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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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sonst?«
    Niccolò legte sich zufrieden auf den Boden, den eine karierte Plastikplane bedeckte und der wunderbar gemütlich wirkte. Er ließ zu, dass seine schweren Lider sich schlossen, und glitt zufrieden in den Schlaf hinüber.
    Er war angekommen.
    Der nächste Morgen begann viel zu schnell, scheinbar direkt, nachdem er die Augen geschlossen hatte. Ein Napf mit Trockenfutter stand plötzlich neben dem Wasser. Als er etwas zu sich genommen hatte, kam ein Mensch und ging mit ihm in den Garten, wo Niccolò sich einen schönen Baum zur Erleichterung aussuchte. Danach wurde er in eine Transportbox gesperrt und auf die Ladefläche eines kleinen Transporters gehievt, wo bereits eine fauchende Katze eingesperrt saß, die mit ihren schwarzweißen Pfoten immer wieder zwischen die Stäbe fuhr, als könnte sie diese dadurch weiten, sich herauszwängen und fortlaufen.
    Schon nach kurzer Fahrt hielt der Wagen wieder, und Niccolòs Box wurde ruppig herausgehoben. Der kleine Windhund legte sich flach auf den Boden, die Beine so von sich gespreizt, dass er trotz des schnellen Ganges nicht immer wieder hin und her geworfen wurde. Es blieb keine Zeit,darüber nachzudenken, was mit ihm geschah, ob er wie die Katze hätte versuchen sollen, die Box zu öffnen, oder wieso er überhaupt die Tierarztpraxis hatte verlassen müssen, wo er doch immer noch nicht atmen konnte wie früher. Seine vergitterte Klappe wurde aufgerissen, und Niccolò landete in einem Käfig, deutlich größer als der zuvor. Mit Futter- und Wassernapf aus Blech, die unter dem Dachvorsprung einer abwaschbaren Plastikhundehütte standen. Über ihm war keine Decke, sondern ebenfalls ein Gitter, und direkt darüber der Himmel, an dem sich nun Wolken ineinanderschoben und auftürmten. Niccolò war allein.
    Bis auf den Pudel.
    »So sieht man sich wieder!«, sagte dieser. »Pass auf, dass der Regen dir hier nicht das Fell versaut, sonst kommst du nie wieder raus. Guck nicht so überrascht, ich war bei der ersten Fuhre. Ich kenn das Tierheim schon. Ist jetzt das dritte Mal.«
    »Warum warst du denn eigentlich beim Tierarzt?«
    »Weil ich vor einiger Zeit die heiße Hündin der Nachbarn bestiegen habe. Jetzt hat die reinrassige Schönheit Junge, mein ehemaliges Herrchen Ärger und ich kein Zuhause mehr.«
    »Wie kommt man hier raus?«, fragte Niccolò und schritt den Käfig ab, Gitterstab für Gitterstab, jeder gleich, jeder trennte ihn von der Welt. Er biss auf einen, doch er war härter als alle Knochen, auf denen er jemals gekaut hatte. Und die Stäbe waren so dicht beieinander, dass selbst er nicht zwischen ihnen hindurchkam.
    Der Pudel schien seine Frage nicht gehört zu haben. »Letztes Mal hatte ich den Käfig nahe dem Eingang, das ist der beste. Meist nehmen die Menschen den ersten Hund mit, der sie freundlich anwedelt. Hier hinten sind wir ziemlich am Arsch. Bist du eigentlich absolut reinrassig?«
    »Ich bin ein Italienisches Windspiel!«
    »Sollte keine Beleidigung sein. Verbessert auf jeden Fall deine Chancen. Andererseits ist die Konkurrenz groß. Hier sind noch einige zurückgegebene Weihnachtshunde und die ganzen Jungs und Mädels von der letzten Urlaubswelle. Selbst wir zwei werden wohl einige Wochen bleiben müssen, vielleicht auch länger.«
    » Wochen?! «
    »Und wenn uns dann immer noch keiner geholt hat, kommt die Spritze. Aber keine Angst. Denk einfach dran: nicht knurren und kläffen, dafür ans Gitter schmiegen und streicheln lassen.«
    »Hast du eben Wochen gesagt? So lang Zeit hab ich nicht, ich muss zu Giacomo, damit er meine Menschen findet!«
    »Giacomo? Kenn ich nicht. Achtung, Mensch!« Der Pudel posierte an der Tür seines Käfigs und legte den Kopf schief. Dann begann er wimmernde Geräusche von sich zu geben. »Gegen mich hast du natürlich keine Chance, Windspiel. Nicht traurig sein.«
    Doch der Mensch kam gar nicht bis zu ihnen. Ein Schäferhund-Welpe hatte es ihm angetan. Der Pudel bellte empört. »Zuerst gehen immer die Kleinen weg. Dabei scheißen die noch die Bude voll.« Er ging in seine Hundehütte und begann, das Fell mit den Zähnen zu pflegen.
    Als es Mittag wurde, und die Sonne den Boden in eine Herdplatte zu verwandeln begann, ging auch Niccolò in die Hütte. Sie war kleiner als seine eigene in Rimella, und der Boden roch nach fremden Hunden und nach Angst.
    Am Nachmittag drehte Niccolò seine nächste Runde, um einen lockeren Gitterstab zu finden, dann noch eine Runde und noch eine. Irgendwann begann er zu rennen, einfach so,

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