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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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merken. Jetzt können wir die Wölfe wieder rauslassen.«
    Die Wölfin näherte sich, das Haupt gesenkt.
    »Was ist denn das?« Isabella kam mit dem Kopf wieder näher an das Gitter. »Die Wölfin muss gebissen worden sein!« Isabella ging einen Schritt zur Seite, damit sie keinen Schatten auf das Tier warf. »Gott sei Dank ist die Wunde nicht tief, sieht gut verheilt aus. Wenn Wölfe miteinander kämpfen, kann es ganz schön zur Sache gehen.« Sie sagte dies zu Niccolò gewandt, dem nun einfiel, wer die Wölfin gebissen hatte.
    »Tut ihr nur nichts, wenn sie euch freilässt. Mehr will ich nicht.«
    »Was hast du schon zu wollen? Dich töten wir zuerst. Du stehst doch mit den Zweibeinern im Bunde. Ich hätte dich damals in Rimella vernichten sollen.«
    »Dafür muss man aber schneller sein, als ihr Grauen es seid. Viel schneller!«
    »Glaubst du etwa, ich hätte damals nicht gesehen, wie du und dein Freund in der Gülle gesteckt habt? Wenn ich es gewollt hätte, dann wärst du jetzt tot, du kümmerlicher Hund.«
    »Und warum wolltest du es nicht?«
    Die Wölfin schwieg.
    Isabella stand auf, holte sich zwei der geborstenen Fassdauben,deren Enden besonders spitz waren, und kam zurück zum Käfig. »Stell dich am besten hinter mich, Niccolò. Da bist du sicher vor den Wölfen.«
    Aber Niccolò lief zum Ausgang.
    »Hör zu, Wölfin!«, rief er von dort Richtung Käfig. »Wenn ihr der Menschenfrau irgendetwas antut, belle ich, dann kommen die Männer wieder. Die sind bestimmt nicht so nett zu euch.«
    »Was machst du?«, rief Isabella leise, Angst in ihrer Stimme.
    Niccolò lief es eiskalt den Rücken herunter, so gut gefiel ihm das. Er sprang vorsichtig auf die Fässerpyramide, ganz nach oben. In Sicherheit vor den Wölfen.
    Als sie dies sah, nahm Isabella das Schloss ab, ging ein paar Schritte zurück und stieß mit einer der spitzen Dauben das Gatter auf. Die Wölfin wartete keinen Augenblick und rannte los, leicht humpelnd, ihre Mitgefangenen jagten hinter ihr her. Weder Isabella noch Niccolò würdigten sie eines Blickes, sprangen nur elegant über die geborstenen Fässer, glitten hintereinander aus dem offen stehenden Tor und waren weg, ohne dass von draußen ein Geräusch zu hören war, ein Warnruf oder ein Schuss.
    Freudestrahlend kam Isabella zu Niccolò, der von den Fässern zu ihr herunterhüpfte. »Du bist mein Glücksbringer, kleiner Niccolò! Tust du mir noch einen Gefallen, bevor wir dein Herrchen suchen? Ich würde mich sehr freuen, wenn ich dich zu einem kleinen Festmahl einladen könnte, um mich bei dir zu bedanken. Außerdem möchte ich dir gerne jemanden vorstellen.«
     
    Laetitia hatte es gesagt.
    Und jetzt war es passiert.
    Darum war Vespasian hier. Und riskierte alles.
    »Wenn ich eines Tages einfach verschwinden sollte,musst du die Kralle beobachten. Versprichst du mir das? Aber lass dich bei Romulus und Remus nicht erwischen!« Was seine Mutter damit gemeint haben könnte, wofür die Beobachtung der unheimlichen Beschützer ihres Rudels gut sein würde, wusste der junge Wolf nicht. Er gehorchte seiner Mutter, auf deren Weisung er sich immer hatte verlassen können. Ihr Verschwinden bedrückte ihn, doch Vespasian war wie jeder Welpe vom ganzen Rudel aufgezogen worden, Laetitias Fortgang war genauso schmerzhaft für ihn, wie es der jedes anderen Wolfs gewesen wäre.
    Doch es galt, ein gegebenes Wort zu halten.
    Sein Versprechen hatte ihn auf eine Straße geführt, die von der Mittagssonne erhitzt wurde. Um diese Zeit waren selten Zweibeiner unterwegs. Trotzdem konnten sie jederzeit auftauchen und ihn entdecken.
    Es war schwer, die Kralle im Blick zu behalten, ohne entdeckt zu werden. Ein Kirchturm war auszumachen, daneben ein hohes Dach, das ein großes, dunkles Loch aufwies.
    Vespasian hatte seine Krallen eingezogen, um kein Geräusch zu verursachen, wenn seine Pfoten den warmen Asphalt berührten. Der Untergrund war ungewohnt, und er begriff nicht, warum die Kralle auf dieser Straße lief, wo doch jeden Moment ein Wagen der Zweibeiner auftauchen konnte. Sonst scheute die Kralle Gefahr, schlug lieber aus dem Hinterhalt zu, ging kein Risiko ein. Dies hier war Irrsinn. Und dass er hinterherlief, genauso. Was hatte ihm Laetitia da nur für ein Versprechen abgerungen?
    Die Kralle wurde langsamer, als sie zu den ersten Häusern am Ortsrand kam, die noch nicht so eng aneinandergerückt waren wie die im Zentrum um den schützenden Kirchturm versammelten.
    Zeitgleich blieben die drei Wölfe stehen und

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