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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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zitternd zog er sichwieder zurück, blieb aber in der Nähe sitzen, kaum eine Schnauzenlänge von Laetitia entfernt.
    »Sprich ruhig, Laetitia. Öffne dein Maul, auf dass ich es dir für immer schließe.«
    Doch sie blieb stumm.
    »Wärest du nur immer so weise gewesen, geliebte Laetitia. Du warst meine Gefährtin, die Herrscherin an meiner Seite. Aber auch die Mächtigen sind nicht vor dummen Gedanken gefeit. Glaubst du etwa, ich hätte nicht mitbekommen, wie du dich seit deiner so genannten Entführung verändert hast? Wie du hinter meinem Rücken intrigiert hast, wie dein Gift in Vespasian eindrang? Und der Zweck? Ein eigenes Rudel zu bilden, eines ohne mich. Ja, ich weiß davon! Sie haben es mir berichtet. Sind zu mir gekommen, um zu beichten. Was hast du erwartet? Du bist nicht mehr ihre Leitwölfin, und mit mir haben sie ihren größten Triumph errungen.«
    »Wovon redest du?«, fragte Laetitia, die nicht länger schweigen konnte. Das war nicht ihre Art und würde es auch jetzt nicht werden. Egal, ob sie dadurch in Gefahr geriet. »Du hast uns ein leeres Dorf besetzen lassen – was für ein Erfolg! Gehören wir hier hin? Nein! Und wir werden es niemals. Aber ein neues Rudel wollte ich nur gründen, weil du, den ich so lange bewundert habe, der du über all die Jahre ein großer Führer warst, deinen eigenen Bruder töten ließest. Ich habe Aurelius’ Leiche gefunden.«
    Grarr stieß wütend einen verkohlten Holzbalken neben sich um, ein Teil des Daches krachte daraufhin hinunter. Laetitia bewegte sich nicht, der Großteil ihres Körper schlief noch immer.
    »Er war eine Gefahr für mein Rudel. Alt und schwach war er, seine Zeit vorbei. Aurelius’ Tod war für alle das Beste. In dieser schweren Zeit hätten wir keinen Zweifler gebrauchen können. Eine Spalterin wird ebenfalls nicht akzeptiert. Und nun wirst du mir verraten, wer zum innersten Zirkel deinesAufstandes gehört. Vespasian sicherlich, so viel ist klar. Du wirst mir nun mitteilen, was er gerade treibt. Er ist sicherlich nicht ohne Grund verschwunden. Hält er den Kontakt zu den Zweibeinern, die unser Wasser vergiftet haben? Gibt er ihnen im Augenblick neue Hinweise, wie wir zu bezwingen sind?«
    »Du beschwörst unseren Untergang doch selbst herauf, indem du Kinder von Zweibeinern entführen lässt!«
    »Wer hat dir davon erzählt? Dein Spion Vespasian? Bei Romulus und Remus, den werde ich mir persönlich vornehmen. Es wird mir ein besonderes Vergnügen sein, ihn leiden zu sehen.«
    Nie hätte Laetitia ihren Sohn verraten, der sich zu ihr geschlichen und alles berichtet hatte. Sie wusste nun, dass jede Diskussion mit Grarr, jeder Versuch, ihm seinen Irrweg klarzumachen, zum Scheitern verurteilt war. Sie erwartete nur noch die kommenden Schmerzen.
    Und den Tod.
    Doch Grarr hatte vorerst anderes im Sinn.
    »Doch jetzt gehörst du erst einmal mir, Wölfin«, knurrte er, packte sie am Nacken und zerrte ihren Körper über einen heruntergestürzten Balken. Er wollte sie besteigen. Es würde ein bloßes Besitzergreifen sein. Nach dem traditionellen animalischen Spiel schien ihm nicht der Sinn zu stehen.
    Es war Grarrs Recht, sich mit ihr zu paaren, und ihre Pflicht, für Nachwuchs zu sorgen. Doch über den genauen Zeitpunkt konnte sie immer noch mitbestimmen. Eine einfache Befehlsempfängerin war sie nie gewesen. Hier über dem verkohlten Balken zu liegen, sich nicht bewegen zu können, ihren Rang nicht behaupten zu dürfen, den Werber nicht abweisen zu können, war demütigend. Sie war noch nicht einmal in der Hitze. Laetitia begann zu knurren, ihre Züge verzerrten sich zu einer Fratze des Angriffs, die Zähne wollten sich in Grarr bohren, die Hinterläufe auskeilen.
    »Jetzt bin ich endlich dran!«, schrie dieser. »Habe ich das nicht verdient?« Er stellte seine Vorderläufe auf ihren Rücken, drückte dann Laetitias Haupt herunter. Mit aller Härte gegen das verbrannte Holz.
    In diesem Moment der Hilflosigkeit wurde die schon lange in Laetitia heranwachsende Rache endlich geboren. Sie war stark und fauchend, gierte danach, hinausgelassen zu werden und ihren einzigen Sinn zu erfüllen. Dafür prügelte sie Laetitias Körper von innen wach, fuhr in die Krallen, straffte die Sehnen, pumpte das Blut in alle Glieder.
    » Seht meine Stärke! «, gröhlte Grarr. »Bin ich nicht der wahre Herrscher? Bin ich nicht derjenige, der mit unserer Mutter spricht?« Er verbiss sich in Laetitias Fell, sie spürte, wie er Wunden riss.
    Erst zum Schreien lösten sich

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