Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
Schottland
vielleicht auch dort Station gemacht?« Er sah Crasaghi auffordernd an. »Wissen
Sie mehr, Exzellenz? Die Kirche und die Rechten konnten doch schon immer ganz
gut miteinander.«
»Aber nur, wenn es zum Wohle der Menschheit war.«
»Dann war Franco also nichts weiter als ein Erzengel, der ein kleines
bisschen über die Stränge geschlagen hat?«
»Werden Sie bitte nicht unsachlich.« Crasaghi war ernstlich verschnupft.
»Ich kann Ihnen nicht sagen, warum die Nazis oder die Taliban plötzlich
Interesse an Cabrera haben. Ich habe weder mit der einen noch mit der anderen
Szene zu tun. Natürlich hatten sowohl die Syndikalisten der Falange als auch
die Franquistas faschistische Priester. Genauso hatten aber auch die
Aufständischen ihre Geistlichen im Felde.«
»Es gab aber einen kleinen Unterschied. Wenn etwas davon in Rom
bekannt wurde, war das für Francos Priester ein Karrieresprung. Die armen
Teufel, die sich um das Seelenheil der Aufständischen kümmerten, wurden vom
Klerus entfernt«, schäumte García Vidal wütend. »Für die gab es keinen Platz
mehr in den Armen von Mutter Kirche.«
»Woher wollen Sie das denn wissen?«, erwiderte der Bischof schnippisch.
Berger hatte den Comisario noch nie so außer sich gesehen.
»Mein Onkel war einer dieser Priester, Señor, und er wurde von seinem
eigenen Bischof an Francos Truppen ausgeliefert, um danach standrechtlich
erschossen zu werden. Erzählen Sie mir also bitte nichts von der Güte der
Kirche!«
Im Wagen breitete sich eisiges Schweigen aus.
»Meine Assistentin wird Sie jetzt bei Ihrem Kollegen im bischöflichen
Palais absetzen«, sagte García Vidal nach einer Weile. »Und dann trennen sich
unsere Wege, denke ich.«
Crasaghi versuchte einzulenken. »Ich werde für die Seele Ihres Onkels
aufrichtig beten. Ich hoffe, wir werden uns bei der Messe treffen.«
»Wohl kaum, Señor. Als ich das letzte Mal bei einer Messe war, habe
ich einen Priester wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verhaftet.
Sonst noch irgendwelche Fragen?«
Der Wagen hielt, und Crasaghi stieg aus. »Señor Residente, ich werde
mich morgen früh bei Ihnen melden. Und bei Ihnen, Comisario, kann ich mich nur
in aller Demut für das, was Ihnen und Ihrer Familie durch die Kirche und meine
Brüder widerfahren ist, entschuldigen.« Er verbeugte sich, drehte sich um und
ging schnellen Schrittes auf das Portal des Palais zu.
Carmen fuhr wieder los.
»Mannomann«, die Gräfin räusperte sich, »dem haben Sie’s aber
gegeben. War das denn unbedingt nötig?«
»Wenn Sie mich so fragen, war es vielleicht nicht notwendig, aber
mir war einfach danach.« García Vidal kratzte sich verlegen am Kopf. »Dieser
Typ ging mir irgendwie auf den Keks mit seiner neugierigen Scheinheiligkeit. Er
hat sich zwar aus allem rausgehalten, doch ich hatte das Gefühl, dass er alles
genauestens beobachtet.«
»Das hätte ich nicht besser ausdrücken können«, pflichtete Berger
ihm bei. »Mich hat er auch aufgeregt. Der muss nur einmal telefonieren, und er
bekommt alles, wovon unsereins nicht einmal zu träumen wagt.«
»Neidisch?«, fragte Carmen.
»Nein, aber dann sollte er nicht von Demut faseln«, beendete der Comisario
das Thema. »Nun zu wichtigeren Dingen. Carmen, wie sieht es aus an der Front?
Hat sich etwas getan?«
»Nein. Wir haben zwei schwule Neonazis und eine bildhübsche Irakerin
sowie diverse Internetanfragen der rechten Szene über alles, was mit Cabrera
zusammenhängt, aber keinen blassen Schimmer, was Neonazis und Taliban für
Gemeinsamkeiten haben könnten.«
»Moment mal«, widersprach Berger. »Ein gemeinsamer Schnittpunkt
könnte Antisemitismus sein.«
»Was hat denn Antisemitismus mit Cabrera zu tun?«, ging Gräfin Rosa
dazwischen. »Gibt oder gab es überhaupt einmal einen Juden auf dieser Insel?«
»Mag sein, aber dann nicht in der Eigenschaft als Jude, sondern
höchstens als Mensch, der zufällig einer war, im Zweiten Weltkrieg bei den
Alliierten oder vielleicht auch als Gefangener bei den Unabhängigkeitskriegen«,
antwortete García Vidal. »Soweit ich weiß, wohnt oder wohnte auch kein Jude auf
Cabrera, zumindest kein orthodoxer, das würde man ja sehen, wenn man ihm
begegnen würde. Dieser Zusammenhang ist mir auch zu sehr konstruiert. Wir
sollten versuchen, mal in eine andere Richtung zu denken.«
»Und in welche, wenn ich fragen darf?«
»Keine Ahnung.«
Berger schaute hoch. »Wohin fährst du eigentlich mit uns, Schönste
aller Schönen?«
»Zur
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