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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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sein.«
    Abermals griff Niccolò an. Mit einem schnellen Tritt des Hinterlaufs brachte Vespasian ihn aus dem Gleichgewicht.
    »Wollt ihr es nicht begreifen? Grarr wird euch alle töten, wenn ihr mir kein Gehör schenkt! Er ist wahnsinnig geworden!«
    »Da gebe ich dir Recht«, sagte Giacomo und ging weiter. »Aber er ist nicht der Einzige. Es gibt noch andere, die nicht mehr wissen, wer ihre Freunde sind und was gut für sie ist. – Ich wollte dir noch etwas erzählen, Niccolò, was der Spürer mir berichtet hat. Es geht um deinen Menschen. Aber du würdest mir ja eh nicht glauben. Es sind ja die Worte des Feindes, die aus meinem Mund kommen.« Er erntete nur ein Zähnefletschen. »Ich bin weg.« Krumm gebeugt trabte er fort, sein Kopf hing schlaff herunter. Alles Jugendliche schien wie verdampft. Nach Euphorie und Kummer spürte er nur noch eine große Gleichgültigkeit. Er fühlte sie durch die Trüffel mit derselben Tiefe wie zuvor das Glück.
    Auch Vespasian wandte sich ab vom schmutzig gewordenen, unablässig knurrenden Niccolò.
    »Ihr habt es nicht anders verdient, Missgeburten. In Wildschweinmägenwerdet ihr enden, und in den Mägen meines Rudels.« Mit einem Sprung ins Dickicht wurde er eins mit dem Wald, bald schon war kein Geräusch mehr zu hören.
    Niccolò war wieder allein.
    Und noch einsamer als zuvor.

 
     
     
    III
    DAS SPIEL DER KRÄFTE

 
    Kapitel 11
     
     
    BESTIEN
     
     
    D ie Welt öffnete sich für Laetitia nicht wie eine Auster, sondern wie ein Löwenmaul. Der Schlund war die dunkle Kirche Rimellas, die spitzen Zähne gehörten der Kralle, die hungrige Zunge war Grarr.
    Der künstliche Schlaf drückte noch schwer auf ihren Kopf, doch schnell begriff sie, dass man sie in eine Decke gehüllt und hierher gebracht haben musste. Das Tor der Kirche stand offen. Entsetzte Schreie waren von draußen zu hören und bedrohliches Knurren. Laetitia konnte erkennen, wie Menschen auf die Straße getrieben wurden, hörte, wie sie verfolgt wurden. Grarr kam näher und starrte ihr in die Augen. »Sie ist so weit«, sagte er zur Kralle. »Bringt sie in die Sakristei.«
    Hart packten sie die Zähne der Kralle am Nacken und den beiden Hinterläufen. Laetitia konnte ihre Glieder noch nicht wieder bewegen, nur ein unangenehmes Kribbeln war in ihrem tauben Körper. Doch ihr Maul bekam sie bereits auseinander. »Was ist passiert? Warum haben uns die Menschen hiergelassen?«
    Sie erhielt keine Antwort. Kalter Rauch hing immer noch in den Trümmern der Sakristei, als die Kralle sie dort hinabließ. Die drei Wölfe wandten sich an Grarr.
    »Schaffst du das ... alleine? ... Wir würden ... ausgesprochen gerne ... helfen.«
    »Lasst sie mir bitte. Es ist eine persönliche Angelegenheit. Eine sehr persönliche.«
    »Wir sichern ... ab ... Falls sie ... fliehen sollte ... greifen wir ... sofort ein.«
    Das Holz der Sakristei war verkohlt und an vielen Stellen gesplittert. Etliche Balken sahen nun aus wie gegen den Strich gebürstetes Fell. Der Boden war so kalt, dass Laetitia annahm, der Brand habe sämtliche Wärme des Gebäudes verschlungen.
    »Lass uns reden«, sagte Grarr und machte eine Pause. »Nein, lass mich reden.«
    Seine Muskeln verschoben sich angespannt unter dem Fell, als er sich näherte. Er hielt seine Aggression nur mühsam zurück, Hass wütete in seinem Körper.
    Und Laetitia konnte sich nicht rühren.
    »Erkläre mir doch bitte, was geschehen ist!«, sagte sie. »Ich dachte, wir würden es nicht überleben.«
    »Du täuschst mich nicht, Laetitia! Egal, wie viel Wahrheit du in deine Stimme packst, die Lüge ist längst aufgedeckt. Du hattest erwartet, woanders aufzuwachen, nicht wahr? In einem Waldstück nehme ich an. Und dass ich nicht mehr zu mir komme, auch Theophanu nicht, und erst recht nicht die Kralle. Denn so hattest du es mit den Zweibeinern ausgemacht. Aber du hast nicht damit gerechnet, dass andere ihrer Art uns helfen würden. Es waren jene, die im Wald zelten. Von ihnen mussten wir uns retten lassen, welche Scham ! Wir brauchten diese Hilfe – doch dankbar sind wir nicht dafür. Das, was wir erreichen wollen, soll unser ureigenes Werk sein.«
    Laetitia wollte etwas sagen, öffnete das Maul, doch Grarr war wie ein Blitz über ihr, sein Maul um das ihre schließend. Er wartete nur darauf, dass sie etwas Falsches sagte oder tat, er sehnte den Tropfen geradezu herbei, der das Fass zum Überlaufen bringen würde.
    Doch Laetitia tat ihm den Gefallen nicht.
    Nur langsam und vor Erregung

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