Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
uns?«
»Zuerst habe ich für die Angehörigen eine tröstliche Mitteilung, so
sich überhaupt welche melden. Die drei Opfer haben absolut nichts von ihrem Tod
mitbekommen. In allen drei Fällen war der Adrenalinanteil im Blut annähernd
normal.«
»Und wodurch motiviert haben sie ihre letzte Reise angetreten?«
»Es mag sich vielleicht dämlich anhören, aber durch Luft. Genauer
gesagt: durch Pressluft. Sie wurde ihnen mittels einer stabilen Nadel durch den
Wirbelknochen in die Medulla oblongata, das Atemzentrum, injiziert, und zwar
mit einem derartigen Druck, dass das Gewebe blitzartig von innen her
zerquetscht wurde.«
Der Comisario wurde blass. »Der Kaffeeklatsch.«
Alle schauten ihn verwundert an.
»Was denn für ein Kaffeeklatsch?« Carmen glaubte, sich verhört zu
haben. »So ein richtiger, mit Kaffee und Kuchen?«
»Fast.« García Vidal konnte sich aus seiner Schreckstarre lösen. »Wir
haben doch vom Glasbodenboot aus so eine Pressluftkartusche gesehen.«
»Stimmt«, entfuhr es Berger. »Dabei haben wir von Omas Kaffeeklatsch
erzählt und dass so ein Siphon unter Umständen ein Eigenleben haben kann.«
Die Gräfin wurde ungeduldig. »Könnten die Herren vielleicht einmal
Klartext reden?«
»Sie meinen einen Haitöter«, platzte Carmen heraus.
»Was ist das denn nun wieder?«
»Es gibt spezielle Harpunenpfeile gegen Haie, mit denen könnte man
genau diese Verletzungen auch bei Menschen verursachen. Und da kommen solche
Pressluftkartuschen hinein, wie man sie auch in Siphons verwendet, nur sind die
so speziell verstärkt, dass die Luft nicht mit zweihundert Bar reingepresst
wird, sondern mit fünf- bis sechshundert Bar.«
»Wenn die Luft mit einem derartigen Druck entweicht, entsteht eine
ungeheure Kälte«, fuhr der Arzt fort, »und verursacht thermische Verletzungen
im Gewebe. Durch die Erfrierungen in den Atemzentren der Toten bin ich
überhaupt erst auf Pressluft gekommen. Andere Gase hätten wir nämlich
nachweisen können.«
»Das Ganze erinnert mich an einen Flaschenöffner, den Anatol immer
benutzt. Das ist so eine Nadel mit einem dicken Griff, in dem auch so eine
Pressluftkartusche drin ist.« Gräfin Rosa gestikulierte beim Sprechen, als
würde sie selbst eine Weinflasche öffnen. »Die Nadel wird in den Korken
gesteckt und dann per Knopfdruck Pressluft zwischen Wein und Verschluss
getrieben. Die presst von innen den Korken aus der Flasche.«
»Und was sagt uns das jetzt?« Carmen schaute fragend in die Runde.
Berger grinste sie an. »Dass man als Sommelier zukünftig einen
Waffenschein braucht.«
Nachdem sie sich zur Lagebesprechung am nächsten Morgen verabredet
und den Comisario am Polizeipräsidium in Palma abgesetzt hatten, ging es
endlich nach Santanyí.
Berger gähnte herzhaft. »Kinder, was bin ich müde. Fahren wir zu
Ihnen, oder lassen wir uns von Carmen bei mir absetzen?«
»Ich denke mal, dass es besser wäre, wenn wir bei Ihnen nächtigen
würden«, kam es etwas verlegen von Gräfin Rosa. »Ich hätte da nämlich eine
kleine Sache, von der ich noch nichts erzählt ha- be.«
»Ach du grüne Neune, ist Ihre Bude abgebrannt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Schlimmer.«
»Hat mein Boot was abbekommen?«
»Nein, Tante Auguste hat sich auf der Finca eingemietet und würde
gern so bald wie möglich mit ihrem zukünftigen Sohnemann sprechen.«
Berger wurde blass. »Na, wie das Gespräch aussieht, kann ich mir
lebhaft vorstellen. Diese Verrückte will mich nicht adoptieren, die hat eine
feindliche Übernahme geplant.« Er gab Rosa einen Handkuss. »Bei Ihnen, liebste
Gräfin, war das zwar nicht anders, aber in Ihrem Fall genieße ich das. Ich
wurde in Ihr Bett aufgenommen. Von Ihrer Tante hingegen sollen wir beide in ein
goldenes Nest gesteckt werden, das danach von einem riesigen, großherzöglichen
Gluckenarsch hermetisch abgeriegelt werden wird. Das haben Sie gar nicht und
ich schon überhaupt nicht verdient.«
Rosa nickte verständnisvoll. »Aber sie hat auch ein ganz großes
Herz, in dem Sie bereits Ihren festen Platz haben.«
»Das ist das Problem. Sie auch in meinem. Diese alte Dame ist im
Grunde der einzig echte Punker, den ich kenne. Die kann man nur lieben.« Er
schwieg und lächelte, als er sich Tante Auguste mit ihrem Anatol vorstellte.
»Warum hat sie Ihnen eigentlich kein Adoptionsangebot gemacht?«
»Keine Ahnung. Vielleicht deswegen, weil wir schon verwandtschaftlich
aneinander gebunden sind. Mich hat sie längst unter ihren Fittichen.«
»Jetzt mal im
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