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Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi

Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi

Titel: Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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großherzoglichen Stirn wurden immer steiler. »Nun
gut. Wie lange dauert es, bis Sie das Boot fertig haben?«
    »Ungefähr vier Monate.«
    »Gut.« Tante Auguste nickte. »Wenn das Ding in vierzehn Tagen so,
wie wir es eben bestellt haben, im Hafen von Cala Figuera schwimmt, bin ich
bereit, zehn Prozent mehr zu zahlen, als Überstundenpauschale. Sie schaute dem
Manager tief in die Augen. »Señor, habe ich da eben ein ›Sí‹ gehört?«
    » Sí , Señora«, sagte er kleinlaut.
    »Gut, Señor. Wenn nicht, bestellen wir bei jemand anderem.«
    Der völlig verschüchterte Manager gab ein weiteres simples »Sí« von sich.
    Als die Kundschaft aus dem Haus war, lebte er sichtlich auf. »Juan«,
brüllte er seinen Vorarbeiter quer durch die Halle an. »Sag deiner Frau
Bescheid, wir brauchen jetzt jeden Tag Abendessen hier in der Halle, und zwar
für alle Mann.«
    »Feiern wir ein Fest, Señor?«
    »Blödsinn, wir bauen ein Boot!«
    ***
    Carmen hatte ganze Arbeit geleistet. Die Plaça vor der Kirche von Colonia
Sant Jordi füllte sich. Als García Vidal mit eigenen Augen sah, was er da mit
der Vorladung aller Álvarez und Bauzás angerichtet hatte, wurde ihm doch etwas
flau. Aber nun gab es kein Zurück mehr. In diesem Augenblick war er froh,
Crasaghi an seiner Seite zu wissen, der in vollem Ornat mit den Pfarren von Ses
Salines und Colonia Sant Jordi vor dem geschlossenen Kirchentor stand, wie ein
Zerberus bereit, den anzufallen, der sich in seinem Reich nicht benahm oder zu Unrecht
Einlass begehrte. Pünktlich um achtzehn Uhr setzte Glockengeläut ein, und die
schweren Kirchentüren öffneten sich wie von selbst.
    Mit dem Bischof an der Spitze, gefolgt von den beiden Pfarrern und
dem Comisario, zogen die beiden Großfamilien in die Kirche. Da die Álvarez und
Bauzás nicht ahnten, was sie darin erwartete, blieb jeder von ihnen erst einmal
wie vom Donner gerührt in der Tür stehen. Sie brauchten eine ganze Weile, um zu
begreifen, was sie da sahen. Die Kirche wieder zu verlassen, war wegen der
nachströmenden Menschen nicht möglich. Jeder von ihnen wurde weiter durch den
Gang und in die Bänke geschoben. Am Ende der Reihe gab es auch kein Entrinnen,
denn dort standen mit finsteren Gesichtern zu allem entschlossene Ministranten.
    García Vidal musste lächeln. Der Teufel wusste, wie Carmen es geschafft
hatte, die halbe Guardia Civil in die Messgewänder zu
stecken.
    Das, wovor die Kirchgänger so verwundert zurückschreckten, war ein
Katafalk vor dem Altar, auf dem nebeneinander zwei Särge standen, die
misstrauisch von ihnen beäugt wurden.
    Zuerst war es eine ganz normale Totenmesse, die in der Kirche von
Colonia Sant Jordi zelebriert wurde. Grinsend beugte sich Berger, der in der
ersten Reihe auf den Einzug gewartet hatte, zum Comisario rüber. »Macht einen
schlanken Fuß, unser Bischof, nicht wahr? Sieht richtig gut aus in seinen
Klamotten. Jetzt fehlt nur noch, dass George Clooney zum Abendmahl ein Tässchen
Nespresso serviert, dann ist selbst der Himmel glücklich. Wann kommt Ihr
Einsatz?«
    »Warten Sie’s ab. Es kann nicht mehr lange dauern.«
    Crasaghi hatte sich inzwischen auf die Kanzel begeben. »Señoras y
Señores, ich bin sehr dankbar, diesen ungewöhnlichen Trauergottesdienst für Sie
zelebrieren zu dürfen. Seien Sie versichert, dass er trotz seiner
Außergewöhnlichkeit in vollem Rahmen der vorgeschriebenen Liturgie entspricht.
Wenn wir heute von dem Üblichen etwas abweichen, dann deshalb, weil die beiden
Menschen, die wir heute zu Grabe tragen, im Mittelpunkt unserer Messe stehen
sollen. Wir möchten ihr Andenken ehren und vielleicht ein paar Worte über sie
und ihr Wirken hören. Dort drüben steht ein Mikrofon, wer möchte, kann jetzt
aufstehen und etwas sagen.«
    Alles löste sich mühsam aus der Schockstarre und schaute sich nervös
um. Ein betretenes Schweigen entstand. Man konnte förmlich die aufgeregten
Herzschläge seines Nachbarn hören.
    »Ich werde etwas sagen«, rief der Comisario. Er stand von seinem
Sitz auf und stellte sich vor das Mikrofon neben den Särgen. »Liebe Anwesende,
hier sitzen heute zwei Familien, die durch die Irrungen und Wirrungen eines
Bürgerkrieges und dessen Folgen über fast sechzig Jahre hinweg jeglichen
Kontakt zueinander vermieden haben. Sie sitzen hier im Grunde stellvertretend
für alle Mallorquiner, denn dieser Riss spaltete damals die Nation, und so ist
es leider noch heute. Dass unsere Großväter und Großmütter nicht mehr
zueinanderfanden, ist

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