Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
Kerzenwachs vom Boden kratzen könntet. Ich sehe Euch wieder, wenn
     ich zurückkomme.« Er zeigte auf Bonaventura, der am Fuße
     einer Säule schlummerte. »Und wenn Ihr Euch einsam fühlt,
     unterhaltet Euch mit dem Kater. Ein großer Plauderer ist er nicht,
     aber er kann gut zuhören.«
    Athelstan folgte Sir John
     hinaus.
    »Einen Moment noch, Sir
     John. Ich bin gleich wieder da.«
    Athelstan warf einen Blick in
     den Stall. Da stand der alte Philomel, an die Wand gelehnt, und kaute
     zufrieden auf einem Bündel Heu. Sanft tätschelte der Priester
     dem Pferd das Maul. Philomel wieherte leise vor Behagen und raufte wieder
     ein Büschel aus dem Heu, und Athelstan lief rasch ins Haus, um seinen
     Mantel und die Ledertasche mit dem Schreibwerkzeug zu holen. Dann gingen
     er und Sir John zielstrebig zum Kai hinunter. Es war schon nach Mittag.
     Der Himmel war bedeckt, aber in den Straßen und Gassen herrschte ein
     hektisches Treiben wie immer. Kinder tobten kreischend um die Verkaufsstände.
     Bettler baten winselnd um Almosen. Höker mit ihren Bauchläden um
     den Hals boten Bänder, Nadeln und Klammern feil. Athelstan sah
     Cecily, die Kurtisane, die vor der Tür einer Schenke stand.
    »Geh zur Kirche,
     Cecily!« rief Athelstan. »Wir haben einen Gast!« Er warf
     ihr eine Münze zu, die sie geschickt auffing. »Kauf ihm eine
     von Mistress Merrylegs Pasteten!«
    Sie kamen am ungewohnt leeren
     Pranger vorbei. Der Strafvollzugsausschuß würde erst in einer
     Woche wieder Zusammenkommen; dann aber würde der Pranger sich mit der Schurkenernte
     einer ganzen Woche füllen. Bladdersniff, der Bezirksbüttel, saß
     betrunken unten vor dem Pranger und schwatzte mit dem Rattenfänger
     Ranulf; dieser streichelte seinen zahmen Dachs, der ihm jetzt überall
     hin folgte. Athelstan hatte ihn sogar schon in der Kirche gesehen, wo das
     Schnäuzchen des Tieres unter Ranulfs Mantel mit der schwarzgeteerten
     Kapuze hervorgelugt hatte. Die beiden Männer riefen einen Gruß
     herüber. Athelstan erwiderte ihn und wunderte sich darüber, daß
     Sir John so seltsam still war - meistens hatte der Coroner, wenn sie durch
     die Straßen gingen, zu allem und jedem eine Bemerkung zu machen.
     Athelstan faßte Cranston beim Arm.
    »Sir John, was ist
     denn?«
    Cranston nahm einen Schluck
     aus seinem Weinschlauch und schmatzte. Er rümpfte die Nase über
     den fauligen Fischgestank von den Netzen, die zum Trocknen auf dem Kai
     ausgebreitet lagen.
    »Ich weiß es
     nicht, Bruder. Diese ganze Geschichte stinkt. Ospring und Roffel waren
     zwei Mörder und Mistkerle und haben bekommen, was sie verdienen.«
     Er rülpste geräuschvoll. »Aber daß die Wache von der
     God’s Bright Light verschwindet, und daß Roffel so merkwürdig
     erkrankt, und daß Sir Henry auf unerklärliche Weise erstochen
     wird … das alles ergibt keinen Sinn.«
    »Ist Euch an Ashby
     nichts Merkwürdiges aufgefallen?« fragte Athelstan.
    Cranston grinste boshaft und
     berührte Athelstans Nasenspitze mit dem Zeigefinger. »Du bist
     ein gerissener, scheinheiliger Pfaffe, Athelstan. Ich habe eine Menge von
     dir gelernt. Wie geht noch die Redensart, die du manchmal gebrauchst?
     ›Vier Dinge sind wichtig: die Fragen, die man stellt, die
     Antworten, die man bekommt…‹?«
    »… und die
     Fragen, die man nicht stellt, und die Antworten, die man nicht bekommt«,
     vollendete Athelstan. »Kein einziges Mal hat Ashby versucht zu erklären,
     wie Sir Henry zu Tode gekommen ist. Er hat seine Unschuld beteuert, aber
     uns nichts weiter verraten. Er sagt nur, daß er ins Zimmer gekommen
     ist, den Toten gesehen hat und die Hand am Dolch hatte, als Marston ihn störte.«
    »Und was noch, mein
     lieber Mönch?«
    »Bruder, Sir John,
     Bruder. Nun, die Lady Aveline muß, zumindest an besseren Tagen, eine
     hübsche, reizvolle Frau sein.«
    »Und?«
    »Kein einziges Mal hat
     unser junger Knappe sich nach ihr erkundigt.«
    Cranston schniefte. »Meinst
     du, da stimmt etwas nicht?«
    »Allerdings.«
    »Will Ashby jemanden
     decken?«
    »Vielleicht.«
    »Aveline?«
    »Aber warum sollte sie
     ihren eigenen Vater ermorden?« Athelstan seufzte. »Wir werden
     den richtigen Augenblick abwarten und der reizenden Lady ein paar passende
     Fragen stellen müssen.«
    Cranston packte Athelstan bei
     der Schulter. »Die ganze Geschichte stinkt wie ein Misthaufen im
     Hochsommer. Aber jetzt komm, sehen wir uns das verdammte Schiff an und die
     Geheimnisse, die es birgt.«
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher