Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
nämlich ein russisches U-Boot mit dem verheißungsvollen Namen
Projekt 641. In der NATO wurde es als
›Foxtrott-Klasse‹ bezeichnet. Achtundfünfzig Stück haben die Russen zwischen
1957 und 1970 für sich selbst gebaut, das letzte ist 1993 außer Dienst genommen
worden. Vier Boote gingen dann noch nach Indien und dreizehn in den weiteren
Export. Im Mittelmeer waren vier davon unter libyscher Flagge stationiert. Sie
sind offiziell außer Dienst und liegen laut Satellitenbildern brav und artig im
Hafen von Zuwara. Ob die vier Boote, die man da sieht, wirklich echt sind, kann
aber niemand sagen, der nicht vor Ort war. Die Seestreitkräfte in unserer Nähe,
also Marokko, Tunesien und Algerien, haben von den alten Schinken keine mehr.
Ägypten hat welche aus der ›Kilo-Klasse‹, aber die stimmen nicht mit den
Beobachtungen überein.«
»Hm«, machte Berger nachdenklich. »Wie viele Leute braucht man
eigentlich, um mit so einem Ding herumzufahren?«
»Voll unter Waffen benötigt man eine Besatzung von siebzig Mann. Um
von Hafen zu Hafen zu schippern und eventuell ein paar Flüchtlinge zu transportieren,
reicht schon ein gutes Dutzend.«
García Vidal beobachtete den Residente aufmerksam. »Miguel, ich
kenne Sie lange genug, um zu wissen, dass Sie etwas ausbrüten. Was geht in
Ihrem Schädel vor?«
»Ich versuche gerade, alle Informationen, die Angela uns soeben
präsentiert hat, sinnvoll unter einen Hut zu bekommen.«
Der Comisario sah ihn verständnislos an. »Das halte ich für so gut
wie unmöglich. Frauen sind traditionell auf U-Booten verboten.«
Angela schüttelte den Kopf. »Vergiss es, Cristóbal. Die Zeiten sind
vorbei.«
»In der arabischen Welt?«
»Dieses Verbot mag ja hier und da noch gelten«, fuhr Berger fort,
»nur mit Sicherheit nicht in Libyen. Da gibt es ganze Eliteregimenter, alles
nur Frauen. Jung, hübsch und völlig skrupellos. Jetzt, wo sie keinem spinnerten
Oberst mehr dienen müssen, heißt ihr Kriegsherr Mammon, je schnöder, desto
besser.«
»Was sie mit ihren männlichen Kollegen gemein haben«, fügte Angela
hinzu.
»Nehmen wir mal an, da sind ein paar nautisch ausgebildete Elitesoldatinnen,
die sich nebenher etwas verdienen möchten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
die Regierung davon etwas ahnt.« Crasaghi schaute fragend in die Runde. »Wie
lange braucht man von diesem libyschen Hafen nach Cabrera?«
Angela konnte die Frage auf Anhieb beantworten. »Schätzungsweise
drei Tage«, sagte sie.
»Wir stehen vor einem Berg von Fakten«, resümierte Crasaghi. »Aber
was passiert jetzt?«
García Vidal hatte sich während der ganzen Zeit Notizen gemacht.
»Machen wir Nägel mit Köpfen.« Er legte den Stift zur Seite, und nun war es
Carmen, die sich schreibbereit hielt. »Zuerst wird der Hafenmeister rund um die
Uhr so observiert, dass er wirklich nichts davon mitbekommt. Dabei will ich nur
Könner ihres Fachs in seiner Nähe sehen. Oder besser nicht sehen. Es werden
zusätzlich die Damen Bauzá und Álvarez unter Personenschutz gestellt. Ich habe
kein Interesse daran, dass im Museum heute Nacht noch ein Damenbecken
aufgemacht wird. Weiterhin möchte ich, dass die Häfen von Sa Ràpita und von
Colonia Sant Jordi durch die Küstenwache kontrolliert werden. Ich will zu jeder
Zeit wissen, wer da ein- und ausfährt. Angela, es ist bekannt, dass seit dem
11. September alle Funkgespräche irgendwo aufgezeichnet und gespeichert werden.
Vor allem im arabischen Raum. Ich will wissen, wer mit den Leuten vom U-Boot
Kontakt hält und wie. Ich bin mir fast sicher, dass die Drahtzieher der
Schleuser irgendwo in Marokko oder Tunesien sitzen. Es wird also über Umwege
gehen müssen. Miguel, Sie schnappen sich unseren Kirchenfürsten und sehen auf
Cabrera nach dem Rechten. Die Bereitschaftspolizei bleibt vorerst dort
stationiert. Wenn sich da auch nur die kleinste Kleinigkeit tut, will ich
sofort davon erfahren, okay?«
Alles nickte.
»Ich werde mich jetzt zum Inselrat begeben, um den Schmugglerdeal
abzusichern. Das Ding ganz allein auf meine Kappe zu nehmen, könnte heikel
werden. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass wir noch auf Überraschungen stoßen
werden.«
***
Vor der gräflichen Finca hielt eine große schwarze Limousine. Zwei
Männer stiegen aus und kamen direkt auf den Haupteingang zu. Tomeu stellte aus
der Küche heraus fest, dass es sich dem Nummernschild nach um ein
Diplomatenfahrzeug handelte. Anatol öffnete ihnen.
»Sie wünschen?«
»Señor, wir kommen vom israelischen
Weitere Kostenlose Bücher