Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod auf der Piste

Tod auf der Piste

Titel: Tod auf der Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
Vom Netzwerk:
auf diesem Ölschinken so leidend aus, dass Irmi sich gleich noch depressiver fühlte. Neben der Tür zum Direktorat hing ein Bild des aktuellen Papstes, Benedetto Ratzinger. Um Viertel nach zehn öffnete sich die Tür. Der Schulleiter trat heraus. Er sah älter aus, als er nach Irmis Recherchen war.
    »Grüß Gott, Frau Mangold und Frau Reindl.« Er sah von einer zur anderen.
    »Sie sind ja bereits informiert über den Tod Ihres Kollegen, mein aufrichtiges Beileid«, sagte Irmi und beobachtete ihr Gegenüber genau. Sein Gesicht blieb regungslos.
    »Unfassbar, ein großer Verlust für uns.«
    »Nicht auch eine Erleichterung?« Irmi hatte sich gewappnet für das Gespräch, und sie wusste, dass sie sich gar nicht erst einlullen oder ins Bockshorn jagen lassen durfte angesichts des ehrfurchtgebietenden Ambientes.
    Ganz kurz nur entgleisten die Gesichtszüge des Schuldirektors, dann hatte er sich wieder im Griff. »Jetzt wollen wir uns doch erst einmal setzen. Folgen Sie mir bitte.« Er ging voran, durch wenig prosaische Gänge. Auf einmal befanden sie sich in einem zweiten Treppenhaus mit einer weitaus schmuckvolleren Treppe und standen wenig später vor einer Glastür mit Schmiedeeisen. Der Schulleiter zückte einen Schlüssel und sperrte auf.
    Es war offensichtlich: Das war der unzugängliche Klostertrakt, das Zentrum des Klosterwissens. Man wollte sie beeindrucken und einschüchtern. Sie fanden sich in einem Prunkzimmer wieder: chinesische Malereien auf einer grünlichen Stofftapete, ein alter imposanter Kachelofen – das hier war eine Machtdemonstration.
    Der Schulleiter wies ihnen Sitzplätze zu. »Unser Chinesensaal«, erklärte er.
    »Ich darf mich wiederholen«, griff Irmi den Gesprächsfaden wieder auf. »Ist der Tod von Ernst Buchwieser nicht auch eine Erleichterung?«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nun, es ist bekannt, dass Sie nicht immer einer Meinung waren und dass Ernst Buchwieser den Direktorenposten anstrebte.«
    Ein kurzes trockenes Lachen war die Reaktion des Schulleiters. Sein Gesicht rötete sich. So sehr er sich Mühe gab, regungslos und ruhig zu bleiben, er verfügte nicht über die Fähigkeit, ein Pokerface aufzusetzen. »Die Kreativabteilung! Und Ernst Buchwieser vorneweg. Wir brauchen solche intellektuellen Himmelsstürmer nicht. Wir brauchen Demut und Taten.«
    »Ach, der Taten gab’s doch genug, oder? Denken wir nur an die umgestürzten Plakatsäulen«, sagte Kathi.
    Die Röte nahm zu. »Es war unklug von der Kreativabteilung, die Zöglinge dahingehend zu verleiten.«
    Irmi nahm ein Argument von Maria Buchwieser auf. »Fördert eine Eliteschule denn nicht die Eigeninitiative ihrer Schüler?«
    Kathi zog überrascht die Augenbrauen hoch, auch der Schulleiter war sekundenlang aus dem Konzept geraten. »Sie selbst waren an der St.-Irmengard-Schule, werte Frau Kommissarin, und Sie werden wissen, dass sich Zerstörung nicht mit christlichen Werten in Einklang bringen lässt.«
    Aha, auch der Schulleiter hatte seine Hausaufgaben gemacht. Man durfte ihn nicht unterschätzen. Er war sicher eine Arbeitsbiene, und er war eitel. Aber er würde nie an die verbale Brillanz eines Ernst Buchwieser heranreichen. Nie dessen schnellen geistigen Winkelzügen folgen können. Oder besser: Er hatte nicht herangereicht, und nun war Buchwieser tot, aus dem Weg geräumt.
    »Sie gehen also davon aus, dass Ernst Buchwieser an dieser Schule nichts mehr hätte werden können?«
    »Herr Buchwieser war ein guter Lehrer, mehr aber auch nicht. Unsere Schule ruht auf drei Säulen. Unten liegt die Sporthalle, sie steht für den Körper. Der Physiksaal darüber verkörpert den Geist, und ganz oben in der Internatskapelle findet die Seele ihre Heimat. Dies Prinzip der Dreieinigkeit wird ewig in Demut bestehen, daran ändert auch die Kreativabteilung nichts.«
    Wieder hatte Röte sein Gesicht überzogen.
    »Darf ich zusammenfassend folgern, dass Sie und Herr Buchwieser doch sehr unterschiedlicher Meinung waren?«
    »Der erste Schritt zur Demut ist Gehorsam ohne Zögern. Herr Buchwieser diente nur sich selbst. Ich diene Gott und meinen Schülern. Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt. Darin liegt der Unterschied.« Er lächelte.
    »Sie meinen, Ernst Buchwieser hat sich so erhöht, dass er in die Niederungen eines gewaltsamen Todes hinabsteigen musste?«, fragte Irmi.
    »Gottes Wege, Gottes Wege!«
    »Das war ein profaner Schuss und keine göttliche Fügung!«, meinte Kathi. »Können Sie ein Gewehr bedienen? Wo waren Sie

Weitere Kostenlose Bücher