Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
verstehen.« Rosa gab ihr einen freundschaftlichen
Knuff mit dem Ellenbogen. »Ich an Ihrer Stelle wäre schon längst Amok
gelaufen.«
»Andererseits hatte ich bei der Armee auch viel mit Pferden zu tun,
meinem eigentlichen Spezialgebiet. Viele Offiziere waren Sportreiter und haben
meine Fähigkeiten, mit Pferden umzugehen, schnell erkannt.«
Sie schwiegen eine Weile.
»Und was geistert Ihnen so im Kopf herum?«, fragte Mira, um das
Thema zu wechseln.
Rosa richtete sich auf. »Ich liebe den Mann, dessen Boot wir gerade
in Klump gefahren haben. Sein Ein und Alles war das. Im Moment versuche ich,
mir Redewendungen zurechtzulegen, mit denen ich es ihm schonend beibringen
kann.«
Mira zuckte mit den Achseln. »Sagen Sie ihm einfach die Wahrheit.«
»Das wäre eine Option.« Rosa dachte nach und begann zu üben. »Wissen
Sie, ma chérie , ich bin einfach so herumgefahren und
habe eine Anhalterin mitgenommen, die gerade Stress mit einem uralten
russischen U-Boot hatte. Da hört man im Mittelmeer ja immer wieder was davon.
Und weil die stinkig auf die junge Dame waren, haben sie mal eben Schrott aus
Ihrer Llaut gemacht. Gibt es deswegen irgendein Problem?« Sie schaute Mira
triumphierend an. »Na, war ich überzeugend?«
Mira musste herzlich lachen. »Sie haben recht. Das hört sich mehr
als schräg an.«
Rosa betrachtete sie verzückt. »Sie sollten viel öfter lachen, dann
zeigt sich nämlich, wie schön Sie eigentlich sind, wissen Sie das?«
Mira wurde rot bis über die Ohren. »So ein Kompliment hat mir noch
nie jemand gemacht, und schon gar keine Frau.«
»Da ich mit Ihnen nicht in die Kiste will, können Sie mir ruhig
glauben.« Rosa richtete sich etwas auf, um aus der Einstiegsluke des Rettungsfloßes
schauen zu können. »Ich hoffe, dieser Rettungskreuzer, von dem Ihr Kapitän
gesprochen hat, findet uns. Dieses Ding ist aus Gummi und wird kaum über Radar
zu orten sein.«
Mira schüttelte den Kopf. »Nein, Durchlaucht. So ein Floß hat einen
Notsender, der aktiviert wird, wenn es sich aufbläst oder mit Wasser in
Berührung kommt. Außerdem ist die Dachhaut mit einer Metallfolie bespannt, die
nicht nur die Radarwellen, sondern auch das Sonnenlicht wunderbar reflektiert.
Die müssten bald hier sein.«
In diesem Augenblick ertönte hinter ihnen eine Schiffssirene. Mit
wackeligen Beinen standen die beiden auf, stellten sich in die Eingangsluke und
winkten. Es schien sich bei dem Schiff, das da auf sie zukam, um eine Fregatte
zu handeln, die extra zur Bergung von Schiffbrüchigen ausgerüstet war. Aus dem
Heck kamen zwei Zodiacs herausgeprescht, direkt auf sie zu. Innerhalb von
Minuten waren sie bei ihnen. Mira warf dem einen ein Schleppseil zu, das
griffbereit in einer Seitentasche der Rettungsinsel angebracht war, und sie
wurden vorsichtig in Schlepptau genommen.
Als man sie ins offene Heck des Kriegsschiffes hineingezogen hatte,
wurde das ganze Rettungsfloß mitsamt den beiden Zodiacs plötzlich von einem
absenkbaren Gitterrost aus dem Wasser gehoben. Trockenen Fußes kletterten die
beiden Frauen aus der Rettungsinsel. Zum grenzenlosen Erstaunen der Besatzung
hielt eine von ihnen ein Schwein auf dem Arm.
***
Der kirchliche Flurfunk des Bischofs funktionierte hervorragend.
Schon nach einer knappen Stunde war die Bestätigung des Pfarrers da. Pepe hatte
einen Zwillingsbruder namens Ruiz, der am 23. September 1942 durch einen Unfall
verstorben war. Im Sterberegister stand allerdings nichts von einem
christlichen Begräbnis, weshalb Crasaghi vermutete, dass dem Sterbenden die Erteilung
der Sterbesakramente und die kirchliche Beisetzung verweigert worden waren.
Berger runzelte die Stirn. »Und was heißt das im Klartext?«
»Dass es sich bei dem ›Unfall‹ um Selbstmord gehandelt haben muss.
Nur dann blieb den Sterbenden zur damaligen Zeit der christliche Beistand
versagt. Wenn Sie mich fragen, sind wir mit der Romeo-und-Julia-Theorie auf der
richtigen Fährte.«
»Nur bringt uns das in unserer Frage, warum der alte Pepe Millionen
auf dem Konto hatte, nicht weiter.«
»Vielleicht hat er Grund und Boden verkauft, wie es viele
Mallorquiner in letzter Zeit getan haben, und kam so zu Reichtum.«
»Aber dann hätte doch wie bei allen Mallorquinern seine Familie
etwas davon gewusst. Vor allem hätten sie ihm dann nicht tagtäglich etwas zu
essen bringen müssen.«
»Vielleicht war er nur geizig«, sagte Crasaghi mit einem
Achselzucken.
»Mallorquiner sind geizig, aber nicht, wenn es um ihre Kinder
Weitere Kostenlose Bücher