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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde
Autoren: H Nygaard
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Vaters zu spielen. Seine Frau Gesa
schob den Buggy mit der Jüngsten, die an einer Flasche mit Kindertee nuckelte,
lebhaft mit den kleinen Füßchen wackelte und die an ihr vorbeihastende Welt der
Erwachsenen mit kindlichem Lallen begrüßte.
    »Vorsicht, Dominik«, mahnte die Mutter den Ältesten,
der gedankenverloren eine Eistüte vor sich hertrug, den Blick aber rückwärts
gewandt hielt und mit dem klebrigen Etwas in seiner Hand frontal auf einen
bärtigen jungen Mann stieß, der Flugblätter verteilte.
    Mit einem Satz hüpfte der zurück, sah auf den
Schokoladeneisfleck auf seiner ohnehin nicht frisch gereinigten Hose und
schnauzte das verblüffte Kind an: »He, du Trottel. Kannst du nicht aufpassen?«
    Der Kleine sah den Bärtigen mit großen Augen an und
blickte sich dann Hilfe suchend nach seinem Vater um.
    »Pass du Schussel doch selbst auf. Du hättest das Kind
doch sehen können. Stattdessen hältst du mit deinem Wisch den Verkehr auf«,
schnauzte Dennis Altrogge zurück. »Was soll der Scheiß überhaupt?«
    Ehe sich der Zettelverteiler umsah, hatte ihm Dennis
ein Flugblatt aus der Hand entrissen und las die Überschrift.
    »Bist du nicht ganz dicht?« Er ging auf den jungen
Mann zu. »Du Arsch bist doch bestimmt Student. Hast noch nie ‘ne Stunde
malocht. Und kloppst solche Sprüche. Weißt du, wer dich ernährt?«
    Altrogge hielt dem verblüfften Protestierer seine
schwielige Hand unter die Nase. Dann fummelte er mit dem Flugblatt in der Hand
dicht vor dessen Augen herum.
    »Wollen wir das mal ausdiskutieren?«
    Gesa Altrogge zupfte vorsichtig am T-Shirt ihres
Mannes. »Komm, Dennis, lass ihn. Mach kein Ärger.«
    Doch Dennis riss sich los.
    »Alle Welt jammert, wir haben keine Kinder. Unsere
Zukunft ist gefährdet. Hier«, er zeigte auf die drei Kleinen, »das sind meine.
Und ich arbeite dafür. In Wechselschicht auf der Werft. Und das, seit ich
sechzehn bin. Und dann kommen so ‘ne Pfeifenköppe wie du an und faseln was von Kriegswaffen.
Hau bloß ab, du Arsch.«
    Um die Kontrahenten hatte sich jetzt ein kleiner Kreis
Schaulustiger gebildet.
    »Richtig«, mischte sich ein älterer Mann ein. »Wird
Zeit, dass diesem Pack mal erzählt wird, wo’s langgeht.«
    Durch den Kreis drängte sich jetzt ein Mann von
mittelgroßer Statur. Er mochte die fünfzig überschritten haben. In der Mitte
seines massigen Schädels kräuselten sich noch ein paar einsame Haare, während
sich an den Schläfen und am Hinterkopf ein dichter grauer Kranz rankte. Dort
standen die Haare, als hätte der Mann gerade in eine Steckdose gefasst. Hinter
der runden Nickelbrille funkelten zwei wache Augen.
    »Ruhig, Leute«, mahnte er und schob seinen jüngeren
Demonstrationskollegen in den Hintergrund. Er selbst positionierte sich gegenüber
von Dennis Altrogge. »Ganz ruhig«, sprach er besänftigend auf den Familienvater
ein. »Wenn du willst, erkläre ich es dir.«
    »Hau ab mit deinem Mist«, schimpfte Altrogge. »Ihr
habt noch nie richtig gearbeitet und keine Ahnung, was es heißt, wenn dir das Kreuz
wehtut. Mensch, wir sind doch froh, wenn wir überhaupt Arbeit haben. Wie soll’n
wir sonst die Familie ernähren?«
    »Du bist sicher ‘n tüchtiger Bursche«, versuchte der
Ältere den aufgebrachten Werftarbeiter zu beruhigen. »Aber musst du dein Geld
ausgerechnet mit Kriegsschiffen verdienen? Stell deine Fähigkeiten doch in
andere Dienste.«
    Altrogge lachte säuerlich auf. »Scherzkeks. Bei fünf
Millionen Arbeitslose. Da kannst doch nur froh sein, wenn ‘nen Job hast. Hier
in Kiel kriegst du doch nix and’res.«
    »Das ist doch kein Grund, am Kriegswaffenbau
mitzumachen und Unglück und Verderben über andere Menschen zu bringen.«
    Dennis Altrogge tippte sich heftig gegen die Stirn.
»Bist du blöde? Wenn wir die nicht bauen, dann machen das die Schlitzaugen oder
was weiß ich wer. Ist doch besser, wenn wir das Geld verdien’n und unsere Kinder satt werden.«
    »Nun bleib mal sachlich.« Der Mann hatte Dennis die
Hand auf den Oberarm gelegt und wollte ihn beruhigen. Doch der verstand diese
Geste falsch und krallte sich mit der rechten Hand im Hemdkragen seines
Gegenübers fest, während er auf dem linken Arm immer noch seinen Sohn hielt.
    »Du bist vielleicht ein falscher Foffziger«, schimpfte
Dennis dabei. »Frieden predigen und mir an die Wäsche gehn.«
    Der Mann hob beschwörend beide Hände in die Höhe.
»Bleib ruhig, Junge. Komm, lass uns ganz sutsche darüber schnacken.«
    Sie wurden durch zwei Polizeibeamte
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