Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
ziemlich allein da.«
Es entstand eine Pause. Jeder dachte über das eben Gesagte nach.
»Tomeu und Carmen«, hob die Gräfin an, »ihr seid Mallorquiner. Fällt
euch eine Lösung ein?«
Carmen zuckte mit den Achseln. »Ich bin die Falsche, um diese Frage
zu beantworten. Ich bin zu sehr Polizistin, als dass mir ein anderer Weg als
der formal vorgeschriebene einfallen würde. Ich vertraue da voll auf den Chef,
der ist viel mehr Mensch als ich.«
»Kinder«, rief die Großherzogin. »Was würde ich noch heute darum
geben, schon als junge Frau derartig kluge Antworten gegeben zu haben.«
»Außerdem muss ich jetzt los, weil ich ja noch die Flüchtlinge verhören
muss.«
»Okay«, entgegnete Berger. »Was ist mit dir, Tomeu? Wie würdest du
an Cristóbals Stelle vorgehen?«
Er wusste, es gab nichts Schlimmeres für den Stotterer, als vor vielen
Menschen nach etwas gefragt zu werden, was nicht durch eine Geste oder einen
Kurzsatz erschöpfend beantwortet werden konnte. Umso mehr überraschte es
Berger, dass die Antwort prompt und für Tomeus Verhältnisse sehr umfassend kam.
»D-d-die D-d-dorfä-ä-ältesten s-s-sind m-m-eist auch d-d-die F-f-fam-m-milienchefs.
U-u-unt-t-ternehmt n-n-ichts o-o-ohne d-d-deren R-r-rat.«
Berger strahlte ihn an. »Da sage noch einmal jemand, ich hätte
keinen klugen Freund.« Er schaute sich nach Angela Bischoff um. »Wo ist denn
unser lieber Comisario gerade?«
»Der durchwühlt mit einer Kollegin weiter Pepes Nachlass in Colonia
Sant Jordi.«
»Wir sollten den Herrn vom Ergebnis unserer Konferenz unterrichten
und zudem schleunigst aufbrechen, Exellenz. Carmen, kommst du nach, wenn du mit
deiner Befragung fertig bist?«
» Sí , Señora.« Sie setzte Esmeralda auf
Tomeus Schoß. »Da, meine Kleine, geh zu Papa. Mama muss zur Arbeit.«
Alles schaute wie vom Blitz getroffen auf den Mann mit dem braunen
Engelchen im Arm. Er lächelte verlegen. »P-p-Pappa, d-d-das W-w-wort v-v-verst-steht
s-sie.« Er gab ihr ein Küsschen, und die Kleine quietschte vor Vergnügen.
»Was ist mit Ihnen, Angela?«
»Ich muss ins Konsulat nach Palma. Dienst ist eben Dienst. Ich werde
aber von unterwegs mit Cristóbal reden. Da kann ich ihn ja schon mal
vorwarnen.«
Die Großherzogin, die für die Dauer ihres Telefonats den Raum
verlassen hatte, kehrte zurück, während sich alle vom Tisch erhoben und nach
ihren Sachen griffen.
»Entschuldigt bitte, dass ich euch habe hängen lassen«, sagte sie.
»Mira, mein Kind, wie ich höre, sind Sie in Hannover als eine Art ›orientalische
Pferdeflüsterin‹ bekannt. Was halten Sie davon, wenn Sie für mich auf meinem
Gestüt arbeiten? Ich habe eine weltweit anerkannte Holsteiner- und
Trakehnerzucht, und die rund zweihundertfünfzig lieben Tierchen warten nur
darauf, dass ihnen mal jemand etwas vorflüstert.«
Mira war erst sprachlos, dann aber konnte sie sich doch wieder
fassen. »Sie meinen, als Pferdepflegerin?«
»Blödsinn, als Tierärztin. Prof. Dr. Schröder kennt Sie noch.
Er war damals Oberarzt an der Uniklinik und meinte, dass er die Bescheinigungen,
die Ihnen fehlen würden, um in Deutschland praktizieren zu dürfen, nachreichen
könne. Den Doktortitel dürfen Sie nicht führen, bis alles aus Haifa bestätigt
wurde, aber das macht ja nichts, oder?«
Mira war überwältigt. »Und das alles nur, weil ich das Boot eines
lieben Menschen auf hoher See gekapert habe.« Sie wischte sich die
Freudentränen aus den Augenwinkeln. Dann konnte sie einfach nicht anders, als
Tante Auguste herzlich zu umarmen. »Ich danke Ihnen, Königliche Hoheit.«
»Na, guck mal einer an«, scherzte Auguste. »Wie man mit alten
Schlachtrössern umgeht, weiß sie auch.«
***
García Vidals Respekt vor dem alten Pepe wuchs mit jeder Stunde, die
er in seinen Unterlagen herumstöberte. Allein der Schriftverkehr mit dem
zuständigen Kreisamt nötigte ihm Bewunderung ab. Wie raffiniert der alte Mann
sich weigerte, die Anschlusskosten für die Kanalisation mitzutragen, war schon
interessant. Genau wie die Tatsache, dass er damit durchkam. »Hätten die von
deinen Millionen gewusst, alter Gauner, hättest du ordentlich blechen müssen«, sagte
er zu einem Bild des Alten, einem riesigen Ölschinken, der von einem gewissen
Burguera aus Santanyí signiert war.
Doch solange der Comisario auch suchte, er fand nicht den kleinsten
Hinweis darauf, warum der gute Pepe ein derart pralles Konto hatte. Zehn Jahre
lang hatte er Woche für Woche fünftausend Euro auf ein Konto bei der
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