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Tod auf der Donau

Titel: Tod auf der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michal Hvorecky
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vertraute Mona schließlich an, dass er die ganzen Jahre mit Gedanken an sie verbracht hatte.
    »Vergessen wir alles und sind wieder zusammen?«, fragte Martin.
    »Wie bitte?«
    »Wir zwei? Wie vorher? Am Fluss und sonst auch?«
    »Wie zusammen? Sei nicht kindisch. Ich habe einen Freund. Heute Nacht fliege ich mit meiner Familie wieder nach London zurück. Ich bin schon eine ganze Woche da und langweile mich ziemlich. Bratislava geht mir so auf die Nerven. Gott sei Dank bist du da. Komm her, damit ich dir einen ordentlichen Kuss geben kann.«
    Sein Magen zog sich zusammen, und er schüttelte sich vor Kälte. Er hörte das immer schwächer werdende Klappern ihrer Absätze und ein übles englisches Schimpfwort, als sie stolperte.

8. ORIENTIERUNGSPUNKTE
    Am Kai in Passau herrschte Chaos. Eine Obst- und Gemüseladung wurde zu spät angeliefert, und die Besatzung kam ordentlich ins Schwitzen, wenn sie diese rechtzeitig löschen wollte. Martin lotste einhundertzwanzig Amerikaner zu den Reiseführerinnen, die ihnen die Stadt näherbringen sollten. Seit zwei Nächten hatte er nicht mehr durchgeschlafen. Dieses Mal musste er den Ausflug allerdings mitmachen; Mona ließ sich überreden und kam auch mit. Die meisten Gesichter hatte er sich bereits eingeprägt und kannte auch die zugehörigen Namen.
    »Unser Tag in Passau wird kurz, allerdings intensiv sein. Liebe Reisende, heute um fünf Uhr legen wir Richtung Österreich ab. Ich ersuche Sie, unter allen Umständen pünktlich zu sein, denn wir werden den ganzen Abend, die Nacht und noch den nächsten Morgen durchfahren. Ich wünsche Ihnen viel Spaß in dieser exzellenten Stadt am Zusammenfluss dreier Ströme.«
    Er bemerkte einige verwirrte Gesichter und fügte hinzu:. »Ich möchte Ihnen unsere – möglicherweise – neue Kollegin vorstellen. Mona Mannová stammt aus Bratislava, so wie ich. Sie macht auf diesem Schiff eine Trainingsfahrt und ist vielleicht schon bei der nächsten ADC-Reisegruppe in einem Monat mit dabei. Wir wollen ihr alle gemeinsam die Daumen drücken!«
    »Hi Mona. Good luck! Toi toi toi! Alles Gute!«, riefen die Amerikaner.
    Mona lächelte beglückt.
    Die Gruppe enterte die engen Gassen. Die Altstadt lag zwischen den Flüssen, die neuen Stadteile erstreckten sich über die anliegenden Hügel. Der Spaziergang war für Martin ermüdend. Direkt vorseinen Augen flossen drei Farben zusammen: die blaue Donau, der braune Inn und die schwarze Ilz.
    Der Inn, das mächtigste Gewässer von allen, bildete in Passau die deutsch-österreichische Grenze. Warum benannte Johann Strauss seinen weltberühmten Walzer nicht »Am schönen blauen Inn«? Warum spricht man nicht von einer Innmonarchie? Die Donau ist länger, deshalb gilt wohl der größere Inn als ein Nebenfluss. Für Martin stellte Passau (wie jede andere Donaustadt) einen vertrauten Orientierungspunkt dar, einen Halt an einer schier endlosen Straße, an der nur die Hausnummern wechselten.
    »Muss ich also noch nicht von Bord?«, fragte Mona nach einer Weile.
    »Hängt von dir ab. Bleib, wenn du willst. Gleich sind wir beim Stephansdom. Wenn du dort in der Menge verschwindest, werde ich es den Amis schon erklären können. Falls es überhaupt jemandem auffällt. Sie vergessen recht schnell. Manchmal fragen sie mich nach zwei Wochen in Bulgarien, wer ich bin und was ich an Bord mache. Ich gebe dir Geld für eine Fahrkarte nach Bratislava.«
    »Ich werde mir was zum Anziehen kaufen.«
    »Ich schulde dir ja noch ein paar Euro.«
    »Erinnere mich lieber nicht daran.«
    Martin drängte sich vor und sagte laut: »Werte Passagiere, nun besuchen wir gemeinsam mit den Reiseführerinnen den Dom St. Stephan, in dem sich die zweitgrößte Orgel der Welt befindet. Sie zählt 17.774 Pfeifen. Um die größte Orgel zu sehen, müssten wir eine andere altehrwürdige europäische Stadt besuchen – nämlich Los Angeles. Wir bleiben jetzt eine Stunde hier und fahren anschließend weiter. Wer zu müde für einen Spaziergang ist, kann auf einer Bank oder im Kaffeehaus auf uns warten.«
    Mona war nicht mehr zu sehen. Martin wusste nicht, ob sie für 30 Minuten, ein paar Jahre oder gar für immer verschwunden war. Er hatte nicht die geringste Lust, sich etwas über den Heiligen Geist, St. Paulus oder Michael, Severin, Nikolaus, die Jungfrau Maria oderMariahilf anzuhören. Spielzeugmuseum, Glasmuseum, Museum moderner Kunst, die Residenz. Alles geriet durcheinander, und die Zeit zog sich ziemlich. Mit der Gruppe unterwegs zu sein, das

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