Tod an der Förde
unterbrochen, die
sich einen Weg durch den Ring der Zuschauer gebahnt hatten.
»Lassen Sie den Mann los«, zischte der eine Uniformierte
Dennis Altrogge an, während sein Kollege den anderen an den Schultern fasste
und ein Stück abseits zog.
Widerstandslos ließ der junge Familienvater los.
Bereitwillig gab er seine Personalien zu Protokoll. Der Wortführer der
Demonstranten zeigte sich renitenter. Er versuchte, die beiden Polizisten über
die Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht aufzuklären. Darunter fiel
seiner Auffassung nach auch, dieses Grundrecht unbehelligt von bürokratischen
Hindernissen wie einer vorhergehenden Anmeldung ausüben zu können. Aber die
Beamten blieben hartnäckig. Schließlich nannte der Mann seinen Namen: »Ich
heiße David Potthoff-Melching.«
Während sich die Beamten mit Familie Altrogge und den
sich nun in den Chor der Protestierer einreihenden sechs anderen Demonstranten
auseinander setzten, löste sich das Knäuel der Schaulustigen langsam auf. Wie
gut, dass wir uns zu diesem Problem keine eigene Meinung bilden müssen, dachten
wohl manche der Passanten und ließen ihre Aufmerksamkeit wieder in Richtung der
Shoppingwelt der Holstenstraße abschweifen.
*
Lüder saß an Vollmers’ Schreibtisch, als Küster und
Babs Scholtz zurückkehrten.
»Wir waren in der Wohnung von Hernandez«, erklärte der
Oberkommissar und nahm auf der Schreibtischkante Platz. »Es ist ein möbliertes
Appartement. Draußen in Schilksee. Nichts Besonderes. Standardausstattung.
Außer einer zweiten Uniform und unauffälliger Zivilkleidung haben wir nur
persönliche Sachen gefunden, die man bei einem Geschäftsreisenden erwarten
kann. Die dienstlichen Dinge, sofern wir vermuteten, dass es sich um solche
handelt, haben wir eingepackt. Die sollte jemand sichten, der etwas von der
Sache versteht und des Spanischen mächtig ist. Das gilt auch für das Notebook,
das wir sichergestellt haben.«
»Ich habe noch einmal mit dem Generalkonsulat in
Hamburg gesprochen. Die Benachrichtigung der Angehörigen übernehmen die
argentinischen Behörden. Da er Marineangehöriger in offizieller Mission war,
wird sich die Botschaft in Berlin weiter um den Fall kümmern, hat man mir zu
guter Letzt noch erklärt«, berichtete Vollmers im Gegenzug.
Kurz darauf erschien Horstmann in Begleitung einer
zierlichen Frau.
»Frau Ivanna Krucowa«, stellte er vor. »Sie ist eine
der Damen, die bei Hinterbichler tätig sind.«
Sie mochte etwas über zwanzig sein und wirkte auf den
ersten Blick nicht wie eine Angestellte des horizontalen Gewerbes, sondern
erweckte eher den Eindruck eines etwas zu späten Schulmädchens.
Da ist ein geschickter Maskenbildner erforderlich, um
die junge Tschechin in Mercedes zu verwandeln, überlegte Lüder insgeheim.
»Frau Krucowa war sofort bereit, mit auf die
Dienststelle zu kommen«, erklärte Horstmann. »Ich habe ihre Papiere bereits
geprüft. Sie stammt aus Pilsen und ist volljährig.«
Vollmers bot der jungen Frau Platz an und befragte sie
dann, ob Hernandez am Vorabend bei ihr gewesen sei.
»Ja, er war bei uns zu Gast«, antwortete sie. Ihre
Aussprache hatte den etwas harten Klang, der vielen Menschen mit einer
slawischen Muttersprache eigen ist. »Er kam so gegen acht und blieb etwa eine
Stunde.«
»War gestern irgendetwas anders als sonst? Wirkte er
unruhig? Hat er von Problemen erzählt oder davon, dass er verfolgt würde?«
Sie legte ihre Stirn in Falten, was in Anbetracht
ihrer Jugend nicht einfach war.
»Nein. Es war wie immer. Felipe – so nannte ich ihn –
kam regelmäßig seit ungefähr zwei Monaten. Er kam nur zu mir.« Ein Hauch Stolz
begleitete diese Feststellung. »Auch gestern war nichts Besonderes. Wir haben
Liebe gemacht wie immer. Es war immer das gleiche Programm. Muss ich jetzt
Einzelheiten erzählen?«
Sie wirkte jetzt schüchtern, was zum Aussehen des
Schulmädchens passte.
»Das ist nicht unser Revier«, beruhigte sie
Hauptkommissar Vollmers. »Uns kommt es auf die Kontakte und Begegnungen an, die
Felipe – wie Sie sagten – gestern hatte.«
Sie klimperte unschuldig mit den Wimpern. »Davon habe
ich nichts mitbekommen. Er war wie immer.«
»Würden Sie einer Speichelprobe zustimmen, die wir für
einen DNA -Test benötigen?«, fragte
Vollmers zum Abschluss.
»Sie meinen … wegen?«, wollte sie wissen und zeigte
doch noch einen Hauch Röte auf den Wangen.
»Genau. Es ist reine Formsache. Wir stellen damit
fest, ob José Hernandez, oder Felipe, wie Sie
Weitere Kostenlose Bücher