Tod an der Förde
ihn nannten, bei Ihnen war.«
»Ich habe doch schon gesagt, dass wir miteinander …
Und zwar richtig. So wie – na wie Mann und Frau. Aber wenn es der Polizei
hilft«, stimmte sie zu, »dann habe ich nichts dagegen.«
Während Oberkommissar Küster die Frau zur weiteren
erkennungsdienstlichen Behandlung hinausführte, sah Vollmers Lüder an.
»Wie heißen Sie nun richtig? Lüders mit ›s‹ oder Lüder
ohne.«
Lüder grinste. »Beides.« Dann genoss er die
Verblüffung des Hauptkommissars. »Eigentlich sollte ich Peter heißen. So hatten
es meine Eltern beschlossen, sofern ich ein Junge werden würde. Damals konnte
man es noch nicht vorhersagen. Ich bin in Kellinghusen geboren. Mittendrin in
Holstein. Drum heißt es ja auch Mittelholstein. Während meine Mutter mit mir
auf der Entbindungsstation lag, hat mein Vater sich mit Freunden getroffen und
kräftig einen zur Brust genommen. Dem Kind wird das Pinkeln beigebracht, so
heißt dieser Brauch in der ländlichen Gegend. Im Laufe des Abends fing
irgendwer aus der Runde an zu lästern, und bald sang der ganze alkoholisierte
Männerchor ›Lüders Lüder‹. Und als mein Vater mit seinem dicken Kopf am
nächsten Morgen zum Standesamt gekrochen ist, war er noch so fertig von der
vergangenen Nacht, dass er mich in seinem Dunsche prompt als Lüder angemeldet
hat. Ja, und bald nach meiner Geburt hat man das Krankenhaus in Kellinghusen
für immer geschlossen, damit so was nicht noch einmal geschieht.«
»Und was hat ihre Mutter dazu gesagt?«
Jetzt lachte Lüder. »Das hat sie ihm bis heute nicht
verziehen. Und bei meinen drei Geschwistern hat sie ihm vor der Geburt immer
einen Zettel mit dem richtigen Vornamen in die Papiere gesteckt, damit er sich
auch nicht vertue. Die Idee war wohl gut. Denn bei meinen jüngeren Brüdern hat
es immer geklappt mit dem Wunschnamen.«
Vollmers stand auf. »Sie haben eine kluge Mutter. Es
wäre auch kaum auszuhalten gewesen, hätte es noch mehr von Ihrer Sorte
gegeben.« Der Hauptkommissar zeigte ein verschmitztes Lächeln. »Ich denke, als
Nächstes sollten wir uns mit dem Vertreter des Commodore befassen.« Er schob
einige Papiere auf seinem Schreibtisch hin und her, bis er einen Zettel
gefunden hatte. »Hier ist die Anschrift. Kapitänleutnant Martin Alfredo
Heimberger de Escudero. Der Mann hat ebenfalls ein Appartement in Schilksee.«
»Ich würde mich Ihnen gern anschließen«, sagte Lüder
und erntete dafür einen bösen Blick Horstmanns, der seit langem Vollmers’
Partner war.
Die Unterkunft des zweiten argentinischen Offiziers
lag in einem anderen Gebäude der Appartementanlage in Schilksee, ähnelte aber
ansonsten der des Commodore.
Heimberger war zu Hause. Wenn ihm der Tod seines
Vorgesetzten nahegegangen war, so ließ er sich äußerlich nichts anmerken. Er
machte einen ruhigen, gefassten Eindruck und bat sie in die Wohnung.
Die Einrichtung war zweckmäßig, aber steril. Auf einem
kleinen Schreibtisch stand ein offenes Notebook. Im Vorbeigehen registrierte
Lüder, dass Heimberger gerade in einem Mailprogramm gearbeitet hatte, als er
durch die beiden Polizisten unterbrochen wurde. Vom Inhalt des Textes bekam
Lüder nur mit, dass er in Spanisch abgefasst war.
Der Kapitänleutnant, der ihnen in Zivil geöffnet
hatte, bemerkte Lüders Interesse und klappte den Deckel des transportablen
Rechners zu. »Wir können Deutsch miteinander sprechen«, eröffnete er den
Dialog.
»Ihr Name klingt – zumindest in Teilen – deutsch«,
sagte Lüder.
Der Mann nickte. »Meine Vorfahren sind irgendwann
einmal nach Südamerika ausgewandert.«
»Schon vor langer Zeit?«
Heimberger dachte eine Weile nach. Lüder hatte den
Eindruck, er überlege, wie genau er es mit der Wahrheit nehmen müsse.
»Mitte des vorigen Jahrhunderts«, antwortete er
schließlich.
»Also zum Ende des Zweiten Weltkriegs?«
»So ungefähr«, kam die ausweichende Antwort. »Der
Großvater. Er ist aber schon lange tot.«
Dann berichtete Heimberger über seine Aufgabe, ohne
dabei ins Detail zu gehen. Er beschränkte sich auf eine oberflächliche
Schilderung, die nichts Neues gegenüber dem bot, was ihnen auf der Werft schon
berichtet worden war.
»Wissen Sie, was der Commodore in seiner Freizeit
gemacht hat?«, fragte Vollmers.
Der Argentinier schüttelte nach einer angemessenen
Zeit des Überlegens den Kopf. »Nach Dienstschluss haben wir keinen Kontakt
miteinander gehabt.«
»Finden Sie nicht, dass es ungewöhnlich ist, wenn zwei
Landsleute, die zudem
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