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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Elektrokardiogramm und in ständig springenden roten Zahlen Blutdruck, Pulsfrequenz und Körpertemperatur.
    Auch auf der anderen Seite des Bettes stand eine Maschine, die, von einem Computer überwacht und gesteuert, den kranken Körper mit den richtigen Rationen von lebenserhaltenden Flüssigkeiten und Medikamenten versorgte. Obanos erinnerte sich gut an die schrillen Töne, die diese Geräte von sich gaben, sobald die gemessenen Werte von der eingegebenen Norm abwichen. Er hatte der stets misstraut, seit der langen Krankheit seines Vaters war er sich seiner Ablehnung nicht mehr sicher. Und dieser junge Patient wäre ohne die Schläuche und Maschinen wohl tot.
    Benedikt Siemsens Kopf und Oberkörper waren bandagiert, eine flächige Schürfwunde ließ sein Gesicht noch blasser erscheinen, als es ohnedies war. Das linke Bein lag unter der Decke auf einer Schiene im Streckverband.
    «Sehen Sie, Inspektor.» Dr. Helada legte die Hand auf die Schulter des Verletzten, als wolle er ihn beruhigen oder sich wortlos für die Störung entschuldigen, und zeigte mit der anderen auf die besonderen Hämatome an der linken Halsseite und am linken Unterarm. «Das ist doch eigenartig, finden Sie nicht?»
    Obanos schob schweigend die Unterlippe vor. Er sah nichts Seltsames, nur zwei blaue Flecken, die sich bereits ins Violettgrünliche verfärbten.
    «Ich weiß», sagte der Arzt, «sie sehen auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär aus. Für mich aber doch. Vor allem die Verfärbung an der Halsbeuge, dort ist es ziemlich schwer, bei einem Sturz Hämatome zu bekommen. Das hat die Natur gut eingerichtet, da verläuft nämlich die Arteria carotis , die große Halsschlagader. Wer sich an der ernsthaft verletzt, hat schlechte Chancen.»
    «Ich weiß», murmelte Obanos und zog die Schultern hoch. Der Anblick der beiden Opfer des irren Mörders, der diese Stelle sehr genau kannte, war ihm noch nach einem Jahr deutlich in Erinnerung. Sie waren verblutet wie Lämmer beim Schächten.
    «Außerdem liegen dort sehr empfindliche Presso-Rezeptoren, spezielle Zellen, die auf Druck reagieren», erklärte Dr. Helada weiter, die Hand immer noch leicht auf der Schulter seines Patienten. «Eigentlich sind sie an dieser Stelle für die Blutdruckregelung zuständig, doch ein heftiger, gutgezielter Schlag auf den richtigen Punkt führt sofort zur Bewusstlosigkeit. Mindestens.»
    «Das reicht jetzt.» Eine leise, gleichwohl strenge Stimme ließ Obanos herumfahren. «Solche Sachen bereden Sie lieber vor der Tür. Wenn der Patient das hört, wird es ihm davon kaum bessergehen. Sind Sie der Inspektor?»
    Obanos nickte. Ihm war schleierhaft, wie er die Nonne in ihrer Ecke bei dem Tisch mit allerlei Behältnissen voller Spritzen, Schläuchen, Handschuhen, Verbandsmaterial und ähnlichen Utensilien hatte übersehen können, als er den Raum betrat. Sie würde leicht den Kittel ausfüllen, den er sich um den Körper gewickelt hatte und der immer noch bis auf seine Füße reichte. Ihre Hände in den Latexhandschuhen lagen streng gefaltet auf ihrem Bauch, ihr rosiges altersloses Gesicht verriet tiefen Grimm. Schlagartig fühlte er sich wie ein Junge, der beim Äpfelstehlen erwischt wird, was er keineswegs angemessen fand.
    «Sie haben recht, Schwester Luzia. Natürlich, man weiß ja nie.» Dr. Helada machte ein zerknirschtes Gesicht, und Obanos stellte verblüfft fest, dass die Zerknirschung echt war. Schwester Luzia hatte nicht nur ihre Patienten und deren Versorgung fest im Griff.
    Dr. Heladas Stimme, ohnehin seit Betreten des Raumes leise, senkte sich zu einem Flüstern, als er von dem Bett zurücktrat. «Das ist Inspektor Obanos», stellte er vor. «Und Schwester Luzia. Sie ist unser guter Geist und kann Wunder vollbringen.»
    «Dafür sind Gott und die Heiligen zuständig.» Das Gesicht der Schwester wurde trotz der Schmeichelei nicht milder, anstatt bei der Erwähnung des himmlischen Vaters das Kreuz zu schlagen, wie es sich für eine gute Katholikin und eine Ordensfrau insbesondere gehörte, hielt sie die Hände weiter fest wie eine Barriere vor dem Bauch. «Ich hoffe, Sie kriegen diesen Unmenschen, Inspektor», sagte sie und blickte auf Obanos hinunter wie, ja, wie auf einen Apfeldieb. «Falls Dr. Helada recht hat! Aber das hat er ja meistens. Und nun gehen Sie besser, Kranke brauchen Ruhe.»
    Es war Obanos wirklich peinlich, als er beim Hinausgehen über seinen Kittel stolperte und gegen das zweite, zum Glück leere Bett fiel. Die

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