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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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entgegnete Möllenbeck müde.
    »Wenn der Jacob das Schellendaus gerufen hätte, dann hättet ihr verloren«, meinte Kaspar Ostrogge.
    »Möllenbeck hat das Spiel gewonnen, also hat er alles richtig gemacht. Das ist meine Auffassung dazu«, sagte Grottkamp energisch.
    Der Heildiener beschwichtigte seine Freunde: »Lasst mal gut sein, Männer! Ich glaube schon, dass ich heute Abend ein paar Fehler mehr mache als sonst. Aber ich bin einfach ziemlich kaputt.«
    »Also machen wir Schluss für heute«, entschied Arnold Kerseboom.

    Martin Grottkamp konnte nicht einschlafen. An diesem späten Abend des dritten September 1866 ging einfach zu viel durch seinen Kopf.
    Möllenbeck hatte auf dem Heimweg von der Marktschänke einen Gedanken geäußert, auf den er eigentlich selbst hätte kommen müssen: Wenn Terfurth erschlagen worden sei, dann habe der Täter möglicherweise mehr als einmal zugeschlagen, hatte der Heildiener vermutet. Terfurth habe dann wahrscheinlich außer seiner Kopfwunde noch weitere Verletzungen davongetragen.
    Grottkamp hatte diese Überlegung eingeleuchtet, und er und Möllenbeck hatten verabredet, am nächsten Tag gemeinsam den Leichnam Terfurths zu untersuchen.
    Martin Grottkamp verabscheute es, sich schlaflos im Bett zu wälzen. Er stand noch einmal auf, zündete ein Wachslicht an und verließ seine Schlafkammer mit dem Licht in der einen und dem schon halb vollen Nachttopf in der anderen Hand. Vorsichtig kletterte er die hölzerne Stiege hinunter. Er wusste, dass die Witwe Schlagedorn einen leichten Schlaf hatte.
    Nachdem er den Nachttopf hinterm Haus ausgekippt hatte, ging er in seine Stube und warf ein paar Holzscheite in die kümmerliche Glut, die sich noch im Ofen fand. Die Klappe ließ er offen stehen, damit der Schein des aufflackernden Feuers gemeinsam mit dem Wachslicht diese düstere Nacht ein wenig aufhellte.
    Dann setzte er sich an den Tisch, auf dem Julius Terfurths Habseligkeiten lagen.
    Die Taschenuhr hatte irgendwann wieder zu ticken begonnen. Ihre Zeiger bewegten sich jetzt auf fünf Uhr zu.
    Den Inhalt des ledernen Geldbeutels hatte Grottkamp gezählt. Vier Taler, zwei Silbergroschen und acht Pfennige hatte Terfurth bei sich getragen. Viel Geld für einen Mann, der durch die Schänken zog. Kostete der Krug mit einem halben Quart Bier doch gerade mal einen Silbergroschen beim Klumpenwirt. Für dieselbe Menge Branntwein hatte man immerhin drei Silbergroschen zu zahlen, aber wer ein halbes Quart Branntwein intus hatte, der war auch garantiert volltrunken.
    Die Pfeife hatte Grottkamp gründlich gereinigt. Mit einem Nagel hatte er die Reste verkohlten Tabaks herausgekratzt und dabei festgestellt, dass aus dem Rand des Pfeifenkopfes ein kleines Stück Holz ausgebrochen war. Vielleicht hatte der Besitzer die Tabakspfeife irgendwann einmal auf einem harten Gegenstand ausgeklopft und dabei ein wenig fest zugeschlagen.
    Grottkamp hatte inzwischen erhebliche Zweifel daran, dass die Pfeife dem Toten gehört hatte.
    Die Aussage des Wirtes Hubertus Küppken, Terfurth habe im Gasthaus »Zum dicken Klumpen« nie geraucht, hatte den Verdacht bestätigt, der ihm schon am Morgen gekommen war. Bei der Durchsuchung von Terfurths Kleidern hatte er sich darüber gewundert, dass ein Mann, der eine Pfeife bei sich trug, nicht auch einen Tabaksbeutel und Zündhölzer in den Taschen hatte.
    Plötzlich fiel ihm ein, dass er noch ein weiteres Fundstück aus dem Rock von Julius Terfurth gezogen hatte: ein gefaltetes Papier, das er unbesehen in seine Brusttasche geschoben und den ganzen Tag über mit sich herumgetragen hatte, ohne noch einmal daran zu denken.
    Der Uniformrock hing in der Nähe des Ofens am Haken. Grottkamp fingerte nach dem Papier und zog es vorsichtig aus der Tasche. Während es mit seiner Uniform getrocknet war, hatte es sich stark gewellt.
    So gut es ging, strich er das Papier auf der Tischplatte glatt. Als er es im Schein des Wachslichtes auseinanderfaltete, rutschte ein fotografisches Bild heraus und fiel vor ihm auf den Tisch.
    Das Blut schoss Martin Grottkamp in den Kopf. Empört und zugleich fasziniert starrte er auf die junge Frau mit den weißen Strümpfen, die von Bändern oberhalb der Knie gehalten wurden.
    Jedes Detail des Bildes schlug auf seine Sinne ein: die weiche Haut der Schenkel, das buschige Dreieck zwischen ihnen, die Rundung des Beckens, der sanft hervorgewölbte Bauch, die schmale Taille, die festen Brüste, die zarten Knospen der Brustwarzen, die schmalen Schultern, das zu

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