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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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stiegen die Kaitreppe
     hinunter. Athelstan erblickte jemanden aus seiner Gemeinde, Moleskin,
     einen alten, drahtigen Mann, der immer lächelte und behauptete, er fahre das schnellste
     Ruderboot auf der Themse. Jetzt winkte er Athelston und Cranston zu sich
     und führte sie die glitschigen Stufen hinunter. Wenig später
     ruderte er mit straffen Armen und knackenden Gelenken auf die rauhe,
     dunstige Themse hinaus, vorbei an Dowgate und nach Queen’s Hithe, wo
     die Kriegsschiffe vor Anker lagen. Der Flußnebel war immer noch dick
     und stickig und wehte gespenstisch über dem Wasser. Gelegentlich zog
     Moleskin die Ruder ein, wenn andere Boote, Barken oder Kähne sich flußabwärts
     pflügten. Ab und zu riß der Nebel auf, und sie erhaschten einen
     Blick auf fettbäuchige, hanseatische Kauffahrer auf dem Weg zum
     Steelyard. Cranston beugte sich vor und gab Moleskin Anweisungen. Der Mann
     grinste, räusperte sich geräuschvoll und spuckte ins Wasser.
    »Behaltet Ihr nur den
     Fluß im Auge, Sir John.«
    Cranston spähte über
     die Schulter. Plötzlich wehte der Nebel beiseite. Eine große
     Kogge ragte vor ihnen auf.   
    »Nach rechts! Nein, ich
     meine, nach links!« brüllte Cranston.
    Der Ruderer grinste und
     steuerte sein Boot geschickt unter dem Heck des Schiffes hindurch;
     Cranston sah den Namen Holy Trinity über sich. Dann gingen sie an
     einem anderen Schiff längsseits; seine Planken waren schwarz geteert,
     und der Mast ragte in den Nebel hinauf, während es sanft auf der
     Themse dümpelte.
    »Das ist es!«
     schrie Cranston.
    Moleskin steuerte sein
     kleines Boot längsseits. Er rief Sir John zu, er solle sich
     hinsetzen, bevor er sie alle in die Themse kippte. Dann stand er auf und
     rief: »An Deck! An Deck!«
    Athelstan spähte hinauf
     und sah, daß ein Mann mit einer Laterne an die Reling kam.
    »Wer ist da?«
    »Sir John Cranston,
     Coroner der Stadt London, und sein Schreiber, Bruder Athelstan. Sir Jacob
     Crawley erwartet uns.«
    »Wird auch Zeit,
     verdammt!« rief die Stimme zurück.
    Ein Netz wurde an der
     Schiffswand herabgelassen, gefolgt von einer starken Strickleiter.
     Moleskin steuerte das Boot näher heran. Sir John packte die Leiter
     und schwang sich hinauf, behende wie ein Äffchen. Athelstan folgte
     ihm vorsichtiger, unterstützt von dem spöttisch grinsenden
     Moleskin.
    »Seht Euch vor, Pater«,
     riet der Bootsmann. »Schaut nicht hinunter, nehmt Euch Zeit.«
    Athelstan tat, wie geheißen,
     und schloß die Augen halb. Als Sir John sich über die Reling wälzte,
     geriet die Leiter ins Schaukeln, und Athelstan klammerte sich fest, als
     gelte es sein Leben. Dann kletterte er weiter, bis Cranstons starke Hände
     ihn bei den Armen packten und ihn würdevoll wie einen Mehlsack an
     Deck hievten. Athelstan nahm den Lederbeutel vom Hals und taumelte dann,
     als das Schiff sich bewegte. Er wäre der Länge nach
     hingeschlagen, wenn Cranston ihn nicht festgehalten hätte.
    »Es braucht Zeit, bis
     man seine Seemannsbeine bekommt«, sagte Cranston. »Aber du mußt
     breitbeinig stehen, Bruder.«
    Athelstan gehorchte und spähte
     blinzelnd umher. Das Deck war vollgestellt mit Ledereimern, Taurollen, ein
     paar Säcken, Eisenkugeln und zwei Kohlenbecken mit ausgebrannter
     Holzkohlenasche. Athelstan sah undeutlich ein paar Gestalten, die sich im
     Nebel bewegten. Er schaute nach links über das Deck zum Achterkastell
     und dann nach rechts, wo das Vorderkastell aufragte. Ein Matrose, nackt
     bis auf die Unterhose - der Mann, der sie vorhin begrüßt hatte
     -, betrachtete Athelstan.      
    »Du mußt aber
     frieren«, bemerkte Athelstan. »Ohne Hemd.«
    »Aye, ich friere auch,
     Pater. Aber Ihr kommt jetzt besser mit. Sir Jacob Crawley platzt bald vor
     Wut.«
    Er führte sie über
     das Deck zum Achterkastell und klopfte dort an die Tür.
    »Verpiß dich!«
     brüllte jemand.
    Der Seemann zuckte die
     Achseln, grinste über die Schulter und öffnete die Tür. Er
     duckte sich, als ein Humpen an seinem Kopf vorbeiflog.
    »Sir Jacob? Sir John
     ist da.«
    Cranston grinste von einem
     Ohr zum ändern und schob sich an dem Matrosen vorbei.
    »Jacob Crawley, Ihr
     schmutziger, alter Seebär!«
    Athelstan folgte ihm wachsam.
     Ein muffiger, süßlicher Geruch erfüllte die Kajüte.
     Der Mann, der sich halb von seinem Stuhl am Tisch erhob, um Cranston zu
     begrüßen, war weißhaarig, klein, geschmeidig und nußbraun.
     Er trug einen dunkelblauen Mantel, der von einem

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