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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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kräftiger Geselle, der es gern hat, wenn eine Frau ihn da unten anfasst.«
    Die Kerle, die die Szene beobachtet hatten, brüllten vor Lachen. Margarete machte eine wegwerfende Handbewegung und ging erhobenen Hauptes zurück zum Schanktisch. Der gepeinigte Handwerksgeselle zog sich einen Stuhl heran und rutschte vorsichtig auf den Sitz. Immer noch presste er beide Hände zwischen seine Schenkel. Sein Stöhnen wurde allmählich zu einem leisen Wimmern, das im Gelächter der Zecher unterging.
    Die Sympathien der Männer gehörten ungeteilt der kecken Schankmagd Margarete Sander. Für ihren Saufkumpan, diesen Jammerlappen, hatten sie nur noch Hohn übrig.
    »So sind sie, die Weibsbilder heutzutage. Sie meinen, sie könnten allein entscheiden, wem sie ihre Gunst gewähren und wem nicht«, lamentierte Hubertus Küppken, und Grottkamp merkte ihm an, dass er froh war, das Thema wechseln zu können.
    Als sich ein gut gekleideter junger Mann mit zwei Branntweingläsern in der Hand durch die Zecher drängte, dem angeschlagenen Gesellen tröstend auf die Schulter klopfte und ihm ein Glas reichte, zupfte Küppken aufgeregt an des Polizeidieners Rockärmel.
    »Das ist er, das ist er«, zischelte der Wirt, und Grottkamp ahnte, wen er da vor sich sah.
    So bunt zusammengewürfelt die Gästeschar im Wirtshaus »Zum dicken Klumpen« auch war, der Fremde fiel darin auf wie ein Pfau im Hühnerhaufen. Er war anders als die Hüttenarbeiter und die Tagelöhner, als die Handwerksburschen und die Fuhrleute, gehörte weder zu den Arbeitsuchenden noch zu den Arbeitsscheuen und hatte auch mit den zwielichtigen Gesellen nichts gemein, die sich um ein paar kokette Weibspersonen geschart hatten.
    Sein dunkler Gehrock war fleckenlos. Die weißen Spitzen seines Hemdkragens ragten aus einem roten Seidenschal heraus, den er lässig um den Hals geschlungen hatte. Das volle Haar war so lang wie das eines Vagabunden, und doch wirkte es gepflegt. Es glänzte und war akkurat in der Mitte gescheitelt. Trotz seines beinahe schwarzen Vollbartes waren die jugendlichen Züge des Gesichtes unübersehbar.
    »Mister Edward Banfield, der Engländer«, sagte Küppken.
    »Hab ich mir schon gedacht«, brummte Grottkamp.
    Banfield hatte nur ein paar Worte mit dem malträtierten Handwerksgesellen gewechselt. Jetzt schlenderte er, mit dem Branntweinglas in der Hand, zwischen den Gästen des Wirtshauses umher, beobachtete, blieb hier und da lauschend stehen, nickte dem einen oder anderen freundlich zu.
    »Wahrscheinlich hat er festgestellt, dass er einen fremden Gesellen und keinen Hüttenarbeiter vor sich hatte«, mutmaßte Küppken. »Jetzt sucht er einen anderen Gesprächspartner.«
    Der Engländer sah den Polizeidiener und den Wirt beieinandersitzen, nickte grüßend herüber und setzte seinen Rundgang durch die Gaststube fort. Als Hubertus Küppken ihn heranwinkte, kam er nur zögernd näher.
    Der Klumpenwirt erhob sich von seinem Stuhl und begrüßte mit einem übertriebenen Bückling den einzigen seiner Gäste, der im Voraus zu zahlen pflegte.
    »Darf ich Ihnen unseren Polizeisergeanten vorstellen, Mister Banfield?« Küppken deutete mit einer schwungvollen Armbewegung auf Martin Grottkamp und wartete darauf, dass der sich von seinem Stuhl erhob. Doch Grottkamp tippte nur grüßend an seine Dienstkappe und sah den seltsamen Engländer unverwandt an.
    Edward Banfield deutete eine knappe Verbeugung an und zeigte nicht die geringste Neigung, sich auf den Stuhl zu setzen, den Küppken ihm anbot.
    »Der Herr Polizeisergeant würde Sie gerne kennenlernen«, beeilte der Klumpenwirt sich zu sagen.
    »Das hat er ja nun«, entgegnete Banfield lächelnd und machte Anstalten, seine Runde durch das Lokal fortzusetzen.
    »Herr Banfield, setzten Sie sich bitte zu mir! Ich habe mit Ihnen zu reden.« Ein wenig zu laut war die Aufforderung aus Grottkamp herausgeplatzt. Erst als einige Gäste ihn überrascht ansahen, bemerkte er, dass er unversehens in die Tonlage verfallen war, die er sich neun Jahre lang auf dem Kasernenhof angewöhnt hatte.
    Mister Banfield schien wenig beeindruckt. Der Gesichtsausdruck, mit dem er den Polizeidiener musterte, hatte unübersehbar etwas Herablassendes. »Ich nehme an, es ist nicht klug, sich einem freundlichen Wunsch der preußischen Obrigkeit zu widersetzen«, sagte er, und Grottkamp bemerkte den ironischen Unterton sehr wohl. Er nahm sich vor, sich nicht von diesem gelackten Engländer provozieren zu lassen.
    Dem Klumpenwirt warf er einen so

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