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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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trafen sich ihre Blicke. Er lächelte, tippte grüßend an die Stirn und wandte sich dem Bildschirm zu. Leo würde ihn nicht als schönen Mann bezeichnen, sondern als verdammt attraktiv und fabelhaft gewachsen. Ohne sein akzentfreies Deutsch hätte sie ihn im Vorbeigehen für einen Spanier gehalten, das dunkle, gutgeschnittene Haar, die tiefbraunen Augen, die leichte Sonnenbräune, schwarze Jeans und weißes Leinenhemd. Eine Augenweide, würde ihre Mutter mit ihrer Vorliebe für altmodische Metaphern sagen.
    «Papperlapapp», murmelte Leo und schob mit beiden Händen die entzückt lächelnden Mundwinkel zurück in die Gerade. Schließlich hatte sie sich nach ihrem letzten Liebesdesaster fest versprochen, nie wieder auf eine schöne Larve hereinzufallen.
    Nach kurzer Überlegung, ob sie noch einmal zum hospital fahren sollte, entschied sie sich dagegen. Ruth Siemsen saß an Benedikts Bett wie ein Zerberus, sie würde ihren Besuch als Störung empfinden.
    Als sie eine Viertelstunde später durch die Altstadt zur Casa del Cordón schlenderte, dem Stadtpalast aus dem 15. Jahrhundert, in dem Christoph Kolumbus vor seiner zweiten Fahrt über den Atlantik von den Katholischen Majestäten Isabella und Ferdinand empfangen worden war, fiel ihr ein, dass sie nicht daran gedacht hatte, die Namen Jakob Seifert und Ignacio Cristobal einzugeben. Ein lässliches Versäumnis, wozu hätte es gut sein sollen? Als Benedikt in die Schlucht stürzte, war weder der eine noch der andere in seiner Nähe.
     
    Leo versuchte gar nicht erst, leidend auszusehen, als sie beim Arco de Santa María auf die gerade von ihrem Ausflug zurückkehrende Gruppe traf. Jakob murmelte etwas von einem dringenden Telefonat mit der Zentrale und eilte mit langen Schritten voraus. Rita und Fritz folgten ihm, die anderen machten sich gemächlicher auf den Weg zum Hotel.
    Bis auf Enno, der ein verdrießliches Gesicht machte, sahen alle verschwitzt, müde und zufrieden aus, ihre Stiefel waren mit einer gelben Staubschicht bedeckt.
    «Die Magenverstimmung ist dir gut bekommen, Leo», fand Felix, «im Gegensatz zu uns siehst du blendend aus.»
    «Falls du nur faul warst», sagte Caro, «bist du selbst schuld. Du hast wirklich etwas verpasst.»
    «Leider», gestand Leo zu und bemühte sich wenigstens um eine zerknirschte Miene. «Aber mit einem rebellischen Magen ist Busfahren unbekömmlich. Das Kloster ist also schön?»
    «Schön?!» Eva schlug euphorisch die Hände ineinander. «Es ist traumhaft, dabei sieht es von außen völlig schlicht aus. Dort leben noch eine ganze Anzahl Benediktinermönche, man kann nur den Kreuzgang und die alte Apotheke besichtigen, die Kirche und ein Stück vom Garten. Aber dieser Kreuzgang! Das ist nun wirklich ein echter Kraftort, ein achthundertfünfzig Jahre altes Gesamtkunstwerk, zweistöckig mit Rundbogen auf zierlichen Doppelsäulen. Man könnte stundenlang dort sitzen und einfach die Atmosphäre auf sich wirken lassen. Es ist, als trage sie dich in andere Welten. Es ist magisch, Leo, wirklich magisch. Allein die Reliefplatten an den Eckpfeilern und den Säulenkapitellen sind einen Besuch wert. Bis ins kleinste Detail ausgeformte Darstellungen von mythischen Tieren, biblischen Szenen und Blattrankenschmuck. Auf einer Platte ist Christus als Jakobspilger dargestellt, mit Muschel und Pilgertasche. Wenn wir nur mehr Zeit gehabt hätten! Maurische Sklaven haben an diesen Kunstwerken mitgearbeitet, das erklärt die islamischen Motive, die finden sich dort Überall. Gerade in unserer Zeit ist es so tröstlich, zu sehen, wie sich in einem christlichen Kloster zwei Kulturkreise und Religionen friedlich vereinen.»
    «Ob das so friedlich ist, wenn fromme Klosterbrüder Sklaven für sich schuften lassen, weiß ich nicht», unterbrach Caro Evas beseelten Eifer, «aber damals fand man das wohl normal. Vergiss den jungen Mönch nicht, der uns durch seine heiligen Hallen geführt hat! Der war auch ganz schön magisch. Er trug seine Kutte, als sei sie von Armani, wirklich schade, dass er sich fürs Kloster entschieden hat, die reinste Verschwendung. Eva hat sich gleich in ihn verliebt, auf den ersten Blick, sie hing während der ganzen Führung an seinen schönen Lippen. Leider nur mit den Augen. Vielleicht auch mit der Seele, falls So was geht.»
    «Du spinnst ja, Caro.» Eva war tief errötet und begann mit gesenktem Kopf in ihrem Rucksack, zu kramen, das schamhafte Lächeln der schönen Erinnerung ließ sich trotzdem nicht verbergen. «Er ist

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