen, und das hat seine Hand zittern lassen. Aber es ist leicht, zu behaupten, dass das gar nicht Behrmanns Schrift ist. Wenn wir diesen Brief als Beweis vorlegen oder wenn er bei uns gefunden wird, glauben alle, wir hätten ihn

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