Tod auf der Piste
Liste.«
Sie nickte Rieger zu, ehe sie mit Kathi den Raum verließ.
»Dieses Arschloch!«, wetterte Kathi.
»Arschloch in jedem Fall. Bleibt die Frage, ob er Buchwieser erschossen hat. Die Briefe sind von ihm, das steht außer Frage«, meinte Irmi.
»Er kann schießen, er hat ein Motiv, er ist ein Choleriker. Klar hat der den Buchwieser auf dem Gewissen«, sagte Kathi.
»Das müssen wir aber beweisen. Wir müssen beweisen, dass er auf der Piste war. Wie ist er da hingekommen? Und ohne Tatwaffe tun wir uns da auch schwer. Ich setz Hasibärchen jetzt noch mal auf Riegers Hotel und Grundstück an. Vielleicht findet er ja noch mehr Waffen. Ich bin gleich wieder da.«
Irmi war sich dessen bewusst, dass die Staatsanwaltschaft es ablehnen würde, Rieger in U-Haft zu belassen, wenn sie nichts fanden. Er würde eine Anklage bekommen wegen der Ballerei, auch wegen der Briefe, aber Irmi war sich ziemlich sicher, dass das für einen Haftbefehl nicht reichte.
Hasibärchen war natürlich nicht begeistert über den Auftrag, ebenso wenig wie Sailer, den Irmi dazu verdonnerte festzustellen, ob es Rieger überhaupt möglich gewesen wäre, zur Kandahar zu gelangen.
Als Irmi wieder ins Büro kam, saß Kathi kopfschüttelnd über einige Papiere gebeugt. »Das ist der Bericht der Spusi über den Status quo auf der Kandahar. Und über Ernst Buchwieser. Ich habe ihn überflogen, als du beim Hasen warst. Das kapier ich nicht, beim besten Willen nicht.«
Irmi sank auf einen Stuhl. »Lass hören.«
»Also, Ernst Buchwieser wurde aus einer Entfernung von ungefähr fünfzig Metern mit einem Kaliber .308 erschossen. Die Spusi hat die Hülse des tödlichen Geschosses am Pistenrand entdeckt. Die Fundstelle der Hülse liegt deutlich unterhalb des Standorts des Schützen, deshalb gehen die davon aus, dass die Hülse auf der Eisbahn weggerutscht ist.«
Irmi nickte. »Wahrscheinlich hätte der Schütze sie einstecken wollen, aber dann war sie weg, und er wollte nicht raus auf die Piste. Oder er wollte schnell abhauen. Ist ja auch vernünftig, wenn man grad einen erschossen hat. Das alles erscheint mir ziemlich logisch. Wo liegt deiner Meinung nach das Problem, Kathi?«
»Das war ja noch nicht alles! Es ist klar, wo der Schütze stand. Es ist klar, was für eine Waffe das war. Welche Munition. Aber an einer anderen Stelle müssen drei weitere Personen gestanden haben und mit Platzpatronen geschossen haben. Gleiches Kaliber. Die Waffe ist ein Standardmodell, die Bundeswehr verwendet sie, keine Rarität. Verstehst du das? Einer schießt mit scharfer Munition, drei andere mit Knallbonbons? Was ist das denn für ein Krampf?«
Krampf war neuerdings Kathis Lieblingswort, sie versuchte nämlich, derbere Schimpfwörter zu vermeiden – um ein Vorbild für ihre Tochter zu sein.
Irmi schaute erst ihre Kollegin an, dann nahm sie sich den Bericht vor und las ihn noch mal durch. In einer Waldschneise hatte der Todesschütze auf der einen Seite der Piste gestanden und den Mann von seitlich hinten erwischt. Weiter unten hatten sich drei weitere Personen befunden, die miteinander Sichtkontakt gehabt haben mussten und mit Platzpatronen geschossen hatten.
Die beiden Frauen sahen sich an. »Muss ich das verstehen?«, fragte Kathi.
»Nein, denn wenn du das verstehen würdest, wärst du Hellseherin oder genial oder beides.«
Irmi rührte in ihrem Espresso, obwohl es da gar nichts zu rühren gab, denn sie trank ihn schwarz ohne Zucker. Es war still, in einem Nebenraum war ein Telefon zu hören, irgendwo gedämpfte Stimmen.
»Gut«, sagte Irmi schließlich. Dabei war gar nichts gut. »Variante eins: Die Dreiergruppe hat irgendein albernes Männlichkeitsritual ausgelebt, so was wie Paintball…«
»Da nimmt man aber Farbkugeln«, unterbrach Kathi sie.
»Dann eben irgendwelchen Unsinn, bei dem mit Platzpatronen geschossen wird. Gibt es da nicht solche Ballerspiele, bei denen irgendwelche Vollidioten in Tarnzeug durch die Wälder preschen?«
»Mag sein. Und?«, fragte Kathi.
Ja eben, das war die Frage. »Vielleicht waren die eher zufällig da und haben mit dem Todesschützen nichts zu tun.«
Kathi sah sie spöttisch an. »Klar, zufällig lungern die alle da herum, ganz zufällig kommt ein bayernweit bekannter Querulant in historischem Gwand des Wegs, und zufällig glaubt ein Jäger, das sei ein verkleideter Hirsch, und erschießt ihn.«
Irmi musste kurz grinsen. Dann stellte sie sich an das Flipchart und malte den Verlauf der gewundenen Skipiste auf. Mit
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