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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde
Autoren: H Nygaard
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vorgehen.«
    »Und deshalb sind Sie hierher ausgewichen. In die
Provinz«, stichelte Vollmers.
    Hinterbichler jappte hörbar nach Luft. »Für manche mag
es anrüchig sein, das Geschäft, das ich betreibe. Aber bei mir geht es nicht
nur stilvoll zu, ich beschäftige auch keine minderjährigen Unterhaltungsdamen.
Alle Frauen sind freiwillig da.«
    »Und gestern war der Mann, dessen Bild wir Ihnen gezeigt
haben, bei Ihnen Kunde«, nutzte Horstmann den Redefluss des Mannes.
    »Ja, der Commodore …«
    »Sieh an, Sie kennen ihn aber sehr gut«, fiel ihm
Vollmers ins Wort.
    »Natürlich. Er war öfter bei uns. Mindestens einmal
wöchentlich. Sozusagen Stammkunde.«
    »Was wissen Sie noch über ihn?«
    Hinterbichler überlegte einen Moment und nagte dabei
erneut an der Unterlippe. Wenn das eine Eigenart war, die immer dann in
Erscheinung trat, wenn er unter Stress stand, führte er offensichtlich ein
sorgenfreies Leben, da die Lippe unbeschädigt schien.
    »Er war im Auftrag seines Landes bei der Werft tätig.
Mehr weiß ich nicht. Über seinen Job hat er nie gesprochen.«
    »Und sein Privatleben?«
    »Unsere Kunden setzen auf Vertraulichkeit. Deshalb ist
es gut, dass Sie über persönliche Dinge schweigen. Das führt niemanden in
Versuchung.«
    »Hat es Streit mit Hernandez gegeben? Hat er Dinge
eingefordert, die das Mädchen, das ihn bedient hat, nicht geben wollte? Gab es
eine Auseinandersetzung wegen des Liebeslohns?« Vollmers trommelte bei seinen
Worten mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte.
    Der Bordellbesitzer schüttelte heftig den Kopf. »Nein.
Ich habe nie etwas vom Commodore oder dem Mädchen gehört. Offenbar bestand
Einverständnis zwischen den beiden.«
    »War es immer das gleiche Mädchen?«
    Hinterbichler nickte. »Ja. Der Commodore ging immer zu
Mercedes.«
    »Mercedes? Das klingt südamerikanisch.«
    Zum ersten Mal zeigte sich ein wenig Entspannung im
Gesicht des Zuhälters. »Das ist Marketing. In Wirklichkeit heißt sie Ivanna und
kommt aus Tschechien.«
    »Und wie war das mit der Bezahlung? Gab es darüber
Streit?«
    »Darüber konnte es keine Auseinandersetzung geben. Der
Commodore hat nicht bezahlt.«
    Lüder bemerkte das Erstaunen bei den beiden
Polizisten. Deshalb mischte er sich ein.
    »Soll das heißen, dass der Begriff ›Liebesdienst‹ im
doppelten Sinne zu verstehen ist?«
    »Nein«, dementierte Hinterbichler. »Aber der Commodore
hat nie selbst bezahlt. Da kam hinterher immer jemand von der Werft.«
    »Habe ich Sie richtig verstanden? Der Commodore kam zu
Ihnen ins Bordell, und die Werft hat das bezahlt?«
    Der Zuhälter nickte stumm.
    Danach erfuhren Sie noch Namen und Anschrift von
Ivanna. Sie würden das Mädchen als Nächstes verhören.
    *
    Das Herz der Kieler Innenstadt ist die Holstenstraße.
Zwischen Alter Markt und dem Sophienhof, einer lebhaften Einkaufsgalerie,
bummeln Einheimische und Touristen, vorwiegend aus Skandinavien. Die
Fußgängerzone weitet sich zwischendurch immer wieder zu kleinen Plätzen, die
den Blick auf die direkt im Herzen der Stadt anlegenden Fährschiffe freigeben.
Und wenn diese Giganten der Ostsee, die oftmals die das Ufer säumenden Häuser
überragen, gerade ausgelaufen sind, sieht man die beeindruckenden Werftanlagen
auf der anderen Wasserseite. Beim Schlendern durch die Holstenstraße bietet aber
auch der Blick zur Landseite interessante Perspektiven: den Rathausturm, der
dem Campanile in Venedig nachempfunden ist; die Ostseehalle am Europaplatz,
Heimstätte des Handballvereins, der eine der Säulen von Kiels herausragendem
Ruf als Sportstadt ist. Bevor die Straße in eine überdachte Rolltreppenanlage
übergeht, die zum Holstentörn und dem sich anschließenden Sophienhof führt,
öffnet sie sich zu dem vor geraumer Zeit neu gestalteten Holstenplatz. Doch die
Mehrheit der Passanten schenkt der Anlage keine Beachtung, sondern konzentriert
sich auf das vielfältige Angebot der Geschäfte.
    In dieser Menschenmenge schwamm auch die Familie
Altrogge mit. Dennis’ Kinn zierte ein schmaler Streifen Haar, was eher die
Andeutung eines Kinnbarts blieb. Mit den hervorstehenden Wangenknochen und den
etwas zu tief liegenden Augen sah er fast ein wenig grimmig aus. Der Eindruck
wurde durch die muskulösen Oberarme verstärkt, die mit Tätowierungen reichlich
verziert waren. Das T-Shirt trug den Aufdruck »Hardrock-Café«. Er wich durch
eine Drehbewegung mit dem Kopf aus, als sein jüngerer Sohn, den er auf dem Arm
trug, erneut versuchte, mit dem Ohrring des
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