Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
es nicht. Wenn sie allerdings
nichts für einen tut, ist das ein sicheres Zeichen, dass sie einen nicht mag.«
»Wollen Sie damit sagen, dass sie mich mag?«
»Liebste Mira, auch wenn Sie ab und zu mal mit einer Pistole vor einem
stehen, sind Sie doch ein liebenswerter Mensch. Und da Sie inzwischen keine
Knarre mehr haben, geht ja auch nur wenig Gefahr von Ihnen aus.«
Beide lachten herzlich.
»Sie muss eine mächtige Frau sein. Nur Frauen mit Macht benehmen
sich so«, sagte Mira mit einem Seitenblick auf die Großherzogin.
»Da haben Sie recht. Tantchen ist eine von Schleswig-Holstein-Gottorf.
Sie stammt in direkter Blutlinie von Zarin Katharina von Russland ab. Was ihr
Benehmen betrifft, so ist sie manchmal etwas rustikal, aber sie hat ein
riesengroßes Herz. Sie setzt gern alle Hebel in Bewegung, aber nur dann, wenn
sie etwas für einen Menschen tun kann, nie gegen ihn.«
Tomeu hatte kurz den Raum verlassen, um Angela Bischoff einzulassen.
Nun kehrte er mit ihr zurück und stellte, während sie die Großherzogin und
Bischof Crasaghi begrüßte, einen Stuhl für sie neben Carmen an den
Frühstückstisch. Nachdem sie auch den anderen Anwesenden einen guten Morgen
gewünscht hatte, nahm Angela Bischoff Platz und holte einige Notizen aus ihrer
Tasche, die sie vor sich auf den Tisch legte.
»Sie ist eine deutsche Polizistin und die Freundin des Comisario.
Als Verbindungsbeamtin des deutschen Konsulats auf Mallorca hat sie
hervorragende Verbindungen zum LKA und den
deutschen Regierungsstellen«, flüsterte Gräfin Rosa Mira zu.
»Also, liebe Leute, um es kurz zu machen«, Angela Bischoff bedankte
sich durch ein Nicken für den Cortado, den ihr Tomeu servierte, »Cristóbal bat
mich, Sie in aller Verschwiegenheit in eine Reihe von Erkenntnissen
einzuweihen. Zuerst die Mär mit dem vergessenen Uran. Sie machte in der ganzen
Welt die Runde, natürlich nur in den einschlägigen Kreisen, war aber eigentlich
längst abgehakt. Neu hingegen ist, dass sich Extremistengruppen dafür interessieren.
Meinen Recherchen zufolge hatte der Mossad ein internationales Mandat, sich
darum zu kümmern. Bis auf einige Paletten Industrielötzinn und ein paar Leichen
hat man auf Cabrera aber nichts gefunden, also nichts von wirklichem Wert.«
»Haben Sie eine Ahnung«, ging die Großherzogin dazwischen. »Ich
betreibe eine Behindertenwerkstatt, die sich auf die Restauration von
Kirchenfenstern spezialisiert hat. Was meinen Sie, was wir jeden Monat für
Lötzinn zahlen müssen?«
»Dann werde ich mit Cristóbal reden«, erwiderte Angela lächelnd, »um
zu erwirken, dass Sie das Lötzinn für diesen guten Zweck abholen lassen und in
Ihrer Werkstatt verarbeiten dürfen. Ich nehme an, Lötzinn hat kein Haltbarkeitsdatum.«
»Im Gegenteil. Je älter es ist, desto besser ist das Material.«
»Okay«, resümierte Berger, »der Atomkrieg um Cabrera ist mangels
Masse abgeblasen, und die internationalen Wogen haben sich geglättet. Was ist
aber mit dem Schmugglerkrieg, den wir ja dann wohl allein auszubaden hätten?«
»Einfach dingfest machen, verhaften und Schluss«, warf Crasaghi ein.
»Genau das geht leider nicht so einfach. Ein jedes Gesellschaftssystem
funktioniert nur durch ein hohes Maß an Toleranz. Das trifft auf eine
Lebensgemeinschaft, wie die Mallorquiner sie darstellen, ganz besonders zu. Da
gibt es auf allen Seiten viele alte Wunden, die nur mit einer ganz dünnen Haut
bedeckt sind. Solange keiner drin herumrührt, ist alles in Ordnung, aber wehe
dem, der eine davon öffnet und vielleicht sogar Salz hineinreibt.«
Nun wurde es der Großherzogin zu viel. »Aber das Wissen darum kann
kein Grund sein, das moderne Rechtssystem, von dem alle wissen, dass es ein
gerechteres noch nie gegeben hat, außen vor zu lassen. Wenn der Enkel eines
Sozialisten in eine Bank des Herrn March geht, um dort Geld zu stehlen, dann
ist das trotz allem ein schnöder Bankraub. Man kann keine mildernden Umstände
geltend machen, nur weil der Opa von Bomben getötet wurde, die der Bankier
General Franco spendiert haben soll. Wo soll man bitte schön die Grenze
ziehen?«
»Da haben Sie völlig recht, liebe Auguste. Ich möchte ja auch nur
aufzeigen, in welchem Dilemma Cristóbal momentan steckt.«
Crasaghi nahm einen großen Schluck frischer Limonade, die Anatol zubereitet
und serviert hatte. »Kümmert sich der Inselrat nicht um solch delikate
Probleme?«
»Nicht genug. Weil die Damen und Herren wiedergewählt werden wollen.
Cristóbal steht damit
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