Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
Richtige
ist?«
»Wenn wir hindurchschwimmen und plötzlich trockene Füße haben, sind
wir richtig.«
Sie ließen sich rücklings ins Wasser gleiten.
Mira tauchte nicht gern in der Dunkelheit. Trotz der gleißend hellen
Handscheinwerfer, mit denen man gut und gern zwanzig Meter weit sehen konnte,
hatte sie ein beklemmendes Gefühl. Wasser war eben nicht ihr Element. Das wurde
ihr bei derartigen Exkursionen immer wieder klar, vor allem, wenn sie nachts
tauchen musste.
In circa zehn Metern Tiefe leuchteten sie systematisch die Felswände
nach Höhlen ab. Eine Nische erweckte ihr besonderes Interesse. Vorsichtig
tauchten sie hinein.
Dieser Ort wäre ideal, um etwas zu verstecken, dachte Mira. Selbst
mit einem Glasbodenboot hätte man von oben keinen Einblick. Als sie um eine
Ecke bogen, blieb ihnen fast das Herz stehen. Schon wieder glotzte sie eine
Leiche an. Diesmal war es kein Taucher, und sie schien etwas frischer zu sein
als die drei anderen, denn aus der Kleidung stiegen noch Luftbläschen hervor.
Mira zog einen ihrer Neoprenhandschuhe aus und berührte sie vorsichtig. Ihr
optischer Eindruck bestätigte sich. Die Haut war deutlich wärmer als das
Wasser. Lange konnte der Mann noch nicht tot sein.
Fatma tippte Mira an und deutete auf die Beine des Mannes. Es war
einer der Fischer von Cabrera. Auf den Stulpen seiner Fischerstiefel stand
deutlich der Name »Bauzá«.
Plötzlich hörte Mira ein seltsames Geräusch, ein leises »Plopp«. Es
war fast so, als würde jemand mit einem Luftdruckgewehr auf sie schießen. Im
Wasser? Irritiert schaute sie sich um, konnte in der Dunkelheit aber nichts
entdecken. Für kurze Zeit hatte sie Fatma im Lichtkegel der Handlampe. Sie
registrierte erst einen Augenblick später, dass ihre Kollegin eine irgendwie
seltsame Haltung angenommen und ihre Handlampe, nutzlos nach unten leuchtend,
an ihrem Handgelenk gebaumelt hatte. Erschrocken richtete sie den Lichtstrahl
wieder auf Fatma. Die schwebte zwar vertikal im Wasser, hatte aber dennoch eine
Körperhaltung wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegend um sein Leben
strampelte, fast schon zuckte. Mira schwamm etwas näher an sie heran, und ihr
Eindruck bestätigte sich. Jetzt konnte sie durch die Taucherbrille hindurch Fatmas
vor Entsetzen geweitete Augen sehen. Mit einem Handzeichen fragte sie, ob alles
in Ordnung sei. Fatma reagierte gar nicht darauf. Ihrer Körperhaltung nach
schien sie etwas am oder im Rücken zu haben. Mira schwamm um sie herum.
Vielleicht war was mit ihrem Sauerstoffgerät nicht in Ordnung. Doch daran lag
es nicht. Fatma hatte einen Pfeil im Genick sitzen, einen sogenannten Haitöter.
Bei so einem Geschoss bohrt sich die Spitze eines Hohlpfeils weit in den Fisch
hinein. Hinter der Pfeilspitze befindet sich eine Pressluftkartusche. Durch den
Aufpralldruck bohrt sich das andere Ende des Pfeils in die Plombe der
Kartusche, und ein enormer Druck von mehreren hundert Bar schießt ins Fleisch
und lässt den Fisch geradezu explodieren.
Während Mira noch geschockt auf den Haitöter in Fatmas Genick
blickte, vernahm sie ein weiteres »Plopp« und spürte gleich darauf einen Schlag
gegen ihre Sauerstoffflasche. Ihr war sofort klar, dass es ein zweiter Pfeil
dieser Art war, der ihr gegolten hatte. Geistesgegenwärtig entriss sie Fatma
die Handlampe, die diese immer noch umkrampft hielt, und löschte beide Lichter.
Um sie herum war es nun absolut dunkel. Sie griff nach ihrer Kollegin und zog
sie so schnell in die Tiefe, wie sie nur konnte, um den Angreifern zu entkommen.
Dabei tastete sie sich blind an der Felswand entlang. Wie durch ein Wunder tat
sich neben ihr plötzlich ein Höhleneingang auf. Den gefunden zu haben, war
reines Glück bei dieser Dunkelheit. Eigentlich hatte sie sich nur an
irgendeiner Koralle festhalten wollen, aber ins Leere gegriffen. Sie schob die
völlig wehrlose Fatma in die Höhle und konnte trotz der schlechten Sicht erkennen,
dass ihre Luftblasen senkrecht in die Höhe stiegen. Die Höhle war also so groß,
dass sie sich durch ihre Atmung nicht nach außen hin verraten würden. Mira war
erleichtert, dass Fatma eine intakte Atmung hatte, denn auch aus ihrem
Lungenautomaten blubberten bei jedem Ausatmen Luftblasen in die Höhe. Wie durch
ein kleines Wunder war der Pressluftmechanismus nicht ausgelöst worden. Das
wäre Fatmas sicherer Tod gewesen. Augenscheinlich war es ihr jedoch nicht
möglich, sich zu bewegen. Vielleicht hatte sich die Pfeilspitze ja neben dem
Atemzentrum ins Rückenmark
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