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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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besser geworden, gut sogar, richtig gut. Wenn dieser Scheißtyp nicht gleich die Bullen geholt hätte. Er ist schuld. Er hat mein Kind umgebracht. Und meinen Mann. Das steht nicht in der dämlichen Zeitung, da steht nur     «Du bist nicht Hedda. Du bist deine Schwester.»
    «Vera. Nicht Hedda. Du musst vergessen, hat sie gesagt. Vergessen. Wie geht das? Nachts kommt alles zurück, immer wieder. Vergessen. Wozu? Für wen? Geh raus, Leo, geh auf den Balkon.»
    Leo fühlte den kalten Luftzug im Nacken, ihr war übel, ihre Knie zitterten. «Das ergibt keinen Sinn, Hedda. Vera. Lass mich jetzt gehen. Niemand außer mir weiß — oh», ihr Blick flog zur Zimmertür, «wie gut, dass Sie da sind.»
    Hedda, die ihre Schwester Vera war, fuhr herum, und Leo sprang, stolperte und riss sie im Fallen mit. Sie hatte sich überschätzt, zwei Hände drückten sie mit eiserner Kraft auf den Boden — irgendetwas krachte, dann war da eine laute Stimme, ein Schrei, und die Hände gaben nach.
    Als sie sich aufrappelte, sah sie Nina mit schreckgeweiteten Augen an der Tür stehen, Inspektor Obanos beugte sich über die zusammengesunken an der Wand hockende Frau, die sie für Hedda gehalten hatte.
     
    «Ich bin sicher, sie wollte mich nur auf den Balkon sperren und verschwinden. Alles andere wäre dumm gewesen. Noch dümmer als mein Versuch, sie umzurennen.» Leo klang überzeugter, als sie war. Sie erlaubte sich nicht, zu glauben, Hedda — nein, Vera habe sie vom Balkon in die Tiefe stürzen wollen. Sie hatte die verschlossene Frau auf der Nachbarbank gerngehabt, besonders, nachdem sie ihre Zeichnungen gesehen hatte. «Das wäre auch unvernünftig gewesen. Vor den gegenüberliegenden Fenstern flattert Wäsche, da ist immer mal jemand und sieht zum Hotel herüber. Sie musste damit rechnen, dass es Zeugen gibt. Sie hatte auch keinen Grund», fügte Leo trotzig hinzu. «Ich habe ihr nichts getan.»
    «Benedikt auch nicht», sagte Nina in ungewohnter Schärfe. «Er ist genauso wenig schuld an ihrem verpfuschten Leben wie du. Er hat richtig gehandelt. Absolut richtig! Außerdem glaube ich nicht, dass sie in dem Moment mit irgendetwas gerechnet hat. Nachdem sie sich fast zwei Wochen zusammengerissen hatte, ist sie einfach ausgerastet, als du vor ihr standest und sie sich durchschaut und erkannt fühlte.»
    «Viel mehr als zwei Wochen», sagte Leo nachdenklich. «Sie hat Jahre im Gefängnis gesessen, ihr Kind und ihr Mann sind tot, ihr älterer Sohn lebt weit weg und für sie unerreichbar bei ihren Eltern. Sie brauchte einen Schuldigen.»
    Nina sah sie wütend an. «Das klingt, als würdest du sie verstehen. Schuldig ist niemand als sie selbst. Warum hat sie sich nicht von diesem Mann getrennt? Ihre Schwester hatte ihr doch Hilfe angeboten. Das ist viel. Nicht jeder hat jemanden, der ihn aus dem Sumpf holt. Anstatt in der Haft jahrelang ihren Körper zu trainieren und ihren Hass zu nähren, immer weiter vor sich selbst und ihrer Schuld wegzulaufen, hätte sie lieber das Angebot der Psychologen annehmen sollen.»
    «Ich weiß, Nina.» Leo seufzte. «Du hast ja recht. Jeder

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