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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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damit verbunden war, wurde die Tragik noch fühlbarer.
    Das Licht der Sterne verlor ein wenig seine Eisigkeit, als sie daran dachte, wie friedlich ihr eigenes Leben verlief. Heddas, aber auch Ninas Familiengeschichte glichen Albträumen. Welche Art Erinnerungen mochten die übrigen Mitglieder der Gruppe mit sich herumtragen? So neugierig sie war, danach wollte sie lieber nicht fragen.
    Sie griff wieder zu den Bögen und las den letzten Absatz des Artikels. Heddas Schwester war zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, ihr Sohn lebte nun bei seinen Großeltern, die jeden Kontakt zu ihrer Tochter in der Haftanstalt verweigerten. Hedda berichtete weiter, außer ihr habe ihre Schwester niemand mehr, ihr Mann, der wegen Kindesmisshandlung und Betrugs verurteilt worden war, sei in der Haft gestorben. Wenn V. entlassen werde, werde sie sie bei sich aufnehmen und versuchen, ihr zu helfen, in ein lebenswertes Leben zurückzufinden. V. sei ihre einzige Schwester, und sie liebe sie. Das werde sie immer tun, egal, was geschehen sei.
    Ein Bogen blieb noch. Es war die Kopie eines kurzen Artikels über einen Prozess gegen eine Frau, die ihren Säugling so sehr geschüttelt hatte, dass er gestorben war. Auch an dem anderen älteren Kind der Frau waren Beweise für frühere Misshandlungen festgestellt worden. Wenn Johannes diesen Artikel beigefügt hatte, konnte es sich bei dem Prozess um Heddas Schwester handeln. Auf der Kopie waren weder Quelle noch Datum vermerkt, Johannes hatte es eilig gehabt. Das Schriftbild ließ eine Tageszeitung vermuten. Leo las rasch, die letzten Sätze jedoch dreimal.
    Als Zeuge war ein Nachbar gehört worden, ein Student, der in jener Nacht die Polizei zu Hilfe gerufen hatte und als Einziger bereit war, auszusagen. Er hatte nicht nur zuhören müssen, einmal hatte er auch gesehen, wie der Ehemann der Angeklagten das ältere Kind im Hof des Mietshauses geschlagen habe. «Auf seine Aufforderung, er möge das lassen, war der Vater wütend weggegangen und hatte seinen weinenden Sohn sich selbst überlassen. Der Zeuge, der angehende Jurist Benedikt S., hatte ihn darauf zu seiner Mutter in die elterliche Wohnung gebracht.»
    Benedikt S. und Hedda M. — Benedikt Siemsen und Hedda Meyfurth?
    Leo rang nach Luft. Plötzlich stimmte nichts mehr von dem, was sie in den letzten Tagen zu begreifen gemeint hatte. War überhaupt alles falsch, was sie Inspektor Obanos berichtet hatte? Ein Hirngespinst?
    Konnte es ein Zufall sein, wenn ausgerechnet die Schwester der Frau, die Benedikt durch seine Aussagen vor Gericht schwer belastet hatte, die gleiche Reise machte wie er? Und wenn er auf dieser Reise auf ungeklärte Weise in eine Schlucht stürzte und nur mit Glück knapp dem Tod entkam?
    Sie versuchte, sich Hedda vorzustellen, die sich stellvertretend für ihre Schwester rächen wollte und Benedikt in den Abgrund stieß. Unmöglich. Auch wäre sie dann unter irgendeinem Vorwand längst abgereist, Jakob hatte nach Benedikts Sturz angeboten, wer es vorziehe, könne die Reise abbrechen. Diese Gelegenheit hätte sie nutzen können, es wäre niemandem aufgefallen. Andererseits hatte sie vielleicht genau das befürchtet. Trotzdem, Sie musste damit rechnen, dass Benedikt sich erinnerte. Es sei denn, er hatte unter seiner Kapuze nicht gesehen, wer sich von hinten näherte und zustieß. Dann konnte sie sich sicher fühlen. Mit jedem Tag, der ohne das spätere Auftauchen möglicher Zeugen verging, mehr.
    «Halt», murmelte Leo, «halt. So geht es nicht. Keine Hektik.»
    Auch wenn es sich tatsächlich um diese Hedda und um diesen Benedikt handelte — sie zweifelte keinen Moment mehr daran—, hatte Hedda nicht wissen können, dass Benedikt und Nina diese Reise buchen würden. Zwischen ihnen hatte es keinerlei Kontakt gegeben. Oder doch? Vielleicht war es möglich gewesen, irgendwie. Wenn...
    Sie schaffte es nicht allein. Sie musste mit jemandem darüber reden, dabei wurden verwirrende Fakten klarer. Mit Nina? Auf gar keinen Fall. Es reichte, wenn sie selbst den ganzen nächsten Tag mit Hedda verbringen musste, ohne sich ihr Wissen und ihren Verdacht anmerken zu lassen. Und vielleicht war es doch nur ein dummer Zufall, dass Hedda die gleiche Reise gebucht hatte wie Benedikt. Wenn sie ihn auf diese Weise unerwartet wiedergetroffen hatte — den Mann, der erheblich dazu beigetragen hatte, dass ihre Schwester angeklagt und verurteilt wurde, egal, wie berechtigt das gewesen war—, musste die Begegnung sie tief

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