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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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aufrechtzuerhalten.
    Kriminelle hatten das Recht auf Verteidigung, und sehr reiche Kriminelle wurden gewöhnlich von renommierten Spitzenanwälten vertreten. Leo überflog noch einmal die Meldungen, in denen das Wort Spanien auftauchte. Der Angeklagte, las sie, sei in Logroño/Spanien geboren und seit fünf Jahren deutscher Staatsbürger. Es ging um den sechsundzwanzigjährigen Luis Domingo — noch ein Domingo!, wenn auch gewiss kein Heiliger—, der in der Reihe der Angeklagten und Prozesse als kleines Licht galt, er war wegen Betrugs zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seine Anwälte, drei an der Zahl, hatten angekündigt, in Revision zu gehen. Die Chancen auf ein neues Verfahren mit einem milderen Urteil oder gar Freispruch am Ende wurden von einem Experten, wie sie die Redaktionen in solchen Fällen als Sprachrohr parat haben, als äußerst gering eingeschätzt. eher sei ein höheres Strafmaß zu erwarten.
    Gebürtig aus Logroño. Die Hauptstadt der Provinz Rioja lag etwa dreißig Kilometer östlich von Nájera am Río Ebro. Sie war eine bedeutende Station auf dem Jakobsweg, denn in einem Dorf ganz in der Nähe hatte angeblich die legendäre Schlacht mit Jakobus als Maurentöter stattgefunden. Heute war die Stadt mehr für ihre Restaurantmeile als für ein Übermaß an sakraler Kunst bekannt. Sie waren nur daran vorbeigefahren. Vielleicht hatte Enno recht, halbwegs. Sollten dieser unheilige Domingo und sein Prozess Grund für Benedikts «Unfall» sein, ging es nur nicht um die ETA oder simple Schmuggler, sondern um Rache an einem Rechtsanwalt, der vor Gericht nicht den erwarteten Freispruch oder auch nur ein mildes Urteil erreicht hatte. Ziemlich weit hergeholt, dachte Leo, und wenig wahrscheinlich. Benedikts Name tauchte in den Berichten nicht auf, aber als junger Anwalt konnte er gut einer der weniger Exponierten im Verteidiger-Team gewesen sein.
    Das war reine Spekulation. Ennos dunkle Phantasie erwies sich als ansteckend. Andererseits, falls sie Nina doch noch traf, konnte es nicht schaden, danach zu fragen. Leo schloss die Internetseite und beugte sich in ihrem Stuhl weit genug zurück, um den Empfang sehen zu können. Sie wunderte sich, dass Señor Saura nicht längst gekommen war, um zu fragen, was sie so lange trieb. Señor Saura war nicht zu sehen. Seinen Platz hatte wieder die makellose Señorita eingenommen.
    Weiter mit den Müllers. Nach der Liste wohnte Fritz im Ulmensteig 12, Rita in Nummer 21. Ein Zahlendreher. Darauf hatte Rita mit schrillem Lachen hingewiesen, als Jakob die Liste verteilte. Das komme immer wieder vor. Für ihren Laden in der Hildesheimer Innenstadt hatte sie eine eigene Homepage eingerichtet. Sie bot «exklusive Innendekoration für Ihr ganzes Heim» an, zurzeit warb sie mit einer Sonderaktion für Stoffe, Möbel und «Raumschmuck» im Stil spanischer und südfranzösischer Landhäuser. Vielleicht verbuchte sie die Tour auf dem Jakobsweg als Geschäftsreise.
    «Fritz Mueller Hildesheim» ergab 591 Treffer. Mit dem Zusatz «Sparkasse» wurde es übersichtlicher. Fritz leitete eine Filiale — wie er gesagt hatte, oder war es Rita gewesen?—, die wie deren Laden in der Innenstadt lag. Im Privatleben war er Vorsitzender eines Tennisclubs, das besondere Engagement des Vaters zweier sportlicher Kinder gehörte der Nachwuchsförderung. Bilder oder Porträts zeigten weder die Homepage der Sparkasse noch die des Tennisclubs. Seine Ehefrau Marisa, der «gute Geist der Villa im Ulmensteig» und halbtags Erzieherin in einer Kindertagesstätte, unterstützte ihn in seinem Engagement, die einstige niedersächsische Jugendtennismeisterin (1975) trainierte zudem persönlich die Kleinsten.
    Leo starrte auf die zu Zeilen geronnenen Pixel. Seine Ehefrau Marisa? War das doch ein anderer Fritz Müller? Ein Irrtum? Eine Zeitungsente? Marisa? Rita? Als sie begriff, entfuhr ihr ein Pfiff. Die verschiedenen Hausnummern bedeuteten keinen Zahlendreher — sie stimmten. Beide hießen Müller, wohl kein Name war häufiger in Deutschland, aber Rita und Fritz wohnten nicht im selben Haus, nur in derselben Straße, was unter diesen Umständen ein beachtliches Risiko sein musste. Leo konnte sich nicht erinnern, dass Rita je behauptet hatte, Fritz’ Ehefrau zu sein, alle hatten es ganz selbstverständlich angenommen. Allerdings hatte sie dem nie widersprochen.
    Wie mochten die beiden sich kennengelernt haben? Beim Grillfest mit Nachbarn im Garten der Müller’schen Villa, während die zweifellos

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