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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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ist ein Wunder, ein
     echtes Wunder!«
    Athelstan sah sich lächelnd
     um. Hin und wieder rief er einem Mitglied seiner Pfarrgemeinde einen Gruß
     zu. Ursula, die Schweinebäuerin, saß auf einem Schemel in ihrer
     Haustür, und ihre große Lieblingssau lag neben ihr. Athelstan hätte
     schwören können, daß die Sau ihn angrinste. Tab, der
     Kesselflicker, hämmerte auf dem Amboß in seiner Werkstatt einen
     Topf zurecht. Athelstan wäre gern zu ihm hineingegangen, aber Sir
     John bahnte sich pfeilgerade seinen Weg durch das Gedränge und
     erwiderte kraftvoll die üblichen Hänseleien und gutmütigen
     Schmähungen.
    »Pater! Pater!«
     Pemel, die Flämin, die sich das Haar in einem grotesken Rot gefärbt
     hatte, kam geschäftig heran; sie trug ein schäbiges, schwarzes
     Kleid, und an ihrem dürren Hals hing eine Kette aus billigen, gelben
     Perlen. Pemel erinnerte Athelstan an eine ziemlich zerzauste Krähe.
    »Pater, könnt Ihr
     eine Messe lesen?«
    Eine magere, schmutzige Hand
     streckte ihm zwei Farthings entgegen. Sanft schloß Athelstan die
     Finger der Hand um die Münzen.
    »Eine Messe? Für
     wen, Pemel?«
    »Für meinen Mann.
     Er ist heute vor sechzehn Jahren gestorben. Die Messe ist für seine
     Seelenruhe.« Die Frau lächelte und entblößte dabei
     ihre gelben Zähne. »Ach ja, Pater, und zum Dank.«
    »Dafür, daß
     er gelebt hat?«
    »Nein, dafür, daß
     der alte Halunke tot ist.«
    Athelstan lächelte.
     »Behalte deine Pennys, Pemel. Ich werde morgen früh eine Messe
     lesen. Mach dir keine Sorgen.«
    Sie bogen aus der Gasse auf
     den Kirchplatz von St. Erconwald. Athelstan schloß die Tür auf,
     und während Cranston sich noch gierig die Finger ableckte, gingen sie
     durch das Kirchenschiff und den Lettner zum Altar, wo sie Ashby auf den
     Stufen zusammengerollt tief schlafend vorfanden.
    »Auf die Beine,
     Bursche!« knurrte Cranston und trat dem jungen Mann gegen die
     schlammverschmierten Stiefel.
    Ashby schrak aus dem Schlaf
     und schaute sich mit panischen Blicken um.
    »Sind sie fort?«
    »Ja, sie sind weg.«
     Athelstan setzte sich neben ihn. »Keine Sorge. Aber sie werden
     wiederkommen. Sie werden vielleicht nicht in die Kirche eindringen, aber
     sie werden sie bestimmt bewachen. Ich an Eurer Stelle, mein Junge, würde
     also bleiben, wo ich bin, zumindest vorläufig.«
    »Wie geht es denn jetzt
     weiter?« fragte Ashby angstvoll.
    Cranston nahm einen Schluck
     aus seinem Weinschlauch und hielt ihn dann Ashby hin. »Du kannst
     vierzig Tage hierbleiben. Wenn die um sind, stellst du dich entweder den
     Beamten des Sheriffs oder du begibst dich in den Kleidern, die du jetzt
     anhast, auf der Straße des Königs zum nächsten Hafen und
     trägst dabei ein Kreuz vor dir her. Läßt du das Kreuz
     fallen oder verläßt du die Straße, so bist du vogelfrei,
     und Marston und seine Männer können dich töten.«
    Cranston nahm den
     Weinschlauch zurück. »Marston und seine Bande werden dir
     wahrscheinlich den ganzen Weg folgen. Nur wenige Kirchenflüchtlinge
     erreichen den Hafen, wenn sie nicht mächtige Freunde haben.«
    Ashby ließ den Kopf hängen.
    »Habt Ihr ihn getötet?«
     fragte Athelstan unvermittelt.
    »Nein.«
    »Aber Ihr hattet die
     Hand am Dolch, als Marston ins Zimmer kam?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Ich ging hinein, sah
     meinen Herrn dort liegen, und… ich wollte den Dolch herausziehen.«
    »Seltsam«, sagte
     Cranston nachdenklich. »Du wolltest den Dolch herausziehen? War es
     denn deiner?«
    »Nein, nein, es war Sir
     Henrys eigener!«
    »Aber statt Mordio zu
     schreien und Hilfe zu holen«, warf Athelstan ein, »habt Ihr
     versucht, dem Toten den Dolch aus der Brust zu ziehen?«
    Ashby schaute zu Boden und
     fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich sage die Wahrheit«,
     murmelte er. »Ich kam ins Zimmer, sah meinen Herrn tot und
     versuchte, den Dolch herauszuziehen. Marston kam herein, und ich floh.«   
    »Na, sag das den
     Richtern des Königs«, meinte Cranston, »und du bist bald
     auf dem Weg zum Schafott.«
    Ashby verschränkte die
     Arme und lehnte sich an den Altar.
    »Was kann ich tun? Wenn
     ich bleibe, muß ich hängen. Wenn ich fliehe, sterbe ich
     ebenfalls.«
    »Da ist noch etwas«,
     sagte Cranston. »Du scheinst mir in so manchen Mord verwickelt
     zu sein, mein Junge. Weißt du etwas über den Tod von Kapitän
     William Roffel?«

 
    Drei
    Athelstan ging hinüber
     zum Haus und holte eine Schale Hafergrütze, zwei Decken und ein
    

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